„Bei uns geht es nicht nur ums Geld“
Von Stephan Scoppetta
Der österreichische Private-Banking-Markt ist hart umkämpft. Ab 2026 übernimmt Stefan Neubauer, derzeit Vorstandsmitglied, die Leitung der Kathrein Privatbank. Im Gespräch erklärt er, wie Kundennähe, Family-Konsult-Kompetenz und klare Strategien das Private Banking von morgen prägen.
KURIER: Sie übernehmen 2026 als CEO die Kathrein Privatbank und folgen Wilhelm Celeda nach, der das Institut über Jahre geprägt hat. Wie gestalten Sie den Übergang und welche Akzente wollen Sie setzen?
Stefan Neubauer: Der Übergang ist im vollen Gange und wird mit Jahresende abgeschlossen sein. Der zentrale Unterschied zu meinem Vorgänger ist: Ich war die vergangenen sechseinhalb Jahre der kundenverantwortliche Vorstand und bleibe das auch als CEO.
Es ist mir wichtig, den direkten Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden fortzusetzen und gleichzeitig Private Banking und Asset Management auf das nächste Level zu heben – gemeinsam mit einem neuen und starken Vorstandsteam.
Neben Ihnen gibt es weitere Veränderungen im Vorstand. Wer stößt neu dazu und was bedeutet das für die Bank?
Mit dem Jahreswechsel tritt Eleonore Leder als CFO in den Vorstand ein. Sie bringt internationale Erfahrung und ausgeprägte Kompetenz in Finanzen, Digitalisierung und Geschäftsentwicklung mit.
Neu im Team ist auch Gregor Höpler als Chief Risk Officer – ein erfahrener Banker mit tiefem Verständnis für Risiko- und Kapitalmanagement. Gemeinsam bilden wir ein starkes Führungsteam, das Kontinuität mit frischem Blick verbindet.
Heißt das weniger Kundenkontakte und mehr Strategiearbeit für Sie?
Beides gehört zusammen. Strategie ist entscheidend, aber mein Schwerpunkt bleibt die Kundenseite. Ich bin seit vielen Jahren im direkten Kundenkontakt und das möchte ich auch als CEO beibehalten.
Nur wer die Anliegen und Erwartungen der Kundinnen und Kunden aus erster Hand kennt, kann strategische Entscheidungen richtig treffen. Diese Nähe zur Praxis ist für mich ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Der Privatbanken-Markt in Österreich ist dicht besetzt. Wo kann hier die Kathrein Privatbank noch wachsen?
Es gibt ein erhebliches Wachstumspotenzial. In den nächsten 25 Jahren werden rund 700 Milliarden Euro vererbt. Diese Entwicklung hat bereits begonnen und verändert den Markt spürbar. Diese Generation sucht seriöse und partnerschaftliche Begleitung.
Es geht nicht nur um Veranlagung, sondern um Strukturierung, Nachfolge und langfristige Planung. Unsere Aufgabe ist, Orientierung zu geben, Verantwortung zu übernehmen und nachhaltige Lösungen für Familien und Unternehmen zu schaffen.
Was hat sich im Private Banking am stärksten verändert?
Früher suchte man den schnellen Tipp, heute zählt das große Ganze. Ein stabiles Kernportfolio bildet die Basis, ergänzt durch gezielte Themeninvestments. Digitalisierung und Automatisierung beschleunigen Prozesse, ersetzen aber nicht das persönliche Gespräch.
Der Private Banker ist heute Moderator, Stratege und Übersetzer in einer Person. Er bündelt Know-how, hält den Überblick und macht komplexe Zusammenhänge verständlich. Das schafft Vertrauen.
Ab welcher Summe beginnt der Einstieg bei Ihnen und wie unterscheidet sich Kathrein von anderen Häusern?
Ab rund 500.000 Euro betreuen wir Kunden. Unser Modell baut auf einem Dreiklang: Private Banker, Asset Manager und Family Konsult. Der Private Banker kennt die Ziele des Kunden, der Asset Manager steuert die Veranlagung, und Kathrein Family Konsult ergänzt mit Blick auf Struktur, Steuern und Nachfolge.
