Risse in Gebäuden: Auch beim Rathaus Schäden durch den U-Bahn-Bau

Großbaustelle beim künftigen Linienkreuz U2xU5 hinter dem Rathaus. Mit dem Spatenstich anno 2021 begannen die Schäden an den Häusern.
Nach den Fällen bei der U2-U4-Baustelle Pilgramgasse offenbaren sich nun auch Probleme beim U2-U5-Linienkreuz hinter dem Rathaus. Entschädigungen durch die Versicherung sind aber ein harter Kampf.

Wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Und wo U-Bahnen gebaut werden, da rieselt mitunter der Putz von der Decke. Damit dieser dann nicht in der Melange oder auf der Malakofftorte landet, hat man im traditionsreichen Café Rathaus in der Landesgerichtsstraße vor einigen Wochen zu einer unorthodoxen Maßnahme gegriffen: Quer über den Gastraum hat man als Schutzmaßnahme eine Plastikplane gespannt. Denn das Deckengewölbe weist unverkennbar große Sprünge und Putzabplatzungen auf. Schuld daran ist die benachbarte U2-U5-Großbaustelle, die für Verwerfungen in der historischen Bausubstanz sorgt.

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Café Rathaus:  Stylischer Luster, unschöner Plastikschutz.

Damit gibt es nun schon einen zweiten Hotspot in der Stadt, wo die unterirdischen Grabungen für die U-Bahn-Erweiterung zu (massiven) Gebäudeschäden führen: Wie der ORF vorige Woche berichtete, kam es zuletzt beim künftigen U2-U4-Knoten Pilgramgasse an der Linken Wienzeile zu einem Bruch der Tunnelsohle mit anschließender Setzung von vier Zentimetern. Was wenig klingt, sorgte bei den dortigen Häusern für gravierende Sprünge und Risse im Mauerwerk; Ziviltechniker sind besorgt, da auch tragende Teile und damit die Statik betroffen sein könnten.

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„Alle Häuser mit Rissen“

Ganz so schlimm scheint es entlang der Zweierlinie hinter dem Rathaus, wo seit Jänner 2021 Großbaustelle ist, nicht zu sein. Dafür dürften wesentlich mehr Objekte betroffen sein, wie eine Insiderin dem KURIER mitteilt: „Hier haben praktisch alle Häuser irgendwelche Risse. Wenn sich das Erdreich nur um einen Millimeter senkt, hat das logischerweise Auswirkungen – vom Keller bis zum Dachgeschoß.“ Dem KURIER liegen zwischen Schwarzspanierstraße (Alsergrund) und Lerchenfelder Straße (Josefstadt) mehrere Fälle in unterschiedlicher Ausprägung vor.

Das altehrwürdige Café Rathaus ist etwa geradezu übersät von Rissen und Sprüngen an Wänden und an der Decke. An der schlimmsten Stelle wurden sogar Messmarken montiert, um weitere Verschiebungen im Mauerwerk zu dokumentieren. Besitzer Samy Gadalla hofft jedenfalls auf entsprechende Entschädigungszahlungen der Versicherung und möchte dann umfassend sanieren – sobald die U-Bahn nächstes Jahr fertig ist.

Doch so einfach, wie man glaubt, ist  das nicht  mit dem Schadenersatz – selbst wenn die Ursache mit dem Untertagebau klar scheint. Das zeigt jedenfalls der Fall eines Bewohners in der Lange Gasse (8.), wo der U2-Tunnel Richtung Süden gebuddelt wurde. „Obwohl die ersten Risse schon 2021 zu Beginn der Bauarbeiten entstanden sind, wurden dann nur jene anerkannt, die nach 2023 bei der Besichtigung durch einen Sachverständigen entstanden sind“, erzählt der Eigentümer, der anonym bleiben möchte. Das wurde auch so in einem Gutachten festgehalten: „In Hinblick auf die in der Beweissicherung dokumentierten Vorschäden sind lediglich die Schadenerweiterungen, für welche ein Kausalzusammenhang mit den U-Bahn-Bauarbeiten nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, zu bewerten.“ Am Ende habe die Versicherung der Wiener Linien „gnädigerweise“ 720 Euro überwiesen. „Das war gerade genug, um die Maler zu zahlen. Und ich habe nur etwas gekriegt, weil ich extrem hartnäckig war.“

Das wird dem KURIER auch von anderer Seite bestätigt: „Wenn du dich nicht aufregst, kriegst du gar nichts.“

„Normale Erdbewegungen“

Die Wiener Linien wollen sich zu konkreten Zahlen, wie viele Häuser betroffen sind oder wie hoch die Entschädigungszahlungen waren, nicht äußern. Nur so viel: Beim Rathaus seien „einfache Rissbildungen während der Tunnelbauarbeiten“ das häufigste Thema. Und: Erdbewegungen sind bei einem Tiefbauprojekt dieser Größenordnung normal“, wobei die Sicherheit beim U-Bahn-Bau „immer an oberster Stelle“ stehe. Schäden können an rathaus@wienerlinien.at gemeldet werden.

Mittlerweile ist bei beiden U-Bahn-Baustellen auch die Baupolizei involviert – und man beruhigt: „Nach aktuellem Stand der vorliegenden Gutachten und Messdaten ist die Standsicherheit der betroffenen Häuser uneingeschränkt gewährleistet.“ Bei der Pilgramgasse seien aber sicherheitshalber Messsysteme und Abstützungen installiert worden. Aber auch weiter südlich am Bacherpark zeigt sich bei zumindest einem Haus schon ein tiefer Riss, der von der Decke bis zum Fußboden reicht.

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Haus am Bacherpark in Margareten mit massivem Riss.

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