„Menschen wünschen eine starke zweite Säule“

Roland Rudolph
Valida-CEO Martin Sardelic erläutert die erforderlichen Maßnahmen, um das österreichische Pensionssystem zukunftsfähig und generationengerecht zu gestalten.

Von Martin Mühl

Die Regierung hat sich auf eine Pensionserhöhung geeinigt, die im Durchschnitt unter der Inflation liegt. Aber auch abgesehen davon fürchten viele, dass sich nach ihrem Erwerbsleben eine Lücke auftut, die durch den demografischen Wandel verstärkt wird. Betriebliche Vorsorge kann dem entgegenwirken.

Zurzeit wird auf politischer Ebene sehr viel über Pensionen diskutiert. Wie schätzen Sie die Zukunftsperspektive der Erwerbstätigen von heute ein?

Martin Sardelic: Wir haben kürzlich das Institut Spectra beauftragt, genau diese Frage an die Menschen in Österreich zu stellen. Das Ergebnis ist ernüchternd. Sieben von zehn Befragten glauben nicht, von ihrer späteren staatlichen Pension gut leben zu können. Ich kann die Sorgen der Menschen gut nachvollziehen. 

Infolge der demografischen Veränderungen verringert sich kontinuierlich das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Pensionisten. Gemäß Prognosen von Statistik Austria wird sich die demografische Lage bis zum Jahr 2040 so entwickeln, dass einem Pensionisten künftig nur noch zwei Menschen im erwerbsfähigen Alter gegenüberstehen. 

Nach meiner Einschätzung ist das staatliche Umlageverfahren künftig – und teilweise bereits gegenwärtig – oftmals nur mehr in der Lage, einen Grundbedarf zu decken.

Welche Änderungen sind erforderlich, um unser Pensionssystem zukunftsfähig zu gestalten?

Die Stärkung der zweiten Säule, der betrieblichen Vorsorge, würde wesentlich zur Stabilisierung des Pensionssystems beitragen. Derzeit verfügt nur etwa jeder vierte Arbeitnehmer über eine Pensionskassenlösung durch den Arbeitgeber. Lediglich 4 % der laufenden Pensionen werden durch die zweite Säule finanziert. 

Die Umfrage von Spectra zeigt, dass die österreichische Bevölkerung eine umfassende Stärkung des Pensionssystems befürwortet. Im Durchschnitt wünschen sich die Befragten, dass der Anteil der zweiten Säule auf 26 % steigt. Knapp sieben von zehn Befragten fordern verpflichtende betriebliche Vorsorgelösungen für jeden Arbeitnehmer.

Wie kann man diese Forderungen umsetzen?

Unter optimalen Voraussetzungen sollten betriebliche Vorsorgelösungen in sämtlichen Kollektivverträgen berücksichtigt werden. Um die Möglichkeit zu schaffen, dass jeder seinen individuellen Beitrag zur Erhöhung der Zusatzpension leisten kann, wäre ein gesetzlicher Anspruch auf die Umwidmung von Gehaltsanteilen als Beitrag in eine Pensionskasse erforderlich. 

Aktuell können sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige ihre Abfertigung Neu als lebenslange steuerfreie Zusatzpension nutzen, was ich für eine empfehlenswerte Option halte.

Martin Mühl

Kommentare