Paar hält das gemeinsame Haus in Händen.

Nach Scheidung: Muss man ein Geschenk wieder zurückgeben?

Zwei Anwälte, zwei Ansichten, eine Rechtslage: Das Wiener Duo erzählt Geschichten aus seiner Ehe, beantwortet Fragen, die uns im Alltag beschäftigen, erklärt, was vor Gericht zählt – und wie er oder sie die Causa sehen.

Von Mag. Carmen Thornton & Mag. Johannes Kautz

Der Fall: Wie heißt es so schön: „Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.“ Ein Geschenk hinterfragt man nicht – es ist ein Zeichen der Freigiebigkeit und der Zuneigung, ganz ohne Haken und Hintergedanken. Die meisten gehen nicht davon aus, dass das Geschenk irgendwann zurückverlangt wird. Kaum jemand rechnet damit, dass sich die großzügige Zuwendung am Ende womöglich als Minusgeschäft erweisen kann. Doch gerade bei Geschenken im engsten Familienkreis kann das Recht dem Beschenkten so manch unliebsame Überraschung bereiten, die Zuneigung und Dankbarkeit schnell in Streit verwandeln kann. Warum ist die großzügige Zusage, den Ehepartner als Hälfteeigentümer der Ehewohnung im Grundbuch einzutragen, nicht viel mehr als eine gut gemeinte Geste? Und wie kann es sein, dass Eltern, die beiden Kindern gleich viel schenken, am Ende dennoch eines der Kinder sträflich benachteiligen – manchmal ohne es selbst zu merken?

Mag. Carmen Thornton

Als Scheidungsanwältin gerät man oft in Versuchung, sein Umfeld ungefragt mit lästigen Ratschlägen zu behelligen. Was bei den engsten Freunden und Familienmitgliedern manchmal notwendig ist, wird von weniger nahestehenden Personen als unpassende Einmischung empfunden. Vor Kurzem musste ich bei der Babyparty meiner Freundin Lisa feststellen, dass man selbst bei erfreulichen Gesprächsthemen Gefahr laufen kann, zur Spielverderberin zu werden.

Denn zusätzlich zum bevorstehenden Kinderglück hatte Lisa noch weitere großartige Neuigkeiten zu berichten: Ihr Mann hat ein Haus geerbt und möchte mit ihr dorthin ziehen. Und er wird Lisa die Hälfte des Hauses schenken, denn schließlich soll es das gemeinsame Zuhause sein und daher möchte er, dass auch beide im Grundbuch stehen. Während Lisa von allen beglückwünscht wird, muss ich mir wieder einmal auf die Zunge beißen, denn Geschenk ist leider nicht gleich Geschenk.

Geschenkt, aber mit Rückgaberecht!

In der Ehe gilt zwar: Was ein Ehepartner erbt oder von einem Dritten geschenkt bekommt, unterliegt nicht der Aufteilung. Die von den Eltern geschenkte Wohnung, das von der Oma geerbte Haus oder das Sparbuch der Lieblingstante – solche Geschenke muss man nach der Scheidung nicht mit dem ungeliebten Ex-Partner teilen. Entgegen einer weitverbreiteten Meinung gilt das allerdings nur für Geschenke von Dritten.

Geschenke des Ehepartners, die im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe geleistet wurde, können hingegen bei der Scheidung widerrufen werden, sofern es sich nicht um typische Gelegenheitsgeschenke, anlässlich von Geburtstag, Weihnachten oder Hochzeitstag, handelt. Das Widerrufsrecht steht nicht nur dem schuldlos geschiedenen Ehegatten zu, auch bei gleichteiligem Verschulden oder einer Scheidung ohne Verschuldensausspruch kann die Schenkung zurückverlangt werden. Nur wenn den Geschenkgeber das alleinige oder eindeutig überwiegende Verschulden an der Scheidung trifft, darf der andere das Geschenk behalten.

Der Rückforderungsanspruch wird auch im Aufteilungsverfahren berücksichtigt. Gerade bei Liegenschaften entscheiden die Gerichte in der Regel, dass die Schenkung zurückgefordert werden kann. Eine Ausgleichszahlung gibt es grundsätzlich nur für Wertsteigerungen, die auf spätere Arbeitsleistungen oder Investitionen zurückzuführen sind. Für sonstige Wertsteigerungen, etwa aufgrund von allgemeinen Preissteigerungen, gibt es hingegen keinen Ersatz.

Eine Frau im roten Kleid lehnt an einer Wand in einem Bürogebäude.

Carmen Thornton ist Rechtsanwältin in Wien.

©Thornton & Kautz Rechtsanwälte

Grundbuch schützt nicht

So sehr sich Lisa über Jakobs großzügige Geste freut: Im Scheidungsfall ist sie durch das Geschenk leider nicht wirklich bessergestellt. Denn die Schenkung bedeutet nicht, dass sie die Haushälfte nach der Scheidung behalten darf oder dafür einen Wertausgleich bekommt. Da hilft es Lisa auch nichts, dass sie und Jakob den Schenkungsvertrag beim Notar unterschrieben haben und Lisa im Grundbuch eingetragen ist. Wahrscheinlich ist das Jakob selbst nicht bewusst.

