Warum eine Frau Maroni verkauft und Marroni-Mann heißt

Zwei Frauen und ein Mann bei einem Maroniofen.
Besuch bei einer Wiener Institution am Graben. Dort verkauft Max seit 28 Jahren Edelkastanien aus dem Holzofen: „Nur die Säule ist länger da als ich.“

Schon bei der Pestsäule am Graben steigt der Duft in die Nase, der von der Maronihütte aus durch die Innenstadt zieht. Es ist der unverkennbare Geruch der Holzkohle, auf der die Edelkastanien gebraten werden.

Er lenkt die Aufmerksamkeit auf die kleine Hütte, die vor der „Schwäbischen Jungfrau“ steht. Max, der gar nicht so heißt, aber von allen so gerufen wird, ist seit 28 Jahren am Graben die Institution, sozusagen der „Marroni-Mann“. Dabei ist die Besitzerin des „Marroni-Mann“ eine Frau.

Ein Mann nimmt heiße Maroni aus dem Maroniofen.

Max verkauft die Marroni am Graben.

Sibylle Geiszler hat den Betrieb von ihrer Mutter Ingeborg Mann übernommen. Deshalb auch der Name. Und das Doppel-R? Im italienischen wird die Edelkastanie so geschrieben, Maroni mit einem R wird im italienischen als Schimpfwort gebraucht, weil Maroni umgangssprachlich in Anlehnung an ihre Form sinngemäß etwas wie „geh mir nicht auf die Hoden“ bedeutet. 

Also blieb es beim „Marroni-Mann“, weil Geiszler die Hoden-Sache als Frau nicht so sexy fand. Auch wenn sie immer wieder auf den „Fehler“ hingewiesen wird. „So kommt man gleich ins Gespräch“, weiß sie.

Maroni im Maronibrater.

Heiße Maroni heißen beim Marroni-Mann Marroni. 

Familientradition

Ihre Mutter hat am 1. Oktober 1974 begonnen, Maroni zu braten. „Das hält jung“, schmunzelt die 84-Jährige, die sich immer noch gerne regelmäßig bei den Ständen ihrer Tochter blicken lässt. 

Diese finden sich bei der Albertina, auf der Freyung, in der Rotenturmstraße und am Rochusmarkt. Und eben am Graben, wo Max hinter dem Ofen steht. 

Seit 36 Jahren arbeitet er für den „Marroni-Mann“, seit 28 Jahren am Graben. „Ich kenne die Leute, die Leute kennen mich“, schmunzelt er, „zu mir kommen Leute, die schon als Lehrmädchen Maroni geholt haben und jetzt Geschäftsführerinnen sind und drei Kinder haben.“ 

Über 30 Jahre im Geschäft

Seine Chefin ist auch schon über 30 Jahre im Geschäft, sie telefoniert kurz mit dem Frächter in Verona. „Zuletzt ist eine Lieferung dort hängen geblieben“, plaudert sie aus dem Nähkästchen: „Die besten kommen aus dem Piemont und dem nördlichen Lazio, aus Viterbo oder der Toskana.“

Zwei Frauen und ein Mann bei einem Maronistand am Graben.

Eingespieltes Team: Sibylle Geiszler, Max, Ingeborg Mann.

Und Geiszler verrät ein Geheimnis: „Der Wiener will eine schöne Frucht, die schön springt. Dabei sind die Maroni, die optisch nicht so schön sind, geschmacklich viel besser. Und ich mag die Kleinen lieber, die sind süßer und mehliger.“ Sie muss es wissen, gehen doch mehrere Tonnen pro Jahr über ihre Holzöfen.

Ihre Maroni kommen aus Italien, in Frankreich gebe es auch gute Edelkastanien. „In der Provence war das ein Hauptnahrungsmittel und hat einen ganz anderen Stellenwert, fast wie Austern“, gerät Geiszler ins Schwärmen.

Zehn Stück kosten beim „Marroni-Mann“ vier Euro. Gar nicht viel, bedenkt man, wie viel Arbeit in einem Stück steckt, ehe es am Weihnachtsmarkt gegessen werden kann.

Eine Frau mit Kopftuch kauft bei einem Mann mit Haube Maroni.

Die Marroni von Max mag wirklich jeder und jede. 

22 Arbeitsschritte

„22-mal wird sie in die Hand genommen“, rechnet Geiszler nach, vom Aufklauben im Maroni-Wald in Italien über das Sortieren, der Behandlung im Wasser das Trocknen und das Verpacken. Und: Jedes Stück wird mit einem Messer händisch aufgeschnitten, damit es schön aufspringt und gut gegessen werden kann.

Was Geiszler auch weiß: Wie der Wiener und die Wienerin ihre Maroni essen (sollten): „Die warmen Maroni kommen in die Jackentasche. Dort wärmen sie die Hände. In das Sackerl kommen dann nur mehr die Schalen.“

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