Pflegerin unter Mordverdacht: Auch ein zweiter Fall wird untersucht
Der Verdacht gegen eine ehemalige Pflegerin der Klinik Favoriten wiegt schwer: Sie soll eine krebskranke Patientin mit einer Medikamenten-Überdosis getötet haben.
Vorgefallen sein soll dies bereits Mitte September. Nachdem die Patientin verstorben war, stellten andere Pflegekräfte Unregelmäßigkeiten in der Pflegedokumentation fest. Nicht jede einzelne Medikamentenabgabe sei ordnungsgemäß dokumentiert worden.
Zuvor soll die Verdächtige auf der Station gesagt haben, der Patientin – die palliativmedizinisch betreut wurde – könne man „mehr geben, dann geht's schneller vorbei“, berichtete der Falter in seinem Newsletter am Dienstag. Kollegen meldeten die Vorfälle der Stationsleitung. Daraufhin leitete der Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) eine interne Prüfung ein und informierte auch die Staatsanwaltschaft.
Im Zuge der Ermittlungen forderte die Staatsanwaltschaft vor zehn Tagen auch Dokumente eines zweiten Patienten an. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen krebskranken Mann, der bereits im Jänner verstorben ist. Auch er war über einen längeren Zeitraum palliativ behandelt und von der mordverdächtigen Pflegerin betreut worden.
Auf freiem Fuß
Beide verstorbenen Patienten befanden sich im Alter zwischen 50 und 70 Jahren und laut Wigev am „Ende ihres Lebens“. Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Obduktion der weiblichen Verstorbenen an. „Wir stehen am Anfang der Ermittlungen“, so Behördensprecherin Nina Bussek. Die Mordverdächtige befindet sich auf freiem Fuß, die Anklagebehörde geht nicht von einem dringenden Tatverdacht aus.
Die Beschuldigte wurde in weiterer Folge vom Wigev mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätte der Verstorbenen mehr Medikamente verabreicht als von ihr aufgezeichnet. Die Verdächtige habe „den Vorwurf dementiert“, sagt Michael Binder, Medizinischer Direktor und Vorstandsmitglied des Wigev.
Dienstrechtliche Schritte sind dennoch gegen sie eingeleitet worden: Wegen Verstößen gegen interne Richtlinien wurde sie, zusammen mit einer mutmaßlichen Mitwisserin, zuerst freigestellt und anschließend entlassen. Der Vorwurf lautet, dass die Medikamentenabgabe teilweise nicht ordnungsgemäß dokumentiert wurde.
Offen ist auch, ob die Medikamente in der richtigen Dosis verabreicht wurden – und inwieweit dies in Zusammenhang mit dem Tod der Patientin steht.
Warten auf Obduktion
Zum derzeitigen Zeitpunkt gebe es „keinen Hinweis auf einen kausalen Zusammenhang zwischen der Medikamentengabe und dem Tod der Patientin“, sagt Binder. Eine Überdosierung sei nicht erwiesen, die Medikamentenabgabe sei im Rahmen der ärztlichen Vorschreibung erfolgt. Es gelte jetzt das schriftliche Obduktionsgutachten und vor allem die toxikologischen Untersuchungen abzuwarten, bemerkt der Wigev-Manager. Für wann diese zu erwarten sind, ist unklar.
Konflikte auf der Station habe es laut den internen Befragungen nicht gegeben, heißt es vom Wigev. Durch die interne Prüfung seien außerdem einige Maßnahmen identifiziert worden, um die Dokumentation zu erleichtern. Bei der Gestaltung des Dokumentationsblattes zum Beispiel werde nun nachgeschärft, wird berichtet.
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