Wie gefährlich ist der Gang durch die Raucherzone?

Ein kurzer Weg durch die Raucherzone eines Lokals sei ungefährlich, beruhigte heute, Mittwoch, der Leiter des Referats für Sozial- und Vorsorgemedizin in der Ärztekammer, Gert Wiegele. "Es ist vielleicht unangenehm, weil es stinkt, aber eine Gesundheitsgefährdung ist übertrieben." Sonst dürfe man in Wien bei Nebel wegen des Smogs auch nicht auf die Straße.
"Herumschleichen" beenden
Dennoch tritt der Mediziner klar für eine rasche Lösung in Sachen Tabakgesetz ein: "Das Herumschleichen der Politiker ist etwas Schreckliches." Diese seien nicht fähig, eine klare Entscheidung zu treffen. Er sei als Kärntner oft zu Besuch in Italien, wo alle mit dem generellen Rauchverbot in der Gastronomie glücklich wären. "Dort regt sich niemand auf, auch die Raucher nicht, die im Freien ihre Zigarette rauchen und zuvor beim Essen die gute Luft genießen."
Während der kurze Weg durch die Raucherzone gesundheitlich unbedenklich ist, sei es für alle, die dort stundenlang als Gast sitzen oder als Kellner dort arbeiten müssen, durchaus schädlich. Die möglichen Folgen des Passivrauchens müssten nicht nur Lungenkrebs sein, sondern auch COPD. Allein in Österreich leiden rund 400.000 Menschen an chronisch obstruktiver Lungenerkrankung.
Einen neuen Stil wollen sie pflegen, haben die neuen und alten Koalitionspartner bei der Unterzeichnung ihres Paktes geschworen. Ein äußeres Zeichen dafür ist das Pressefoyer neu: Hinter den beiden Glaspulten bezogen heute nicht wie gewohnt Kanzler Werner Faymann und sein Vize Michael Spindelegger Stellung, sondern zwei „Fachminister“, wie es hieß. SP-Gesundheitsminister Alois Stöger und sein Konterpart Wolfgang Brandstetter, VP-Justizminister, stellten sich heute erstmals den Journalistenfragen.
Vom Ressort her durchaus passend, schließlich hat die Ankündigung, dass die Regierung den geltenden Nichtraucherschutz kippen will, für Schlagzeilen gesorgt: SP und VP kippen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom Sommer, in dem festgeschrieben steht, dass es „Nichtrauchern nicht zumutbar wäre, in Lokalen auf dem Weg zu den Toiletten durch Raucherbereiche gehen zu müssen“. Im Klartext: Die Regierung repariert das Tabakgesetz dahingehend, dass das Erkenntnis des VwGH obsolet ist.
Die Konsequenz: Man will die Gastronomie vor umfassenderen Auswirkungen des Tabakgesetzes schützen - ein Rauchverbot rückt damit in weite Ferne.
Keine Mehrheit für Rauchverbot
Das konnten die beiden Minister auch vor der Presse nicht verleugnen. Gesundheitsminister Alois Stöger, der bis vor kurzem ein generelles Rauchverbot verhandelt hat, rückt von seinem Plan dennoch nicht ab – er tritt weiterhin „für eine Stärkung des Nichtrauchens ein“. Hierzu brauche es aber eine parlamentarische Mehrheit und „die gibt es derzeit nicht“, so Stöger, dem auch Brandstetter beipflichtete.

Samenspende: Reparatur binnen Frist
Auch ein anderer Gerichtsentscheid wurde am Dienstag thematisiert: Frauen in homosexuellen Lebensgemeinschaften muss die Erfüllung ihres Kinderwunsches durch künstliche Fortpflanzung mittels Samenspende ermöglicht werden, hatte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Freitag mitgeteilt. Justizminister Brandstätter erklärte, man werde das Gesetz innerhalb der Frist reparieren. "Ich weiß um die Problematik", es handle sich um einen "heiklen Bereich", räumte Brandstetter ein. Legistische Reformen verglich er aufgrund der vielen Zusammenhänge daher mit einem "Mikadospiel".
"Jetzt haben wir eine relativ knappe Reparaturfrist bis Ende 2014. Das ist nicht viel. Das was notwendig ist, werden wir bis Jahresende schaffen", zeigte sich der neue Justizminister aber überzeugt. Ihm ist bewusst, dass es über die Reparatur hinaus Reformen brauche und er will daher "auf breiter Basis" einen Konsens suchen.
Ärzte-Protest: Sache des AKH
Nicht nur Rauchverbot und Smenspende-Urteil, auch Ärzteprotest und Gratis-Zahnspange wurden im Ministerrat behandelt. Der Ausstand der Mediziner sei „eine Sache zwischen Geschäftsführung und den Ärzten“, so Stöger. Es gehe um Arbeitszeitfragen, „die dort zu klären sind“, meinte der Ressortchef. Das Med-Uni-Rektorat hatte mit Anfang des Jahres elf Journal-Nachtdienste gestrichen, weitere sollen offenbar folgen; die Mediziner beklagen, dass die Belastung für die Ärzte ein nicht mehr tragbares Ausmaß erreicht habe.
Er fühle sich zuständig für die Versorgung der Patienten und "es sei natürlich die Aufgabe" der Krankenhausleitung qualifiziertes Personal zur Verfügung zu stellen, wenn Patienten Hilfe brauchen, so Stöger. Wenn weniger Ärzte in der Nacht arbeiten, können mehr am Vormittag eingesetzt werden, so seine "Logik". Jedenfalls sei die Arbeitszeitfrage im Krankenhaus zu regeln. Generell erklärte Stöger, er arbeite in der Gesundheitsreform daran, dass zwischen Ländern, Sozialversicherung und Bund, die Bedürfnisse des Patienten umgesetzt werden. In diese Richtung wolle er weiter arbeiten.
Gratis-Zahnspange bis 2018
Abgesehen davon berichtete Stöger, dass die Gratis-Zahnspange für Kinder vor Ende der Legislaturperiode 2018 umgesetzt werde. "Sobald als möglich", also sobald man in der Lage sei, sie zu finanzieren, soll die Gratis-Zahnspange kommen, meinte Stöger. Ob die Zahnspange nur dann kostenlos sein wird, wenn der Einsatz medizinisch initiiert ist oder auch aus kosmetischen Gründen, ließ Stöger offen.
Pressefoyer: Keine ständige Neuerung
Zum Thema Pressefoyer neu sagten die beiden Spiegelminister: „Es wird nicht jede Woche so sein, sondern manchmal werden sich Fachminister präsentieren und Antworten liefern“, sagte Stöger – ein neuer Weg, der eine Bereicherung für die mediale Landschaft wäre.
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