Die Idee zu einem ironischen Buch über Männer und ihre Chat-Nachrichten entstand während einer Taxifahrt durch Berlin. „Ich habe mich wahnsinnig über die Nachricht eines Mannes geärgert. Anika meinte, solche hat sie schon hundertfach bekommen“, erzählt Berlin, die als freie Kolumnistin arbeitet.
Die Freundinnen lachten – Nachrichten von Männern, das klang plötzlich wie ein eigenes Literaturgenre. Nach Gesprächen mit anderen Frauen und dem Lesen vieler Chats und eMails kristallisierten sich 37 Subtypen heraus, die die Autorinnen in „Nachrichten von Männern“ charakterisieren (siehe unten). „Wir schreiben nicht über die Männer an sich, sondern über ihre Kommunikation – und wie wir Frauen damit umgehen können.“
Chat-Nachrichten von Männern sind nicht nur im heimischen Polit-Kontext relevant. Getextet wird heute immer und überall, im Job, mit Freunden, auf Tinder. Dort kann schon das erste „Hey!“ entscheidend sein, daher suchen viele Männer inzwischen Rat bei Flirt-Coaches und in Online-Kursen. Berlin sagt, sie sei tolerant geworden. „Nur der Zwinkersmiley mit Zunge geht für mich gar nicht.“ Emojis und Männer sind ein eigenes Kapitel, auch im Buch. Laut einer Schweizer Studie verwenden Männer die bunten Icons deutlich häufiger als Frauen.
Was unterscheidet Nachrichten mit männlichem von solchen mit weiblichem Absender? „Frauen schreiben indirekter. Sie sagen tendenziell nicht ,Ich habe Hunger’, sondern ,Hast du Hunger’? So entstehen Missverständnisse.“
Berlin und Decker, Drehbuchautorin von „Keinohrhasen“, stöberten im Zuge der Recherchen auch in ihren privaten Chat-Archiven und stießen dabei auf eigene Fehler. „Zum Beispiel waren wir oft gar nicht so direkt, wie wir beim Schreiben dachten.“
Im beruflichen Kontext seien Mails von Vorgesetzten häufig eine Machtdemonstration, was die beiden „Kleinmacher“ nennen. „Chefs begegnen ihren Mitarbeiterinnen oft nicht auf Augenhöhe.“ Und auch der Ghosting-Typ sei mit seinen langsam abebbenden Nachrichten in freier Wildbahn häufig anzutreffen.
Vieles sei aber keine Gender-, sondern eine Typfrage, betont Berlin. Nur weil „Der Einsilbige“ häufiger bei Männern anzutreffen ist, heißt das nicht, dass es ihn nicht auch bei Frauen gibt. „Stereotype entstehen auch dadurch, dass Männer und Frauen unterschiedlich bewertet werden.“
Apropos bewertet. Das Gespräch „Wie meint er das bloß?“ samt Analyse von Chat-Verläufen hat wohl fast jede Frau schon einmal mit einer Freundin geführt. Auch im Netz und in Frauenmagazinen finden sich unzählige Artikel à la „So entschlüsseln Sie seine Nachrichten“. (Übrigens auch umgekehrt.)
Schreiben wir aneinander vorbei? „Beim Texten wissen wir nicht, in welchem Zustand die Person geschrieben hat, es fehlen Gestik und Mimik. Den fehlenden Kontext füllen wir mit Interpretationen und liegen dann oft total daneben“, analysiert Berlin.
Statt sich zu ärgern, sollte man kryptische Nachrichten erstmal mit Humor nehmen und nicht überinterpretieren. „Das ewige Texten hat viele Nachteile. Besser ist, einfach mal zum Hörer zu greifen.“
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