Polizeibilanz: Festnahmen und Verletzte in Favoritner Fanzone

Junge Männer mit syrischer Fahne gerieten nach dem Spiel mit Türkei-Fans aneinander. Die Polizei schritt ein
Nach Spielende kippte die Stimmung beim Public Viewing am Hauptbahnhof. Radikale mischten sich in die Menge, 18 Personen wurden bei Schlägereien verletzt.

Dass sich beim Public Viewing am Hauptbahnhof viele Türkei-Fans einfanden, war bereits nach 57 Sekunden klar. Da nämlich fiel der erste türkische Treffer – der Bahnhofsvorplatz bebte. Noch lauter sollte es allerdings werden, als die Österreicher nach vorübergehendem 0:2 den Anschlusstreffer erzielten und die Austro-Türken auch für Rot-Weiß-Rot jubelten. „Ich halte zu 51 Prozent zur Türkei und zu 49 zu Österreich. Es wär nicht schlecht, wenn Österreich ins Viertelfinale kommt – ich hab genug von Córdoba gehört“, meinte etwa der einstige Gastarbeiter Ismael.

Aber nicht bei allen Anwesenden überwog an den Abend die Vernunft. In der Halbzeitpause flogen Flaschen und Dosen durch die Menge, eine Rangelei entstand. Erstmals musste die mit Großaufgebot gekommene Polizei eingreifen, die insgesamt jedoch eine „positive Bilanz“ zog.

Für diejenigen, die nach der Österreich-Niederlage noch in Bahnhofsnähe waren, dürfte sich das anders angefühlt haben. Die mit Schutzmontur und Diensthunden ausgestattete Exekutive musste nun wiederholt Schlägereien auflösen. Glasflaschen segelten dabei in Richtung der Einsatzkräfte. Autokorsos, Hupkonzerte und Blaulichtfahrzeuge, die sich den Weg durch die Menge bahnten, trugen zu aufgeheizten Stimmung bei.

Polizeibilanz: Festnahmen und Verletzte in Favoritner Fanzone

Vor dem Spiel stand die österreichisch-türkische Freundschaft im Vordergrund. Im Bild Ismael (li.) und Dogan

45 Anzeigen

„Es kam zu drei Festnahmen. Ein Polizist wurde leicht verletzt, er konnte den Dienst aber fortsetzen“, hieß es am Mittwoch aus der Landespolizeidirektion. Der Beamte wurden von einem 48-Jährigen mit der Faust ins Gesicht geschlagen.

Der KURIER wurde Zeuge der Festnahmen. Speziell nach 23 Uhr, als viele Fans schon auf dem Heimweg waren, spitzte sich die Situation zu. Junge Männer mit syrischen und palästinensischen Flaggen mischten sich in die Menge. Die Polizei musste mehrfach einschreiten, um eine Eskalation zu vermeiden. Auch Kurden und Türken gerieten aneinander. „Es wurden 45 Anzeigen erstattet“, bilanzierte ein Polizeisprecher, der dem aber entgegenhielt, dass mehrere Tausend Menschen das Spiel in Wien im öffentlichen Raum verfolgt hatten.

76 Tausend
Menschen mit türkischer Herkunft leben in Wien

Mehrere Tausend
österreichische und türkische Fußball-Fans feierten am Dienstag beim Public Viewing in Wien

45 Personen
wurden nach Ausschreitungen in Wiener Fanzonen festgenommen

18 Menschen
sind bei den Wiener Public Viewings verletzt worden

Wolfsgruß

Erst nach Mitternacht stellte sich am Hauptbahnhof Entspannung ein. Die Fans waren Richtung Reumannplatz weitergezogen, wo sie bis spät in die Nacht hinein sangen, feierten, und die rote Flagge mit Mondsichel und Stern aus Autos flatterte.

Zwar blieben an dem Brennpunkt weitere Raufereien aus, in den sozialen Medien geteilte Aufnahmen zeigen allerdings Männer, die den Gruß der „Grauen Wölfe“ zeigen, die als nationalistisch und faschistisch gelten (siehe auch Seite 3). Auch Hamas-Unterstützer fanden sich unter den Feiernden. Berichten zufolge beobachteten Verfassungsschützer die nächtlichen Szenen.

Genau beobachtet wurde das Public-Viewing-Event auch von Veranstalter-Seite. Bei den ÖBB hieß es am Mittwoch, dass der Abend evaluiert werde; bis auf einige nicht aus der Fußballszene stammende Störenfriede sei die Situation aber gut unter Kontrolle gewesen. Aus aktueller Sicht plane man, für das Viertelfinale Niederlande gegen Türkei am Samstag erneut den Bahnhofsvorplatz zur Verfügung zu stellen.

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