Spannender als der kleine Elefant, von dem heute vor einem Jahr noch kein Mensch sprach und der seit dem Frühjahr 2020 das nötige Abstandhalten möglichst lieb einmahnen soll, ist für Peter Ernst, der Österreich im Rat für deutsche Rechtschreibung vertritt, die allgemeine Entwicklung der Sprache: „Die Wörterbücher werden immer dicker, weil deutlich mehr neue Wörter dazukommen, während es länger dauert, bis ein Wort gestrichen werden kann.“
Schwarzkappler
Bestes Beispiel für das lange Leben von Wörtern ist der Schwarzkappler, den jüngere Menschen nur vom Hörensagen kennen können, weil Fahrscheine schon seit Langem nicht mehr von Uniformierten mit schwarzen Kappen kontrolliert werden.
4.000 neue Wörter stehen bereits auf der Liste für die 44. Ausgabe des Österreichischen Wörterbuchs, das im Jahr 2022 erscheinen soll, darunter aufgrund seiner Frequenz auch Corona. Rausfallen werden lediglich zehn Wörter, darunter die Majonäse (gültig in der Rechtschreibung bis 2017) für Mayonnaise.
Sprachforscher Ernst interessiert am aktuellen Wort des Jahres übrigens auch das „zunehmende Vermenschlichen von Tieren“. Mit einem Lächeln fügt er hinzu: „So wie der Elefant keinen Sohn und keine Tochter hat, hat er auch kein Baby, sondern ein Junges.“ Somit sei er Teil eines größeren Trends: „Man hört immer öfter, dass Katzen essen statt fressen und Hunde den Ball in den Mund statt ins Maul nehmen.“
Coronaparty pfui
Auch das „Unwort des Jahres“ wurde wieder gewählt. Es wurde nicht überraschend die Coronaparty, auf Platz zwei Social Distancing.
Wie alle Sprachforscher sieht Peter Ernst Veränderungen der deutschen Sprache relativ gelassen: „Neue Wörter können in Wellen kommen, meist in Folge von neuen Entwicklungen.“ Mit dem Aufkommen der ersten Computer sprach man noch von Rechnern, Treibern und Bildschirmen. Inzwischen werden die technischen Begriffe zumeist direkt aus dem Englischen übernommen.
„Schleich di, du ...“
Spruch des Jahres 2020 wurde eine dialektale Aufforderung, die in der Terrornacht von Wien am 2. November zu hören war und überall für Lacher sorgte. Germanist Ernst ist darüber nicht glücklich, „weil damit ein Klischee bedient wird, wie sich die Wiener selbst gerne sehen“. Es ist dem Forscher jedoch bewusst, dass ein Gehen Sie nach Hause, Sie Terrorist! kaum jemanden emotionalisiert hätte.
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