Wie Zertifikate in unsicheren Zeiten als Rendite-Schutz dienen

Selbst wenn die Märkte schwanken, können Anleger mit Zertifikaten gelassen bleiben. Zertifikate vereinen auf intelligente Weise Sicherheit und Renditechancen.
Die Inflation lag im August 2025 bei 4,1 Prozent und frisst damit kontinuierlich am Ersparten. Das traditionelle Sparbuch schafft hier keine Abhilfe, denn dieses bringt kaum mehr als zwei Prozent. Viele fragen sich daher, wohin mit dem Geld. Ein direkter Einstieg an die Börse lockt mit Chancen, birgt aber auch starke Schwankungen. Wer dieses Risiko scheut, wählt oft einen Mittelweg: Zertifikate. Sie verbinden Renditechancen mit kalkulierbarem Risiko und eröffnen Strategien auch jenseits klarer Hausse- oder Baissephasen.
1. Für welche Anlegergruppen sind diese Produkte interessant?
Vom Einsteiger bis zum Profi: Für jede Zielgruppe gibt es passende Typen. Kapitalschutz- und Teilschutz-Zertifikate richten sich an sicherheitsorientierte Anleger, während Bonus- oder Express-Zertifikate erfahrenere Investoren ansprechen. Heike Arbter, Leiterin Raiffeisen Zertifikate bei der Raiffeisen Bank International: „Unsere Kundinnen und Kunden möchten an den Chancen der Aktienmärkte teilhaben und dabei bis zu einem gewissen Umfang vor Kursrückschlägen geschützt sein.“ David Hartmann, Produktmanager bei der Bank Vontobel Europe AG ergänzt: „Zertifikate bieten durch ihre vielfältigen Produktstrukturen deutlich mehr Flexibilität als ETFs. Anleger können damit in unterschiedlichen Marktlagen Renditen erzielen – sei es bei steigenden, fallenden oder seitwärts laufenden Märkten.“
2. Wodurch unterscheiden sie sich von ETFs?
ETFs bilden Indizes direkt ab und schwanken eins zu eins mit dem Markt. Zertifikate hingegen können durch ihre Struktur bestimmte Risiken abfedern oder zusätzliche Ertragschancen eröffnen. Arbter erklärt, dass sich damit Risiko und Ertrag viel feiner steuern lassen als bei Aktien oder ETFs. Frank Weingarts, Vorstandsvorsitzender vom Zertifikate Forum Austria fügt hinzu: „Zertifikate bieten zudem Ertragschancen in jeder Marktlage.“

Heike Arbter, Raiffeisen Zertifikate: „Unsere Kunden suchen Renditechancen, aber auch Schutz vor Kursverlusten.“
3. Wie lässt sich das Risiko einschätzen?
Das zentrale Risiko bleibt die Bonität des Emittenten. Seit der Lehman-Pleite 2008 ist dieses Thema stärker im Bewusstsein vieler Anleger verankert, ausschließen lässt sich ein solches Szenario nicht. Darüber hinaus bestimmt die Art des Zertifikats die Risikostufe. Nach Angaben von Raiffeisen fallen 60 Prozent aller eigenen Zertifikate in die niedrigen Risikoklassen eins oder zwei, weitere 18 Prozent in Klasse drei. Zum Vergleich: Aktienfonds und ETFs bewegen sich meist in den Klassen vier oder fünf. Weingarts betont zudem, dass es keine versteckten Kosten gibt und sämtliche Gebühren transparent im Prospekt aufgelistet sind.
4. Welche Vorteile zeigen sich in unsicheren Marktphasen?
Während ETFs oder Aktien bei Seitwärtsphasen oft keine Rendite bringen, können Bonus- oder Kapitalschutz-Zertifikate auch dann Erträge liefern. Weingarts erklärt, dass es Zertifikate gibt, die das eingesetzte Kapital zu 100 Prozent absichern und am Ende der Laufzeit zurückzahlen. Barrieren und Bonusmechanismen bieten zusätzlichen Puffer gegen Verluste.

Frank Weingarts, Zertifikate Forum Austria: „Zertifikate bieten in jeder Marktlage Ertragschancen.“
5. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Investoren?
Auch bei Zertifikaten wächst das Interesse an ESG-Kriterien. Arbter verweist auf eine eigene Befragung, in der 25 Prozent Nachhaltigkeit als wichtig oder sehr wichtig bezeichneten. Das Zertifikate Forum Austria hat dafür einen eigenen Kodex entwickelt, der regelmäßig an internationale Standards angepasst wird. Immer mehr Emittenten kennzeichnen entsprechende Produkte, um Anlegern die Orientierung zu erleichtern. Weingarts fasst zusammen: „Nachhaltige Zertifikate verbinden finanzielle und moralische Interessen.“
6. Wie entwickelt sich der Markt aktuell?
In Österreich erreichte das in Zertifikaten veranlagte Volumen im zweiten Quartal 2025 laut Zertifikate Forum Austria 16,3 Milliarden Euro. Damit wurde ein neuer Rekord aufgestellt. Auch auf europäischer Ebene zeigt sich, dass das Thema keineswegs aus der Mode ist: Nach Angaben des Branchenverbands EUSIPA belief sich das Open Interest Ende 2024 auf rund 465 Milliarden Euro, der Umsatz mit strukturierten Investment- und Hebelprodukten lag hier bei etwa 39 Milliarden Euro. Diese Größenordnungen unterstreichen, dass Zertifikate sowohl bei Privatanlegern als auch bei institutionellen Investoren fest verankert sind. Weingarts: „Wir sehen ein anhaltendes Wachstum und eine stetig steigende Bedeutung dieses Marktes, sowohl bei Privatanlegern als auch bei professionellen Investoren.“

David Hartmann, Bank Vontobel Europe AG: „ETF-Positionen im Depot lassen sich mit Zertifikaten absichern.“
7. Wie ergänzen sie ETFs im Depot?
„Zertifikate eignen sich hervorragend, um bestehende ETF-Positionen im Portfolio abzusichern und können so als eine Art Sicherheitsnetz dienen“, so Hartmann. Zudem sind neue Themen häufig schneller über diese Struktur investierbar, was Anlegern frühzeitigen Zugang zu Wachstumsmärkten ermöglicht. Dadurch lassen sich Strategien im Depot flexibler gestalten und Risiken gezielt steuern.
8. Welches Potenzial hat diese Form der Anlage künftig?
Trotz der starken Konkurrenz durch ETFs erwarten die Experten weiteres Wachstum. Arbter verweist auf mehr als 330 Milliarden Euro, die in Österreich noch in Sparprodukten liegen. „Hier wird sehenden Auges Kaufkraft vernichtet“, warnt sie. Hartmann spricht von einem „wichtigen Baustein für flexible Strategien“. Und Weingarts zeigt sich überzeugt: „In einigen Jahren werden in jedem Depot Zertifikate für zusätzliche Erträge sorgen.“
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