Finanzbildung: Geld verstehen, Zukunft gestalten

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Wer die Grundlagen der Finanzwelt begreift, kann Chancen besser nutzen und Risiken vermeiden. Finanzbildung ist daher eine Kompetenz, die immer wichtiger wird.

Von Herta Scheidinger 

In einer Welt, die immer komplexer wird und die durch Krisen gekennzeichnet ist, wird Wirtschafts- und Finanzwissen zunehmend zu einer Schlüsselkompetenz, wenn es darum geht, auf die schnelllebigen Veränderungen auf den Finanzmärkten reagieren zu können und die eigene langfristige finanzielle Sicherheit zu planen. 

„Immer mehr Finanzentscheidungen müssen in Eigenverantwortung getroffen werden – von Angeboten ohne Beratung bis zu Kredit- und Ratenkauf Optionen wie „Buy Now, Pay Later“, die sogar Jugendliche mit zwei Klicks nutzen können“, so Patricia Floh-Weninger, Expertin für Verbraucherinformation der FMA. 

„Wer nicht versteht, wie Zinsen, Raten, Gebühren, Vertragslaufzeiten und Risiken funktionieren, gefährdet sein finanzielles Wohlbefinden.

Unwissenheit macht manipulierbar: Wer nichts weiß, muss alles glauben“, gibt Floh-Weninger zu bedenken. „Denn finanziell gebildet zu sein, heißt nicht nur Kosten zu erkennen, sondern auch Betrugsmaschen zu durchschauen und unrealistische Versprechen zu erkennen.”

Nicht zurückbleiben

Der Aufbau von Finanzwissen ist daher wichtiger denn je. Denn fehlt die Bildung in diesem Bereich, sind die Folgen deutlich: Überschuldung, fehlende Altersvorsorge und Unsicherheit im Umgang mit Geld.

„Analysen der OeNB und OECD zeigen auf, wer zurückbleibt: Frauen, Menschen mit geringem Einkommen und Personen mit nichtdeutscher Muttersprache schneiden deutlich schlechter ab, teilweise unter dem EU-Durchschnitt“, erklärt Floh-Weninger. Finanzbildung bedeutet mehr als nur das Wissen um Sparen oder Zinsen.

Sie umfasst ein Verständnis dafür, wie man Budgets plant, Kredite beurteilt, investiert und Risiken absichert. Wer diese Grundlagen beherrscht, kann selbstbestimmter handeln – sei es beim Abschluss eines Handyvertrags, bei der Wahl der richtigen Versicherung oder bei der Geldanlage. 

Der aktuelle Schuldenreport zeigt auf, dass mehr als jeder fünfte Betroffene eines Privatkonkurses angibt, dass mangelndes Finanzwissen zu seiner misslichen Lage geführt habe. Eine systematische Finanzbildung an Schulen und in der Erwachsenenbildung würde hier Abhilfe schaffen.

Frauen wissen weniger

„Finanzbildung ist kein theoretischer Mathetest, sondern ein wichtiger Teil der Lebenspraxis – sie stärkt die Fähigkeit, selbstbestimmte finanzielle Entscheidungen zu treffen“, betont auch Christoph Obererlacher, CEO der Swiss Life Select Österreich. 

Laut der Oesterreichischen Nationalbank liegt Österreich beim Finanzwissen im internationalen Vergleich über dem OECD-Durchschnitt, sowohl bei grundlegenden Begriffen wie Zinsen und Inflation als auch bei Alltagskompetenzen wie Haushaltsbudgetierung und Preisvergleichen (Quelle: OeNB Report 2024/13).

„Dennoch zeigt ein genauerer Blick Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Junge Frauen verfügen im Schnitt über weniger Finanzwissen als junge Männer und schätzen ihre eigenen Kenntnisse oft geringer ein. 

Diese Unsicherheit führt dazu, dass Finanzentscheidungen defensiver getroffen werden und Geld häufig zu lange auf dem Sparbuch verbleibt – mit der Folge von Kaufkraftverlust durch Inflation“, erklärt Obererlacher.

Anlageverhalten

Bezüglich Wissen und Verhalten von Anlegern zeigt eine aktuelle WU-Studie: Das allgemeine Finanzwissen ist vergleichsweise gut, doch bei konkreten Anlageprodukten bestehen Wissenslücken. Viele Befragte haben falsche Vorstellungen, etwa über Dividenden oder den Nutzen von Sparplänen – und handeln entsprechend nicht optimal.

Floh-Weninger: „In Österreich wird viel gespart – aber meist auf niedrig verzinsten Konten, wodurch die Kaufkraft sinkt. Investitionen in Aktien, Anleihen und Fonds sind derzeit nicht erste Wahl. 

Allerdings ändert sich das bei der jungen Generation, wie die Analysen der FMA zeigen. Für viele junge Anleger sind Produkte wie ETFs oder Fonds-Sparpläne der Türöffner zum Kapitalmarkt.”

Fest steht: Wer ökonomisch informiert handelt, trifft nachhaltigere Entscheidungen, sorgt besser vor und trägt zur wirtschaftlichen Stabilität bei. Finanzbildung ist damit kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit – und sollte längst selbstverständlich sein.

Herta Scheidinger

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