Leitzinsen gesenkt – Investitionen im Aufwind?

In acht Schritten hat die Europäische Zentralbank seit Juni 2024 die Leitzinsen gesenkt, zuletzt Anfang Juni 2025 auf 2,0 Prozent. Damit ist der Weg für eine wirtschaftliche Belebung geebnet. Noch sind die Effekte auf die Unternehmensfinanzierung in Österreich verhalten – doch eine anziehende Konjunktur könnte rasch für mehr Optimismus sorgen und die Investitionstätigkeit wieder in Schwung bringen. Bislang bleibt die Nachfrage vor allem bei langfristigen Investitionen schwach. Seit dem vierten Quartal 2022 verzeichnen die Banken einen kontinuierlichen Rückgang bei Unternehmenskrediten – insbesondere im Bereich der Investitionsfinanzierung. Doch mit den gesunkenen Zinsen steigt nun die Hoffnung, dass Investitionen wieder attraktiver werden und die Nachfrage nach Finanzierungen im weiteren Jahresverlauf spürbar anziehen könnte.
Unsichere Zeiten
Der Grund liegt in der wirtschaftlichen Großlage: Hohe Energie- und Rohstoffkosten, geopolitische Unsicherheiten und ein verhaltener Auftragsbestand bremsen den Investitionswillen vieler Unternehmen. Auch die Kreditvergabe bleibt schwierig. Zwar wurden die Refinanzierungskosten durch die Zinssenkung gesenkt, doch die Banken halten an ihrer restriktiven Vergabepolitik fest. Höhere Anforderungen an Sicherheiten, strengere Kreditverträge und sinkende Risikobereitschaft erschweren den Zugang zu Finanzierungen – vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).
Finanzierungsmix im Wandel
Laut einer aktuellen Studie der Wirtschaftskammer und des aws finanzieren Unternehmen ihre Investitionen zunehmend aus Eigenmitteln. 2024 lag der Anteil des eingebrachten Eigenkapitals bei 21 Prozent – dem höchsten Wert seit 2015. Der Cashflow-Anteil fiel dagegen auf ein Tief. Bankkredite bleiben mit etwa 20 bis 25 Prozent Anteil am Finanzierungsmix zwar relevant, nehmen aber ab. Immerhin: Die Zahl der Unternehmen mit ausreichend gedecktem Kreditbedarf ist gestiegen. Ablehnungen erfolgen zunehmend wegen fehlender Sicherheiten oder mangelnder Kreditwürdigkeit. Aber alternative Finanzierungsformen bleiben in Österreich weitgehend ungenutzt. Gerade einmal sechs Prozent der Unternehmen nutzen derzeit Venture-Capital, Mezzaninkapital, Leasing, Factoring oder Crowdfunding. Das Interesse an künftiger Nutzung liegt bei mäßigen zwölf Prozent. Dabei könnten gerade diese Modelle innovative, wachstumsorientierte und bonitätsschwächere Unternehmen stärken.
Neue Instrumente
Laut Angaben des Wirtschaftsministeriums wurden seit Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) Anfang 2024 bereits rund 800 neue Gesellschaften gegründet. Ein Lichtblick: Die Einführung der Flexiblen Kapitalgesellschaft (FlexCo) und die GmbH-Reform erleichtern die Kapitalaufnahme für Start-ups und KMU. Seit Jahresbeginn wurden bereits rund 800 FlexCos gegründet. Auch die steuerlichen Erleichterungen durch das Progressionsabgeltungsgesetz 2025 verbessern die Rahmenbedingungen für Unternehmensfinanzierungen.
Obwohl die EZB mit acht Zinssenkungen binnen eines Jahres ein klares Signal gesendet hat, verharrt die Unternehmensfinanzierung in Österreich noch in abwartender Haltung. In einer Phase des strukturellen Wandels braucht es ein Zusammenspiel aller Akteure: Unternehmen, Banken, Förderstellen und Politik. Dann kann aus vorsichtigem Zögern konstruktives Handeln werden – und aus Kapitalbedarf ein Konjunkturimpuls.
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