Für den Forscher kam der Rausschmiss völlig überraschend, wie er gegenüber dem KURIER betont. Schließlich seien ihm von der Uni noch am 3. Juli die Termine für seine Vorlesungen im November bekannt gegeben worden: "Es stellt sich daher die Frage, was zwischen 3. und 7. Juli passiert ist."
Was definitiv in diesem Zeitraum stattgefunden hat, ist ein Interview Pichlbauers mit dem Ö1-Morgenjournal am 7. Juli. Anlass war ein Gespräch von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) tags zuvor mit dem Standard, in dem er vor einem drohenden massiven Ärztemangel warnte. Bis 2035 würden demnach bundesweit 7.000 Ärzte fehlen.
Deshalb brauche es mindestens 1.500 zusätzliche Ausbildungsplätze pro Jahr an den MedUnis. Zudem suche man in Wien auch die Unterstützung der Privatunis. Wie eben auch jene der SFU.
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Im Ö1-Interview widersprach Pichlbauer – wie zuvor auch etliche Uni-Rektoren – Hacker: Es gebe genug Studienplätze. Aber der Stadtrat, so der Experte, erhoffe sich mit deren Aufstockung wohl eine größere Zahl an günstigen Arbeitskräften für die Spitäler - in Form von Studenten, die dort ihr klinisch-praktisches Jahr (KPJ) absolvieren müssen.
Wenige Stunden später hatte Pichlbauer sein Kündigungsschreiben vorliegen. Er selbst will von keinem Zusammenhang sprechen, wohl aber von einer "Koinzidenz". Ob mehr dahintersteckt, will er nun vor Gericht klären lassen, wo er seine Kündigung anficht.
Auffällig ist jedenfalls, wie scharf die SFU auf Pichlbauers Interview öffentlich reagierte. Am Montag sah man sich bemüßigt, eine Aussendung dazu zu veröffentlichen: Man wolle klarstellen, dass Pichlbauers "Äußerungen zur Medizinerausbildung und Ärztemangel in Österreich ausschließlich seine persönliche Meinung widerspiegeln. Diese Meinung wurde nicht mit der Universitätsleitung abgestimmt." Und weiter: "Die SFU distanziert sich klar von Dr. Pichlbauers Standpunkt und betont stattdessen ihre engagierte und enge Zusammenarbeit mit dem Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker."
SFU bestreitet Zusammenhang
Am Dienstag bestreitet man auf KURIER-Anfrage, den Mitarbeiter wegen des Interviews gekündigt zu haben. "Im Zuge der Reformen des Masterstudienlehrgangs an der SFU haben wir uns nicht nur von Dr. Pichlbauer sondern auch von anderen Mitarbeitern getrennt. Die näheren Gründe für die Kündigung nennen wir im Interesse der Betroffenen grundsätzlich nicht." Zur Erklärung: Die SFU war zuletzt massiv in Bedrängnis geraten, weil ihr die Akkreditierung für den Masterlehrgang Humanmedizin wegen Qualitätsmängel aberkannt worden war.
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Gleichzeitig verweist man noch einmal auf die enge Kooperation mit der Stadt Wien: "Die SFU arbeitet mit dem Gesundheitsverbund ausgezeichnet zusammen, weil wir gemeinsam im Interesse unserer Stadt die Ausbildung des Medizinernachwuchses sicherstellen und verbessern wollen. Nähere Details zu dieser Kooperation werden wir demnächst bekannt geben."
Gegenseitige Abhängigkeiten
Kenner der Branche sprechen von einer großen gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Stadt und SFU. Erstere würde die billigen KPJ-Arbeitskräfte für die Spitäler brauchen, zweitere sei auf Krankenhaus-Ausbildungsplätze in den städtischen Krankenhäusern angewiesen. Kritik eines SFU-Mitarbeiters am Stadtrat sei da natürlich störend.
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