Alfred Dorfer: "Jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner"

Alfred Dorfer: "Jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner"
Kabarettist Werner Schneyder fehlt. Wegbegleiter und Kollege Alfred Dorfer trauert voller Hochachtung.

Nachrufe werden den Verstorbenen nie gerecht, in diesem Fall gilt dieser Satz besonders.
Werner war ein Monolith im besten Sinne. Und weil in Nachrufen gewisse Gemeinplätze nicht zu vermeiden sind, muss man sagen, sein Tod reißt eine Lücke. Eine Lücke, die kaum zu schließen sein wird.

Alfred Dorfer: "Jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner"

Werner Schneyder und Alfred Dorfer: zwei Weggefährten

Er war ein Kampfstier der Haltung und das ist nicht so brachial zu verstehen, wie es klingt. Das offene Visier war eine prinzipielle Seite seines Charakters. Stets bereit, Ungerechtigkeiten oder Blödheiten anzusprechen. Das schaffte seinerseits manchmal Ungerechtigkeiten, doch ist der Beruf des Satirikers nicht dazu  angetan,   sich neue Freunde zu machen. Auf ihn war sozusagen Verlass. Als Gewissen, das die Sprache perfekt beherrschte, was ihn von einigen Möchtegerngewissen unterschied.
 

Er war im besten Sinne kein Intellektueller, will heißen, er hat nicht zu jedem Thema, bei dem er nicht wirklich kompetent war, seine Meinung dennoch veräußert. Er hatte auch keine Scheu seltsame Heilige, wie Thomas Bernhard, zu kritisieren. Was ihm einen ebenso seltsamen einstimmigen Gegenwind bescherte. Zu seiner argumentativ abgesicherten Haltung zu stehen, sie auch zu äußern und für die Reaktion auch Verantwortung zu übernehmen, stellt in diesem diskursiv verarmten Land eine glorreiche Ausnahme dar. Seine Vielfältigkeit fiel sogar dem Kulturminister auf, also war sie offenbar sehr augenscheinlich.

 

Er bezeichnete sich als Universaldilettant, das war wie so vieles bei ihm, etwas kokett. Doch trifft es den Kern insofern, als dass sein Talent tatsächlich kein spezielles war. Und in diesem Falle gilt es immer wieder Prioritäten zu setzen und anderes zu vernachlässigen. So kämpfte manchmal der Satiriker mit dem Operettenregisseur oder dem Sportreporter.
Das aber war sein Wesen, das machte seine Kunst auch aus. Mit ihm stirbt ein Anker, ein Anker aus einer Zeit, die den Ursprung der modernen Satire bedeutet. Der Urknall quasi, der ein mannigfaltiges Universum schuf, vieles war schnell überholt, anderes konsequent fortgesetzt.

Alfred Dorfer: "Jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner"

Werner Schneyder, der Chansonnier, 1983

Er hat einmal gesagt: „Irgendwann hört man auf Zeitgenosse zu sein!“ Das klingt zunächst resignativ, doch gemeint war eine andere Seite dieser Verweigerung. Nämlich sehr genau zwischen Fortschritt und dummen Trends zu unterscheiden.
 

Alfred Dorfer: "Jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner"

Werner Schneyder, der Ringrichter, 1981

Natürlich gab es Dinge, die er genüsslich pflegte wie seinen Schriftverkehr mit Schreibmaschine bis zuletzt. Doch war er deshalb in keiner Weise gestrig. Richtige Dinge wie Höflichkeit und Respekt zu bewahren, ist nicht im eigentlichen Sinne konservativ, sondern einfach Grundbedingung des sozialen Umgangs. Und hier war er sehr streng. Zu Recht. Sein privater Witz war im besten Sinne weit, nicht angekränkelt vom Wärmetod des Humors, dem politisch Korrekten.
 

Alfred Dorfer: "Jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner"

Werner Schneyder, der Kabarettist, an der Seite von Dieter Hildebrandt in "Scheibenwischer", 1980

Das überraschte ebenso wie seine Verwundbarkeit, die man aus der Distanz nicht vermutet hätte. Er sah es als seine Aufgabe an, junge Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen, neidlos und stets ansprechbar. Er war so was wie der Silberrücken der Szene. Ein Silberrücken, an dem man sich gerne rieb. Zerrüttungen waren die Folge, Versöhnungen, hitzige Debatten oder Lachen über die eigenen Unzulänglichkeiten. Doch was über die Zeit blieb, war Hochachtung. Auch so ein aus der Mode geratenes Wort, das ihm sehr gefallen würde.
Und jetzt ist tiefe Trauer. Du fehlst, Werner. Sehr.

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