Wien-Wahl: Der komplizierte Weg von der Urne zum Mandat

Wien-Wahl: Der komplizierte Weg von der Urne  zum Mandat
Wie sich die Wiener Stadtregierung zusammensetzt und was der politisch bunteste Bezirk ist.

Gegen 18 Uhr am Abend des 27. April werden die Balken mit den hochgerechneten Stimmenanteilen der zur Wien-Wahl angetretenen Parteien auf den TV-Bildschirmen auftauchen. Gleich darauf die Tortengrafik mit der voraussichtlichen Sitzverteilung im neuen Wiener Landtag und Gemeinderat. Doch nur die wenigsten machen sich Gedanken darüber, wie eigentlich aus den Wählerstimmen Mandate werden.

Dahinter steckt ein nicht ganz einfaches zweistufiges Verfahren, bei dem zunächst die Grundmandate in den einzelnen Wahlkreisen und dann die Restmandate verteilt werden.

Wien-Wahl: Der komplizierte Weg von der Urne  zum Mandat

Wie es im Detail ausgestaltet ist, sorgte in Wien auch immer wieder für politische Sprengkraft: Vor gut einem Jahrzehnt wäre um ein Haar die rot-grüne Regierung an der Reform des Wahlrechts zerbrochen. Die Grünen hatten auf eine Änderung des alten Berechnungsschlüssels gepocht, der die großen Parteien – also vor allem die SPÖ – massiv bevorzugte. Für die Wahl 2020 konnte dann ein Kompromiss gefunden werden, der diesen verzerrenden Faktor zumindest zum Teil beseitigte.

Wien-Wahl: Der komplizierte Weg von der Urne  zum Mandat

Geringfügige Änderungen beim Wahlmodus gibt es auch für die heurige Wahl. Sie sind aber nicht Resultat politischer Entscheidungen, sondern der Bevölkerungsentwicklung geschuldet, die bei der Gewichtung der einzelnen Wahlkreise berücksichtigt werden muss.

In den Wahlkreisen Liesing und Donaustadt ist diesmal deshalb ein Grundmandat mehr zu vergeben, Simmering verliert dafür eines. Und der neu geschaffene Wahlkreis „Nord-West“ hat mit fünf zu vergebenden Mandaten um eines weniger als zusammengerechnet die alten Wahlkreise Hernals und Währing, aus denen er zusammengesetzt wurde.

Wien-Wahl: Der komplizierte Weg von der Urne  zum Mandat

Stadträte-Kuriosum

Anders als etwa auf Bundesebene ist auch das Kräfteverhältnis in der Stadt- und Landesregierung genau geregelt, weil in Wien noch das Proporzsystem gilt. Das heißt: Auch die Opposition stellt Stadträte, allerdings haben sie – eine Wiener Besonderheit – kein Ressort. Eine Reform dieser kuriosen Regelung wurde zwar immer wieder diskutiert, ist aber nach derzeitigem Stand unwahrscheinlich. Im Raum steht, dass sie entweder, wie etwa die oppositionellen Landesräte in Niederösterreich, ein Ressort erhalten oder abgeschafft werden.

Gemäß der Wiener Stadtverfassung muss die Zahl der Stadträte mindestens neun und darf höchstens 15 betragen. Aktuell sind es 13: sieben für die SPÖ, je zwei für ÖVP und Grüne, je einer für Neos und FPÖ. Die Gewichtung ist in der Wiener Gemeindewahlordnung festgelegt. Demnach werden die Mitglieder des Stadtsenats „auf die einzelnen Parteien im Verhältnis zur Zahl ihrer Mitglieder im Gemeinderat aufgeteilt“.

Bezirke

Je nach Bevölkerungsgröße sind bei den Bezirksvertretungswahlen pro Bezirk 40 bis 60 Mandate zu vergeben. Anders als bei den Gemeinderatswahlen mit ihrer Fünf-Prozent-Hürde genügen hier aber schon knapp zwei Prozent der Stimmen, um in das Bezirksparlament einzuziehen. Darum sind hier derzeit auch etliche Kleinstparteien wie Links, Team HC, SÖZ oder Bierpartei vertreten. Spitzenreiter in Sachen Vielfalt ist Meidling, wo seit der Wahl 2020 gleich zehn Fraktionen in der Bezirksvertretung sitzen.

Anders als bei den Gemeinderatswahlen dürfen auf Bezirksebene auch rund 265.000 in Wien ansässige EU-Bürger wählen. Sie kommen zu den 1,1 Mio. wahlberechtigten österreichischen Staatsbürgern noch hinzu.

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