Warum Mut und Initiative jetzt wichtig sind

An die schlechten Nachrichten für Österreichs Wirtschaft hat man sich langsam gewöhnt: Erst korrigieren Konjunkturforscher ihre Wachstumsprognosen für die heimische Wirtschaftsleistung, gefolgt von der Erkenntnis, dass wir uns im dritten Rezessionsjahr befinden. Laut IWF-Prognose werde Österreich das einzige Industrieland weltweit sein, dessen Wirtschaft heuer neuerlich schrumpft.
Hinzu kommen überdehnte Staatsfinanzen und ein heimisches Budgetdefizit, das sogar die pessimistischsten Aussichten übertrifft. Die Inflation bleibt mit drei Prozent im laufenden Jahr deutlich über dem EZB-Ziel von zwei Prozent. Die Preissteigerungsraten sind hierzulande höher als in vielen Ländern der Eurozone. Die beschriebene Situation lässt sich auch an der Zahl der österreichischen Firmeninsolvenzen ablesen: 2024 gab es 6.600, dieses Jahr werden um die 8.000 erwartet.
Zärtlicher Protest
Mit Blick auf diese Meldungen fühlt sich Hoffnung fast so an wie ein zärtlicher Protest gegen die herrschende Krisenatmosphäre. Aber Zuversicht ist und bleibt ein wichtiger Antrieb, denn sie enthält den Wunsch nach Veränderung und bringt Entwicklungen ins Rollen. Es ist jedenfalls besser, als mit dem Finger auf die ohnehin schon schlechte Stimmung zu zeigen und zu glauben, dass sich dadurch etwas ändert. Und es gibt sie ja doch noch, die guten Nachrichten, auch wenn man aktuell etwas länger danach suchen muss: Während viele Ökonomen die heimische Wirtschaft auf Schrumpfkurs sehen, prognostizieren die Volkswirte der Österreichischen Nationalbank für 2025 ein kleines Plus von 0,2 Prozent und damit vielleicht doch ein Ende der Rezession.
Positive Psychologie
Diese Perspektive wirkt in Zeiten wie diesen wie eine Erfolgsmeldung, ein kleiner Hoffnungsschimmer, im besten Fall mit einem psychologischen Echo. Eine bessere Stimmung würde der Wirtschaftsentwicklung auf jeden Fall nicht schaden. Aber positive Psychologie und gute Stimmung alleine werden unseren Wirtschaftsstandort nicht stärken. Dazu braucht es Mut zu Reformen, Lösungsbereitschaft und den Willen, sich auf die eigenen Hausaufgaben zu konzentrieren.
Gute Balance
Vom Fachkräftemangel bis zur Digitalisierung haben wir es mit einer Vielzahl von Anforderungen zu tun, die uns heute, morgen und auch noch übermorgen beschäftigen werden. Österreichische Unternehmen, egal aus welcher Branche, können davon ein Lied singen. Dazu kommt die Kostenseite, etwa IT-Kosten, Personalkosten und Kosten der Regulatorik. Wir müssen eine gute Balance finden, zwischen Bürokratieaufwand, Innovationsdrang und Pioniergeist.
Die hohe Komplexität und Geschwindigkeit, mit der sich unsere Welt dreht, erfordert von Unternehmen den Mut, Probleme gesamtheitlich zu betrachten, und auch die gebotene Nüchternheit, sich nicht in Aktionismus zu verlieren. Zuversicht bedeutet eben auch, anzuerkennen, dass Probleme da sind, aber den Wunsch zu haben, sie zu ändern.
Andreas Gaugg ist Finanzvorstand der Merkur Versicherung AG.
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