Studie: Friedhöfe wirken sich positiv auf Wiener Stadtklima aus

Studie: Friedhöfe wirken sich positiv auf Wiener Stadtklima aus
Reduktion von bis zu drei Tropennächten im Sommer möglich, weitere Entsiegelung durch Erdgräber empfehlenswert.

Wer gern am Zentralfriedhof spazieren geht, weiß es bereits. Nun bestätigen es erstmals auch Forschungsergebnisse einer Studie zum Abkühlungspotenzial von Friedhöfen auf die Umgebung: Die Wiener Friedhöfe haben einen positiven Einfluss auf die Temperaturen der Stadt.

„Begrünte Friedhöfe weisen bereits jetzt geringere Temperaturen als dicht verbaute Wohnquartiere auf und ermöglichen die Versickerung von doppelt so viel Regenwasser. Unsere Ergebnisse zeigen, dass durch die bewusste Begrünung und Entsiegelung die Bedingungen für die Menschen in den umgebenden Straßen deutlich verbessert werden können“, stellt Marianne Bügelmayer-Blaschek, Senior Scientist am Center for Energy des AIT Austrian Institute of Technology und Studienautorin, fest.

Kühlende Wirkung

Die weitere Begrünung von Friedhofsflächen hat derart großes Potenzial, dass sie umgerechnet eine Reduktion von drei Tropennächten im Sommer in Wien bewirken kann.

„Während unseres Forschungsprojektes durchgeführte Messungen bestätigen, dass Friedhöfe als Grünoasen innerhalb der dicht verbauten Stadt nahezu dieselbe Klimawirkung wie Parkanlagen bieten. Durch eine Optimierung der Grababdeckungen und der Wege könnte die kühlende Wirkung sogar noch gesteigert werden“, so Herbert Formayer, Professor an der Universität für Bodenkultur Wien.

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Versickerungspotenzial

Zudem weisen Friedhöfe großes Versickerungspotenzial von Niederschlag auf. Auf ihren Flächen versickert rund neunmal mehr Niederschlag als auf einer versiegelten Fläche, wie etwa einem asphaltierten Parkplatz. Das kann im Fall von Starkniederschlagsereignissen von großer Bedeutung für dicht bebaute Stadtteile sein.

Die Studie belegt nicht nur die positive Wirkung von Bestehendem, sondern weist auch Empfehlungen zur weiteren Entsiegelung auf. Eine solche würde eine lokale Entlastung des Kanalsystems bedeuten, da bis zu 70 Prozent des Niederschlags vor Ort versickern könnten.

Erdgrab vor Deckplatte

Ebenso kann die Lufttemperatur auf den Friedhöfen, in den angrenzenden Gebieten und durch Kaltluftabflüsse auch in den weiterläufigen Bereichen gesenkt werden. Wesentlich ist die Aufklärung darüber, dass jedes mit Deckplatte ausgestaltete Grab zur Versiegelung beitragen kann. Den Großteil der städtischen Friedhöfe bilden Erdgräber.

Unversiegelte – nicht mit einer Deckplatte versehene – Gräber können mehr Niederschlag aufnehmen. Renate Niklas, Geschäftsführerin der Friedhöfe Wien, appelliert: „Jene, die ein Grab auf unseren Friedhöfen haben, es außerdem bepflanzt und grün halten, leisten einen wertvollen Beitrag für das Stadtklima.“

Die 46 von der Friedhöfe Wien GmbH verwalteten Friedhöfe umfassen insgesamt rund 1,2 Prozent der Stadtfläche. Sie sind damit ungefähr so groß wie der 20. Wiener Gemeindebezirk.

Die Studie wurde im Auftrag der Friedhöfe Wien GmbH von dem AIT Austrian Institute of Technology auf zwei städtischen Friedhöfen – Friedhof Sievering und Friedhof Meidling – durchgeführt.

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