Bei Gurus und Hexen
Sein erster Gedanke nach der Diagnose: „O, nein, Endstation Rollstuhl.“ Doch schon nach kurzer Zeit fasste der MS-Patient für sich den Entschluss: „Der Rollstuhl ist für mich keine Option. Ich werde nicht kampflos aufgeben.“
Georg Redlhammer begab sich auf die lange Suche nach Heilung, probierte vieles aus, wie er heute im Gespräch und im Buch mit einem Augenzwinkern anmerkt: „Von der Schulmedizin über indische Gurus bis hin zu geheimnisvollen Hexen, von Wunderheilern bis hin zu Wunderbonbon-Herstellern.“
Chemo in Moskau
All das brachte keinen zählbaren Erfolg, ganz im Gegenteil: Sein Bewegungsradius schränkte sich mit jedem Jahr weiter ein. Ohne Stöcke ging kaum noch etwas. Das Skifahren musste er nach einem tränenreichen Ausrutschen auf der Piste ganz sein lassen, und auf der Gitarre ließen der eine und auch der andere Finger immer öfters aus. Auch wenn er dies vor seinen Kindern und im Berufsleben zu kaschieren wusste: Die Rückschläge nagten stetig an seinem Selbstbewusstsein.
Eine Ärztin in Linz erzählte dem lange vergeblich Suchenden dann von einer Stammzellentransplantation, die weltweit nur in wenigen Krankenhäusern mit Chemotherapie durchgeführt wird.
Im September 2019 checkte Georg Redlhammer mit größtmöglicher Zuversicht in einer staatlichen Klinik in Moskau ein, um seinen Körper vier Tage lang einer extrem starken Giftzufuhr auszusetzen. Das therapeutische Bombardement habe ihn aber nicht aus der Bahn geworfen, erzählt er heute.
Mentale Rückendeckung erhielt er unter anderem von seinem Freund, dem US-Schauspieler Steven Segal. Der baute ihn via Video auf: „Kleiner, ich schicke dir ganz viel von meiner Energie.“
Schon vor seiner Behandlung in Moskau, die privat finanziert werden muss, hat er aufgehört, die MS-Tabletten zu nehmen, womit er dem österreichischen Gesundheitssystem 20.000 Euro pro Jahr sparen hilft. „Und es geht mir auch schon deutlich besser.“
Der MS-Patient ist heute zu 100 Prozent davon überzeugt, dass ihm seine Selbstheilungskräfte geholfen haben und weiterhin helfen: „Erst im Vorjahr habe ich für mich erkannt, dass die Multiple Sklerose ganz alleine meine Sache ist, und dass ich sie daher auch ganz alleine besiegen kann.“
Mag das für Fremde ein wenig nach Esoterik klingen, kann der Betroffene für sich selbst in Anspruch nehmen: „Ich bin mir inzwischen sicher, dass ich geheilt bin.“
Weil er andere Menschen an seinem Umgang mit der Krankheit und seinen Therapieerfolgen teilhaben lassen möchte, hat er nach dem ersten Lockdown sein Buch geschrieben und im Selbstverlag in diesen Tagen öffentlich gemacht. Sein Credo: „Wenn ich damit nur einem einzigen Patienten den Rollstuhl ersparen kann, dann habe ich mein Ziel bereits erreicht.“
Rund um den Mondsee
Passend zum Buch hat der leidenschaftliche Kartenspieler mit dem Wiener Piatnik-Verlag ein eigenes Black-Jack-Kartenset entwickelt. Auf den Karten verewigt hat die Grafikerin Darya Chenskaya seine wichtigsten Wegbegleiter im Leben, eine Karte zeigt auch den Stehaufmann selbst.
Dieser arbeitet nach der Fertigstellung des Buchs mit einem eigenen Therapieprogramm an seinem Comeback.
Seine nächsten Ziele kann Georg Redlhammer konkret benennen: „Ich will wieder gehen können.“ So würde er gerne auf seinem geliebten Schafberg von der Bergstation hinauf zum Bergrestaurant wandern. „Und mit meinem Radl möchte ich rund um den Mondsee fahren.“
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