Sehr zum Leid der Bewohnerinnen und Bewohner. Seit drei Wochen ist ein Schädlingsbekämpfungsbetrieb mit der Rattenpopulation in diesem Haus beschäftigt. Mehrere Rattenköder zieren den Betonboden im Innenhof. Sie sind mit einem Drahtseil fixiert – es wäre nicht das erste Mal, dass sich jemand den Spaß macht und einen Köder mitnimmt.
Mensch vor Tier
Konecny bekämpft nicht nur Ratten. Neben Mäusen, Ameisen, Wespen, Schaben und Bettwanzen wird auch gegen verschiedenste Käfer vorgegangen. Dass Schädlingsbekämpfer – vor allem von Tierschützerinnen und Tierschützern – als „Tiermörder“ bezeichnet werden, ist vorhersehbar.
Berufsgruppensprecher Peter Fiedler von der Wirtschaftskammer Wien hat dazu eine klare Meinung: „Es gibt Grenzbereiche, wo man eine Entscheidung treffen muss. Entscheide ich mich für den Menschen oder für das Tier? Und da ist die Sicht der Schädlingsbekämpfer schon: Wir entscheiden uns für den Menschen.“ Eines ist ihm aber besonders wichtig: „Wir wollen nicht quälen“, sagt er im KURIER-Gespräch. Auch Konecny betont, dass dort, wo es nicht sein müsse, keine Bekämpfung stattfinde. Ein Ameisenhügel im Garten zum Beispiel werde in Ruhe gelassen. Oder Hornissen, die in Wahrheit sehr friedliche Tiere seien. Grundsätzlich versuchten Schädlingsbekämpfer, so wenig wie möglich in das Tierreich einzugreifen, sagt Konecny. Man wolle nur auf Hygiene achten und die Gesundheit der Menschen schützen.
Eine Studie der Stadt Wien ergab, dass knapp über 30 Prozent der Ratten pathogene Keime beinhalten. „Natürlich sind nicht alle Ratten potenzielle Killer, aber im Schnitt schon jede Dritte“, warnt Fiedler. In Wien gibt es weit mehr Ratten als Einwohner. Und sie würden sich rasant vermehren, würde man nicht eingreifen: Pro Weibchen sind es im Jahr sechs bis acht Würfe zu durchschnittlich je acht Jungen.
Keine Durchgriffskraft
Vom Innenhof geht es die Stiegen hinunter in den Keller. Am Estrich befinden sich Urinspuren und Rattenkot. Da die Tiere immer entlang der Mauern gehen, lassen sich oftmals auch an den Wänden dunkle Spuren erkennen, erklärt Konecny. Alle paar Meter ziert ein Rattenköder den Boden. Es wird alles darangesetzt, das Haus von den Tieren zu befreien. So einfach ist das aber nicht: Seit im Jahr 2005 an die Stelle des Rattengesetzes die Wiener Rattenverordnung trat, ist Schädlingsbekämpfung privatwirtschaftlich organisiert. Daher kann es jetzt sein, dass in einem Haus gegen Ratten vorgegangen wird, während im Nebenhaus nichts passiert.
„Früher konnten wir sagen: ,Dieses oder jenes ist zu entfernen, wir kommen in zwei Wochen wieder.‘ Jetzt können wir die Menschen nur auf etwas hinweisen, rechtliche Durchgriffskraft haben wir nicht mehr“, sagt Fiedler.
Hamster retten Ratten
Umso mehr Macht haben dafür Feldhamster, die wegen ihrer Seltenheit unter strengem Artenschutz stehen. Das wiederum ist ein Problem für Schädlingsbekämpfer: Kommt ein Hamster durch einen Rattenköder um, könne das zu einer Strafanzeige führen, sagt Berufsgruppensprecher Fiedler. Wird er verurteilt, könne der Betrieb sogar die Gewerbeberechtigung verlieren.
Und weil das kaum jemand riskieren will, ist eine Hamsterpopulation in der Nachbarschaft für Ratten die beste Lebensversicherung.
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