Nach Todesfällen: Studie zeigt, wie gefährlich „Zugsurfen“ ist

Kein „Like“ in den sozialen Medien ist die Lebensgefahr wert, der sich „Trainsurfer“ aussetzen, warnen Wiener Linien, ÖBB und Zugbetreiber auf der ganzen Welt gebetsmühlenartig. Dass vor allem junge Männer auf der Suche nach dem Adrenalinkick dennoch immer wieder auf Zugdächer klettern, um mitzufahren, zeigen die tragischen Unfälle, die das nicht selten zur Folge hat. Ein besonders dramatischer Fall ereignete sich im Vorjahr in Wien, wo ein Quartett auf die U4 geklettert war, um sich beim „Surfen“ zu filmen.
In der Station Schönbrunn prallten ein 17- und ein 18-Jähriger gegen eine Fußgängerbrücke. Beide erlagen im Spital ihren Verletzungen. Ein Video des Crashs kursierte im Internet.
Als wären Szenen wie diese samt den verstörenden Aufnahmen nicht genug, warnt nun eine neue Studie ausdrücklich vor derart waghalsigen Mutproben. Viktoria König von der Klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der MedUni Wien (AKH), und ihre Co-Autoren haben darin die Daten von 32 verunglückten „Zugsurfern“ zwischen 1994 und 2024 analysiert. Diese vergleichen sie mit 70 Arbeitsunfällen im selben Zeitraum.
15.000 Volt Spannung
Der Fokus lag auf elektrischen Verletzungen mit Hochspannung, da diese wegen der Nähe zu den Oberleitungen beim „Trainsurfing“ zu den größten Risiken zählen. Verwunderlich ist das nicht, bedenkt man, dass Eisenbahn-Oberleitungen eine Spannung von 15.000 Volt haben. Die Forscher fanden raus, dass die Amputationsrate bei den „blinden Passagieren“ doppelt so hoch wie bei Arbeitsunfällen in ähnlichem Kontext ist. „Elektrische Verletzungen durch Hochspannung stellen eine komplexe Herausforderung in der Unfall- und Wiederherstellungschirurgie dar, da häufig mehrere Organsysteme betroffen sind“, wird in der Studie erklärt.
Was viele vor derartigen Wahnsinnsaktionen zudem vergessen: Ein Stromschlag kann laut Studienautoren auch ohne direkten Kontakt auftreten, „da sich Hochspannungslichtbögen durch die Luft entladen und verheerende Verletzungen verursachen können. Zusätzlich zu tiefen Stromverbrennungen und lebensbedrohlichen Komplikationen [...] erleiden viele Patienten schwere mechanische Verletzungen, darunter Schädelfrakturen, Wirbelsäulen- und Polytraumen infolge von Stürzen mit hoher Geschwindigkeit oder Kollisionen mit der Bahn-Infrastruktur.“
Betroffen sind den Wissenschaftern zufolge überwiegend (junge) Männer. Diese machen demnach 90 Prozent der Verletzten aus. Und trotz massiver Verletzungsfolgen – durchschnittlich 50 Prozent der Hautoberfläche sind danach verbrannt – können die Überlebenden von Glück reden. Denn die Statistik zeigt ebenfalls: Bei den untersuchten Hochspannungsunfällen liegt die Sterblichkeitsrate bei 25 Prozent. Wenig überraschend der Appell der Wiener Linien nach den Todesfällen im Vorjahr: „Kein Tiktok-Video, keine Mutprobe und kein Selfie der Welt ist dieses Risiko wert.“
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Die Wiener Linien betreiben das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Dazu gibt es 109 U-Bahn-Stationen und rund 880 Kilometer Buslinien. Zu Spitzenzeiten sind rund 1.000 Fahrzeuge unterwegs. Sie können gleichzeitig mehr als 260.000 Menschen transportieren. Allein in einer der 160 U-Bahn-Garnituren haben 900 Menschen Platz.
2023 besaßen rund 1,2 Millionen Menschen eine Jahreskarte oder ein anderes Dauer-Ticket. Mit rund 8.700 Mitarbeitern sind die Wiener Linien einer der größten Arbeitgeber der Stadt Wien.
Die Wiener Polizei ist eine der größten Polizeidienststellen in Österreich und spielt eine zentrale Rolle in der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt. Die Beamten sind in verschiedenen Abteilungen und Einheiten organisiert, die sich auf unterschiedliche Bereiche wie Kriminalitätsbekämpfung, Verkehrssicherheit und öffentliche Sicherheit konzentrieren. Laut LPD arbeiteten mit Stand Dezember 2024 insgesamt 7.278 Exekutivbedienstete inkl. Vertragsbedienstete mit Sondervertrag in Wien.
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