Am Herd mit Werner Gruber

Ein Mann im Anzug zeigt einer Frau einen Beutel mit Fleisch.
Der erschlankte „Science Buster“ ist überzeugt von seiner Botschaft: „Esst mehr Fleisch und weniger Kohlenhydrate.“ Für uns schiebt er daher seinen bewährten Schweinsbraten ins Rohr.

Den Vertrauensvorschuss, den Werner Gruber meiner Küchenausstattung im Vorfeld entgegenbrachte, bereut er sofort. Kein Dämpfer für die Erdäpfel im Haus, und das Schlimmste: unscharfe Messer! Allesamt. Stolz ziehe ich den Streicher aus der Lade, um dagegen anzukämpfen, aber auch den macht der Physiker sofort zunichte. Alt, kaputt. „Wegschmeißen!“ Ein Malheur. „Wo ist der Fleischspieß?“ Hui, was ist das? Gut, das können wir klären: Bei uns heißt das Fleischgabel, und davon habe ich sogar zwei.

„Bei Ernährung glauben alle mitreden zu können, weil jeder was isst, das ist das Problem“, sagt Gruber. Kulinarisch geprägt ist er von seiner Kindheit in Oberösterreich. Der Ordner mit den Familienrezepten, den ihm seine Mutter einst unter den Christbaum legte, ist für ihn eines der wertvollsten Geschenke. Die Schweinsschulter, die er jetzt in den Ofen schiebt, hat Gruber zwei Tage zuvor schon gewürzt. Während das Schwein den ersten Bratvorgang – auf der Hautseite – erlebt, rührt der Direktor des Planetariums die Mayonnaise. Wie ist das mit dem Genuss von rohem Ei und den Salmonellen? „Kein Problem, wenn man nicht Kleinkind, alt oder schwer krank ist.“ Für die richtige Säure kommt ein kräftiger Schluck Grüner Veltliner in die Mayo. „Schilcher ist auch nicht uninteressant – pfau!“ So vieles hat dieser Mann schon wissenschaftlich hinterfragt, was unsereins nur deswegen so macht, weil man’s halt so macht. „Ich bin hier als Wissenschaftler, nicht als Koch.“ Schwein umdrehen, Schwarte einschneiden – die ist jetzt so weich, dass selbst meine Messer das problemlos schaffen. Darauf viel Butter. „Warum Butter und nicht Schmalz? Weil der Braten damit schön braun wird.“ Vegane Ernährung? „Das Problem ist, dass der Mensch nicht dafür gebaut ist.“ Als Kabarettist versteht sich „Science Buster“ Gruber nicht. „Wir sind Physiker. Wir können lustig sein, müssen es aber nicht.“ Von Bildung über Teflon und Rindsuppe bis zur Kernkraft führt unser Gespräch, während das Schwein brät und ruht. „Ich glaub’, dass in unserer Gesellschaft viel zu viele viel zu viel Angst haben“, sagt Gruber. Dann essen wir mit Genuss. Der erschlankte Physiker, der sich kürzlich einer Magenbypass-Operation unterzogen hat, nur ein kleines Stück. Tausend Fragen hätt’ ich noch. Dieser Mann wüsste auf jede eine Antwort.

Zutaten

Für den Braten:
9 gestrichene EL feinkörniges Salz
3 EL Kümmel (ganz)
3 EL Koriandersamen, zerstoßen
1 Knolle Knoblauch, geschält, zerdrückt
2 kg Schweinsschulter mit Schwarte
3-4 große Erdäpfel
Ca. 150-200 g Butter

Für die Mayonnaise:
4 Dotter
2 EL Estragonsenf
1 TL Salz
1 EL Staubzucker
3-4 EL pfeffriger Veltliner
½ l Sonnenblumenöl
1 große Dose Karotten/Erbsen
1 Glas Gewürzgurken
¾ kg speckige Erdäpfel
Paradeiser

Gewürze, Fleisch und Knoblauch in einen Gefrierbeutel stecken, Luft rausdrücken, verschließen, einmassieren, 48 Stunden ziehen lassen. Backrohr auf 180°C Ober-/Unterhitze schalten. Kasserolle 2 cm hoch mit Wasser füllen, Fleisch mit der Hautseite unten einlegen. Die Erdäpfel roh, geschält, dazulegen. Fleisch mit 100-120 g Butter (in Scheiben) belegen. 45 Minuten braten. Umdrehen, Haut einschneiden. Nochmals Butter darauf verteilen. Dann weitere 2 Stunden braten. Herausnehmen, 20-30 Minuten rasten lassen. Inzwischen die Dotter in einer Schüssel mit Senf, Wein und den Gewürzen verrühren, dann zügig das Öl einmixen. Abschmecken. Karotten/Erbsen abseihen, Gurkerl klein schneiden, Erdäpfel kochen und würfeln. Alles mit der Mayo vermischen, abschmecken, in ausgehöhlte Paradeiser füllen.

Was würden Sie nie essen?

Oktopoden (Kopffüßler). Sie gehören zu den seltenen Tieren, die auch vom Zuschauen lernen.

Gibt es einen prägenden Geschmack aus Ihrer Kindheit?

Omas Apfelstrudel. Und ihre Karottensauce mit Erbsen.

Ihr Lieblingslokal?

Der Sudy „Zu den drei Linden" in der Schüttelstraße, das Restaurant Resselpark und das „Vestibül“ im Burgtheater.

Welche Küche der Welt ist Ihnen am liebsten?

Die klassische Wiener Küche. Bin aber auch ein Fan der chinesischen Küche.

Welche Speise vermag es, Sie zu trösten?

Keine Speise, sondern Geschirrwaschen. Und Hemdenbügeln übrigens auch.

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