Sieht man sich die Unfallzahlen rund um das Datum der Gesetzesänderung an, könnte man daraus schließen, dass sie einen neuen Boom von Tretrollern und Micro Scootern hervorgerufen hat – einen durchaus gefährlichen.
Im Jahr des Inkrafttretens 2019 kam es in Österreich zu 89 Unfällen mit Tretrollern und Micro Scootern. Nach einem Rückgang im Folgejahr auf 63 Unfälle stieg die Zahl bei der bislang letzten Erhebung 2021 wieder auf 72 Unfälle an.
Damit führen unmotorisierte Roller die Liste der gefährlichsten Spiel- und Sportgeräte an. Kinderfahrräder, Inlineskates, Skateboards oder ähnliche Fortbewegungsmittel rangieren in dem Vergleich seit Jahren dahinter. Wichtig ist, auch zu erwähnen, dass sich diese Unfälle nur auf öffentlichen Verkehrsflächen, also auf Gehsteigen, Fußgängerzonen oder Straßen ereignet haben – Unfälle im privaten Umfeld sind hier nicht miteingerechnet.
Aber auch dazu gibt es Zahlen und Studien, wie die von Peter Spitzer von der Grazer Klinik für Kinder- und Jugendchirurgie. Über einen Zeitraum von drei Jahren analysierte der Mediziner gemeinsam mit Kollegen Kinderunfälle anhand von Patienten, die in der Klinik behandelt werden mussten. Hier flossen also auch Unfälle im nicht-öffentlichen Verkehr mit ein.
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Kopfverletzungen
Pro Jahr kommt es laut dem Experten zu rund 1.800 Unfällen mit Rollern, Micro Scootern oder ähnlichen Fortbewegungsmitteln für Kinder. Eine besondere Gefahr birgt laut Spitzer der Lenker: „Wenn man zum Beispiel mit Rollschuhen stürzt, gibt es den sogenannten Abstütz-Reflex, man streckt also automatisch die Arme aus, die abfedern und dabei mitunter auch verletzt werden. Beim Roller gibt es aber den Freeze-Reflex, die Lenkstange zu umklammern und nicht die Arme schützend auszustrecken. Daher kommt es hier besonders oft zu Kopfverletzungen, die mitunter schwer sein können. Natürlich sind auch Frakturen an Armen und Händen unangenehm. Das Gehirn kann man aber nicht mit einem Gips oder Pflaster heilen. Dessen müssen sich Eltern immer bewusst sein“, sagt Spitzer.
Erst Ende April musste ein achtjähriges Mädchen aus Weyer in Oberösterreich nach einem Unfall mit einem Micro Scooter wegen schwerer Verletzungen in künstlichen Tiefschlaf versetzt werden. Etwa einmal im Jahr kommt es laut Statistik zu tödlichen Unfällen. Besonders auf Zebrastreifen werden Kinder, die mit relativ hoher Geschwindigkeit auf die Straße rollen, von Auto- oder Lkw-Lenkern leicht übersehen. Spitzer appelliert daher, Kinder schon von Anfang an einen Helm aufzusetzen, um sie daran zu gewöhnen. Das Rollerfahren an sich sei nämlich eigentlich gut für die Entwicklung. "Es trainiert den Gleichgewichtssinn, und sie können sich später besser an das Fahrrad gewöhnen und sichere Fahrer werden", sagt der Mediziner.
Anfangs sollte man aber jedenfalls auf nicht-öffentlichen Flächen üben und das Kind erst dann auf dem Gehsteig fahren lassen, wenn es den Roller sicher beherrscht. Und noch eine Komponente sollte nicht unterschätzt werden: Die Geschwindigkeit: "Mit dem Roller erreicht man leicht ein hohes Tempo, Stehenbleiben ist dann aber schwierig", sagt Spitzer.
Zwei Drittel der Verletzten sind Buben
Von den über 3.500 untersuchten Unfällen in der Studie waren zwei Drittel der Unfallopfer männlich und im Durchschnitt elf Jahre alt. "Fortbewegung mit Radgeräten heißt letztendlich Fortbewegung mit künstlich erzeugter Geschwindigkeit – ein Element, das die Buben tendenziell verstärkt anspricht." Wünschenswert wäre für Spitzer auch in Schulen mehr Risikomündigkeit, also Bewusstsein für die Gefahren, zu lehren.
Ist das Kind mit einem Helm ausgestattet und hat ausreichend geübt, sollten die Eltern auch noch auf die Art des Rollers achten, denn da gibt es deutliche Unterschiede, die auch verkehrsrechtlich relevant sind. Hat ein unmotorisierter Scooter nämlich größere Räder, die mit Luft gefüllt sind, gilt er als Trittroller. Dann muss sich der Benutzer an die Regeln für Fahrradfahrer halten. Für Kinder bis zehn Jahre ohne Fahrradprüfung sind solche Roller verboten.
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