Ich wollte Lisa an diesem Tag die Freude nicht verderben und habe es daher nicht übers Herz gebracht, ihr von der Schenkung, die nichts wert ist, zu erzählen. Einen Hinweis, dass sie den Vertrag rechtlich prüfen lassen soll, konnte ich mir aber nicht verkneifen. Denn wenn Jakob für den Scheidungsfall auf einen Widerruf verzichtet, sieht die Sache ganz anders aus.

Ein einziger Satz im Schenkungsvertrag kann also einen großen Unterschied ausmachen.

Mag. Johannes Kautz:

Ich persönlich habe ein etwas ambivalentes Verhältnis zu Geschenken. Für einen unromantischen Geist wie mich ist es ein schier unmögliches Unterfangen, die hohen Erwartungen meiner nicht ganz unbescheidenen Liebsten zu erfüllen. Schon Hochzeits- und Geburtstage übersteigen meinen Ideenreichtum und treffen mich oft völlig unvorbereitet, weil die Frage „Hast du dir eh schon etwas überlegt?“ zwar kurzfristig Panikattacken auslöst, aber rasch dem schützenden Verdrängungsmechanismus zum Opfer fällt.

Grundsätzlich sind Geschenke aber etwas Schönes, zumindest wenn sie wirklich uneigennützig aus reiner Zuneigung erfolgen und nicht an bestimmte Erwartungen geknüpft sind. Doch das ist nicht immer der Fall. So übertragen viele Eltern ihre Liegenschaften schon zu Lebzeiten an die Kinder. Da sie das Vermögen aber nicht ganz aus der Hand geben wollten, behalten sie sich ein Wohn- oder Fruchtgenussrecht vor. Solche Schenkungen, die eigentlich (noch) keine sind, haben oft steuerliche Gründe, die Folgen werden aber nicht immer bedacht.

Ein Mann im Anzug lehnt an einer Wand in einem Bürogebäude.

Johannes Kautz ist Rechtsanwalt in Wien.

©Thornton & Kautz Rechtsanwälte

Schenkungen schmälern das Erbe

Denn im Erbfall sind Schenkungen anzurechnen, und zwar nicht nur auf den Pflichtteil. Eine Anrechnung auf das Erbe erfolgt immer dann, wenn es schriftlich vereinbart oder im Testament angeordnet wurde. Bei der gesetzlichen Erbfolge der Kinder (und Enkelkinder) kann außerdem jedes andere erbberechtigte Kind die Anrechnung verlangen, sofern dies nicht im Testament oder vertraglich ausgeschlossen wurde.

Der Wert der Schenkung wird dann zur Verlassenschaft hinzugerechnet, als wäre diese nie erfolgt. Dem Beschenkten wird die Schenkung von seinem Anteil abgezogen. Bestimmte Zuwendungen sind von der Anrechnung ausgenommen, z. B. übliche Gelegenheitsgeschenke aus dem laufenden Einkommen, Schenkungen zu gemeinnützigen Zwecken oder Belohnungen, etwa für Pflegeleistungen.

Wohn- und Fruchtgenussrechte

Durch die Schenkungsanrechnung sollen Benachteiligungen verhindert werden, sie kann aber zu bösen Überraschungen führen. Denn die Schenkung ist zum Schenkungszeitpunkt zu bewerten und nach dem Verbraucherpreisindex auf den Todeszeitpunkt aufzuwerten. Nachträgliche Wertveränderungen und vorbehaltene Wohn- oder Fruchtgenussrechte sind nicht wertmindernd zu berücksichtigen. Wenn ein Kind im Jahr 1995 eine belastete Wohnung im Wert von 200.000 Euro geschenkt bekommen hat und das andere Kind denselben Betrag in Geld, ist das Ergebnis alles andere als fair. Denn die Wohnung, in der die Eltern 30 Jahre lang gelebt haben, ist jetzt vielleicht schon völlig abgewohnt und das Kind hatte mit dem großzügigen Geschenk bisher nichts als Ärger. Bei einem Verkauf fallen außerdem Steuern an. Das andere Kind hingegen konnte gleich über den Geldbetrag verfügen. Es hat vielleicht in ein Aktiendepot investiert, das nun ein Vielfaches wert ist. Oder es hat eine Wohnung gekauft und konnte 30 Jahre kostenlos wohnen oder Mieteinnahmen erzielen. Trotzdem müssen sich beide Kinder 400.000 Euro auf ihr Erbe anrechnen lassen.

Besonders bitter ist es, wenn die Verlassenschaft zur Deckung der Pflichtteile nicht ausreicht. Dann haften die Geschenknehmer anteilig und es bleibt nur die Erkenntnis: Nicht alle Geschenke sind ein Segen. Wer seinem minderjährigen Kind eine Liegenschaft schenkt, braucht daher eine gerichtliche Genehmigung. Erst kürzlich wurde die Schenkung einer vermieteten Wohnung wegen der zu erwartenden Sanierungskosten pflegschaftsgerichtlich untersagt.

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