Wir denken in Gesamtvermögen statt in Einzelanlagen und achten auf ausgewogene Portfolios, ausreichend Liquidität und klare Risikosteuerung.
Stiftungen sind ein wichtiger Bestandteil in der Beratung größerer Vermögen. Welche Vorteile bieten sie?
Stiftungen werden oft als steuerschonendes Modell kritisiert, tatsächlich sind die steuerlichen Vorteile heute gering. Ihr eigentlicher Zweck liegt woanders: Eine Stiftung ist ein zivilrechtliches Instrument, das Vermögen geordnet weitergibt und Unternehmen über Generationen zusammenhält.
Sie schafft Stabilität, Planungssicherheit und Kontinuität und ist damit ein zentraler Baustein verantwortungsvoller Vermögensplanung.
Wie positionieren Sie derzeit die Portfolios in dieser unsicheren Gemengelage?
Unsere Devise lautet Diversifikation: global investieren, regionale Klumpen vermeiden. Europa bleibt attraktiv, in China agieren wir bei der Investmentstrategie vorsichtig. Ergänzend setzen wir auf aktiv gemanagte Anleihenportfolios, Gold als stabile Beimischung und ausgewählte Private-Markets-Investments mit Fokus auf Qualität und Liquidität. So entstehen stabile, breit aufgestellte Portfolios, die Chancen nutzen und Risiken begrenzen.
Viele Anleger haben in den vergangenen Jahren stark auf US-Dollar-Anlagen gesetzt. Nun verliert die Währung an Wert. Wie gehen Sie mit diesem Risiko um?
Viele Portfolios sind noch immer stark im US-Dollar positioniert. Das war in den vergangenen Jahren sinnvoll, wird aber mit der aktuellen Abwertung zunehmend zum Risiko. Durch den schwächeren Dollar verlieren Anleger in Euro gerechnet an Wert, selbst wenn die Kurse der US-Anlagen stabil bleiben.
Deshalb setzen wir auf aktives Währungsmanagement: Wir überprüfen laufend die Gewichtung, sichern Dollar-Positionen gezielt ab und halten die Währungsrelationen ausgewogen. So lassen sich Erträge stabilisieren und Wechselkursrisiken gezielt begrenzen.
Viele junge Vermögende machen den Fehler, zu viel Geld in die selbst genutzte Immobilie zu stecken und dabei die laufenden Kosten zu unterschätzen. Warum ist das problematisch?
Viele unterschätzen, wie stark eine selbst genutzte Immobilie Kapital bindet. Besonders bei jungen Vermögenden fließt oft zu viel Geld ins Eigenheim – es arbeitet nicht, verursacht Kosten und mindert die Liquidität. Eine Immobilie gibt zwar Sicherheit, ersetzt aber keine ausgewogene Vermögensplanung. Wer zu stark auf Wohneigentum setzt, verliert an Flexibilität für andere Chancen.
In unserer Beratung konsolidieren wir alle Vermögenswerte, analysieren Klumpenrisiken und definieren eine stimmige Asset Allocation. Bei uns geht es aber nicht nur ums Geld. Es geht auch um Sicherheit, Lebensqualität und die Freiheit, Chancen zu nutzen.
Welche Trends werden 2026 und darüber hinaus die Investmentlandschaft prägen?
Infrastruktur, Dekarbonisierung, Digitalisierung und Automatisierung prägen die kommenden Jahre. Der Investitionsbedarf in Energie-, Daten- und Klimatechnologien ist enorm.
Nachhaltigkeit wird zum wirtschaftlichen Faktor – es geht um Effizienz und Versorgungssicherheit. Auch KI eröffnet neue Märkte und Chancen. Neben liquiden Anlagen gewinnen Private Markets an Bedeutung, da sie erfahrenen Anlegern direkten Zugang zu Wachstum bieten.
Stephan Scopetta
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