100 Jahre nach Attentat: Die Josefstadt gedenkt Hugo Bettauer

100 Jahre nach Attentat: Die Josefstadt gedenkt Hugo Bettauer
Der Journalist wurde 1925 von einem Nationalsozialisten ermordet. In seinen Ehren wurde eine Gedenkveranstaltung im 8. Bezirk abgehalten.

Hundert Jahre ist es her, dass Hugo Bettauer nach einem Mordanschlag in seiner Redaktion in Wien-Josefstadt ums Leben kam.

Der Schriftsteller und Journalist hatte sein Büro in der Langen Gasse 5-7. Dort schoss am 10. März 1925 ein 22-jähriger Nationalsozialist fünf Mal auf ihn ein. Bettauer wurde lebensgefährlich verletzt und verstarb schließlich rund zwei Wochen später.

"Es war wohl der erste Mord durch einen Nationalsozialisten", sagte Josefstädter Bezirksvorsteher Martin Fabisch (Grüne) bei der Gedenkveranstaltung. Das tragische Attentat weise Parallelen zur Gegenwart auf. Auch heute seien Gleichberechtigung, Aufklärung und Selbstbestimmung klassische Feindbilder der Rechtsextremen, so Fabisch weiter. 

Zeitschrift als Auslöser für Hetzkampagne

Bettauers Schriften sorgten für Kontroversen und lösten politische Streitigkeiten aus, die ihn letztendlich das Leben kosteten. In seiner Zeitschrift "Er und Sie“ beschäftigte er sich beispielsweise mit Themen wie Liebe, Partnerschaft und Sexualität.

"Er und Sie“ wurde vom damaligen Bundeskanzler Ignaz Seipel wegen angeblicher „Jugendgefährdung“ kurzer Zeit beschlagnahmt. Darauf folgte eine Hetzkampagne gegen Bettauer, auch Mordaufrufe waren keine Seltenheit. 

"Der bereits verstorbene Germanist Murray Hall sah es übrigens als erwiesen an, dass der Bettauer-Attentäter die Zeitschrift „Er und Sie“ nie selber gelesen hatte. Vielmehr habe er seine Informationen aus nationalsozialistischen Schriften bezogen", erläuterte Fabisch.

Bettauers Attentäter wurde freigesprochen und konnte nach nur 18 Monaten die Psychiatrie verlassen.

Themen immer noch aktuell

„Wir haben uns im Vorfeld viele Gedanken gemacht, welches Werk wir lesen sollen, damit Sie einen Eindruck von Hugo Bettauer bekamen. Wir kamen zum Entschluss: In Zeiten wie diesen müssen wir aus ‚Die Stadt ohne Juden‘ lesen. Sie werden kaum glauben, dass zwischen damals und heute 100 Jahre liegen“, sagte Historiker Thomas Samhaber vom NÖ Kulturverein ÜBERGÄNGE PŘECHODY im Rahmen der Gedenkveranstaltung. Der Roman behandelt Folgen von antisemitischer und rassistischer Hetze und wurde 1922 veröffentlicht.

80 Personen sowie Anrainerinnen und Anrainer gedachten Bettauer am Dienstag. Neben den Reden von Fabisch und Samhaber, setzte sich die Gedenkfeier aus einer Lesung durch Erwin Steinhauer aus "Die Stadt ohne Juden" sowie der musikalische Begleitung durch Otto Lechner zusammen. 

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