25 Gaumenfreunden aus den vergangenen 25 Jahren

1. Mozarella mit Tomaten
Der geschmacksarme Frischkäse aus Italien erobert Ende der 1980er die heimischen Küchen und wird über die Jahre zu DEM Klassiker in Restaurants, Wirtshäusern, als Fingerfood, im Flugzeug, daheim. Und er bleibt es bis heute – je nach Anspruch in sehr unterschiedlicher Qualität. Als Büffelmozzarella mit reifen Paradeisern, gutem Öl und frischen Kräutern wird es ihn wohl noch sehr lange geben.

2. Kebap: der Newcomer
Die gefüllten Teigfladen aus der türkischen Küche schleichen sich Anfang der 1990er über Deutschland (Berlin) auch bei uns ein und machen der Wurst als Imbiss starke Konkurrenz.
3. Bärlauch
Was bis dahin Spaziergängern und Kräuterspezialisten vorbehalten war, wird allgegenwärtig. Keine Wirtshauskarte ohne Bärlauchsuppe. Der Trend wird bald belächelt und ebbt ab, aber über den ersten kulinarischen Frühlingsboten wird man sich wohl trotzdem weiterhin freuen.


4. Verfeinerte Bodenständigkeit
Ende der 1980er-Jahre ist die sogenannte verfeinerte Bodenständigkeit das ganz große Ding: Nach der Nouvelle Cuisine – winzige Portionen, Verzicht auf Mehl und Bindungen, erstmals rohe Zutaten und vor allem extrem große Wertschätzung der optischen Präsentation – kommt der Einfluss dieses internationalen Trends auf die bürgerliche Küche Österreichs zu. Hausmannskost und Traditionsgerichte werden neu entdeckt, entsprechend „erleichtert“ und mit hochwertigen Zutaten garniert.
5. Rucola eingebürgert
Er kommt Anfang der Neunziger mit der friulanischen Küche zu uns und revolutioniert die bis dahin mitunter triste heimische Vorspeisenlandschaft. Der Hype ist vorüber, aber an den Rucola haben wir uns gewöhnt, und er wird uns wohl erhalten bleiben, lässt er sich doch auch bei uns bestens kultivieren.
6. Backhendl-Salat
Panierte Hühnerstücke drapiert auf Blattsalat mit steirischem Kernöl halten Einzug auf den Speisekarten. Und sind heute nicht mehr wegzudenken.
7. Suppe im Brotlaib
Ein Gag, der sich ein paar Jahre lang hält. Aber aufgeweichtes Brot ist doch nicht so der Hit, und so kommt diese Suppe bald wieder aus der Mode.
8. Aus dem Wok
Nach dem Sushi-Boom hält der Wok bei uns Einzug – die würzige Speise mit knackig gebratenem Gemüse. So manches nicht so ganz erfolgreiche Sushi-Lokal sattelt auf Wok um. Und auch das Kochgerät selbst – die praktische Pfanne mit dem runden Boden – erobert die Haushaltsküchen.
9. Fusionsküche
Der kulinarische Trend der 1990er: Inspiriert von der neuen kalifornischen Küche, in der japanische, mexikanische, italienische und französische Einflüsse miteinander zu einem bunten Kulinarik-Multikulti fusioniert werden, erreicht diese Idee bald auch Europa. Ingwer, Zitronengras und Koriander finden plötzlich Eingang in heimische Restaurantküchen, nicht alles, was da konzipiert wird, schmeckt wirklich gut.


11. Speisekürbis
Was bis dahin als Schweinefutter gilt, erlebt in den 2000er-Jahren seinen kulinarischen Höhenflug. Kürbissuppe mit gerösteten Kernen und -öl in aller Munde. Und auch, wenn der Hype inzwischen abgeklungen ist, die besten Sorten – Muskat, Butternuss und Hokkaido – haben ihren Fixplatz in den heimischen Küchen erlangt.
12. Oktopus
Nach Knurrhahn und Seeteufel entwickelt sich der achtarmige Meeresbewohner eine Zeit lang zum Liebkind vieler guter Köche. Nicht selten in kreativer Kombination mit knusprigem Schweinebauch. Der Hype ist vorbei, ein wenig Oktopus darf wohl bleiben.
13. Schokokuchen mit flüssigem Kern
Sachertorte war gestern, in den 2000er-Jahren träumt man von zart schmelzendem Kern im saftigen Kuchen. Rezepte gibt es viele, nicht immer glücken die Versuche. Und so verschwindet das Dessert von den meisten Speisekarten auch bald wieder.
14. Asia-Boom
Die Welle mit dem rohen Fisch und dem kalten Reis rollt Mitte der 1990er-Jahre bei uns an. 1995 eröffnet Sohyi Kim ihr erstes Sushi-Lokal im 9. Bezirk, ihr folgen unzählige weitere. Viele sperren wieder zu, viele bleiben und werden das wohl auch weiterhin tun. Mit dem Asia-Boom etabliert sich auch die Sojasauce in den heimischen Küchen und löst sogar das Maggi als Würzsauce ab.




15. Nordische Küche
Skandinavien ist über die Jahrhunderte nicht gerade weltberühmt für seine diversen Küchen, das ändert sich aber spätestens 2010, als das Kopenhagener „Noma“ erstmals zum besten Restaurant der Welt gekürt wird. Sein Chefkoch und Mastermind René Redzepi trachtet in seinem 2003 eröffneten Restaurant danach, hauptsächlich mit Zutaten zu arbeiten, die aus der unmittel- baren Umgebung stammen. Und zwar auch mit solchen, deren Zubereitbarkeit nie probiert oder längst vergessen worden sind: Moose, Flechten, Rinden, Algen und Beeren, denen sein Team außerordentliche Aromen entlockt. Der nordische Boom ist derzeit immer noch in voller Blüte.
16. Molekularküche
Die Molekularküche ist ganz eindeutig mit einem Namen in Zusammenhang zu bringen: Ferran Adrià, katalanischer Starkoch im „El Bulli“, der ab Mitte der 1990er-Jahre beginnt, in seinen Menüs mit ungewohnten Konsistenzen zu spielen: Gels, Schäumchen, Cremes und Gase – was früher fest war, ist nun flüssig, was früher Pflanze, Fisch, Fleisch oder sonst etwas war, ist plötzlich Gelee, Kaviar oder einfach nur Duft. Höhepunkt dieses Trends ist sicher Adriàs Präsentation auf der Kunstmesse Dokumenta, die Epigonen des Spaniers brachten es nicht so weit. Ganz verschwunden ist die Molekularküche trotz aller Anfeindungen übrigens nicht, vor allem in der modernen Patisserie arbeiten Kreativköche immer noch gerne mit derlei Effekten.
17. Slow Food
Gegründet 1998 in Italien, kommt die weltweite Bewegung in den 2000er-Jahren auch in Österreich an. Mit der Übernahme von „Slow Food Wien“ durch die TV-Journalistin Barbara van Melle 2006 entstehen unzählige Projekte rund um einen neuen, bewussteren Umgang mit unseren Lebensmitteln und deren Herkunft. Die Rettung der Vielfalt ist eines der zentralen Anliegen der Vereinigung. Bunte Paradeiser werden zum Symbol. Parallel dazu entwickelt sich der große Trend hin zu saisonaler, regionaler Ernährung. Eine logische Erfolgsgeschichte, die hoffentlich noch lange weitergeht.
18. Gutes Brot
Vom alltäglichen und indifferenten Produkt wird das Brot zum Gourmet-Thema. Holzofen, Bio-Getreide und Sauerteigführung werden zu Schlagworten, Bäcker wie Kasses, Gragger und Joseph sind Kult.
19. Alpenlachs
Fischpionier Peter Brauchl beginnt, Lachsfische (den Arktischen Saibling aus dem hohen Norden) in Österreich zu züchten und gibt ihnen den Namen „Alpenlachs“. Damit ist eine heimische Alternative zu den besten Meeresfischen gefunden und löst längerfristig einen regelrechten Süßwasserfisch-Boom aus.

21. Rote Rübe
Kein Lebensmittel ist präsenter auf heimischen Speisekarten als die hübsche, vielseitige, gesunde Rübe. Allerdings polarisiert sie: Die einen lieben sie in jeder Form, die anderen mögen sie nicht einmal riechen.
22. Jakobsmuschel
Zuerst in den Top-Restaurants, später auch in Wirtshäusern: Ohne die hübsche Muschel ging gar nichts mehr. Bis Mitte der 2000er-Jahre hielt sich der Hype, jetzt ist das Meerestier wieder einfach nur eine Muschel von vielen.
23. Lila Erdäpfel
Die Erkenntnis, dass Erdäpfel nicht zwingend gelb sein müssen, sickert langsam. Blaue Pürees und farbenfrohe Chips zieren heimische Teller. Daran haben wir uns aber bald satt gesehen, gibt es doch auch unter den gelben Sorten eine breite Vielfalt, die noch dazu beträchtlich günstiger zu haben ist und mindestens genauso gut schmeckt.



24. Oliven
Speiseöl findet lange nur wenig Beachtung, doch plötzlich wird gutes Olivenöl zum Star. Eigenimporte und Geheimtipps machen die Runde bei Top-Köchen und später auch in Privathaushalten. Meersalz und Balsamicoessig kommen mit derselben Welle daher. Inzwischen werden auch bei uns qualitativ hochwertige Öle – von Raps bis Leindotter – gepresst, und sie beginnen, dem Olivenöl seinen Rang abzulaufen.
25. Mediterrane Diät
Serge Renaud von der Universität in Bordeaux sorgt Anfang 1992 für großes Aufsehen, als er Untersuchungen veröffentlicht, die zeigen, dass Südfranzosen, Griechen und andere Bewohner des mediterranen Raums ein sehr viel geringeres Herzinfarkt-Risiko aufweisen als Mittel- oder Nordeuropäer oder gar Amerikaner. Und das trotz des fetten Käses und des generell eher üppigen Essens. Olivenöl, Rotwein, Fisch und Gemüse werden als die Wundertäter erkannt, zumindest so lange, bis andere Studien die Theorie des „französischen Paradoxons“ widerlegen. Das ist dann aber auch schon egal, die vermeintlich gesunde Mittelmeer-Küche hat sich schon in die Herzen der Menschen geschmeckt.

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