"March for Science" in Wien: Wissenschaft auf der Straße
Sogar ein Saurier ist für den Aufmarsch auferstanden – in Kostümen und mit Schildern machten Wissenschaftler am Samstag beim "March for Science" in der Wiener Innenstadt auf die Freiheit und Anerkennung ihrer Zunft aufmerksam. Zwischen 1600 (laut Polizei) und 3000 Menschen (laut Veranstalter) folgten dem Aufruf zur Demonstration.
"Science, not Silence", skandierten viele, auf Transparten war zu lesen: "Wissenschaft ist keine Meinung". Nach einem "Science Picnic" im Sigmund-Freud-Park, wo Wissenschaftler Experimente vorstellten, und dem Demo-Zug durch die City hielten namhafte Professoren wie Edeltraud Hanappi-Egger, WU-Vizerektorin und Vizepräsidentin der Universitätenkonferenz, flammende Reden für die Bedeutung von Lehre und Forschung "Wenn die Freiheit der Wissenschaft gefährdet ist, ist die Freiheit der Demokratie gefährdet", sagte Politikwissenschafter Anton Pelinka.
Weltweit findet der "March for Science" in mehr als 500 Städten statt. Während Forscher früher Appelle an Staatsoberhäupter schickten, kommen sie heute aus ihren Institutionen heraus. Und wenn es der Sache dient, sogar im Allosaurus-Kostüm. Der Hintergrund ist ernst: Den Anstoß gab US-Präsident Donald Trump, der nicht nur öffentlich am Klimawandel zweifelt, sondern gleich das Budget der Klimabehörde EPA kürzte. In der Türkei wurden zuletzt Forscher verhaftet.
Helga Nowotny, Ex-Präsidentin des Europäischen Forschungsrates und Unterstützerin des Marsches, sieht derzeit ebenfalls demokratische Werte in Gefahr. Daher müsse die Wissenschaft Stellung beziehen. Für die Rektorin der Akademie der bildenden Künste, Eva Blimlinger, gilt es, Überzeugungsarbeit zu leisten. Es gäbe Personen, die nicht verstünden, warum sie sich für Unis in der Türkei einsetzen: "Wenn Wissenschaft dort verfolgt wird, wird sich das in einer großen Spirale auch auf uns auswirken."
"Errungenschaften"
Ähnlich sieht es auch Nowotny: "Wissenschaft und Gesellschaft sind nicht zu trennen. Errungenschaften prägen unser Leben. Allerdings gibt es auch einen Prozess der Faktenfindung." An der ließen Wissenschaftler die Öffentlichkeit viel zu wenig teilhaben. Das führe zu Unverständnis. Trotzdem betont sie die Wichtigkeit ihrer Zunft und deren Aufgabe: "Wir müssen die Menschen mitnehmen und ihnen eine Zukunftsperspektive eröffnen, dass es besser werden kann und nicht alles den Bach hinuntergeht."
Dass der "March for Science" in Wien so viel Unterstützung erhielt, überraschte Oliver Lehman, Leiter des Organisationskomitees, dann doch. "Ich wäre froh gewesen, wenn 500 Menschen gekommen wären. Aber das zeigt, dass das Thema die Leute interessiert und die auch Wissenschaft bereit ist, an die Öffentlichkeit zu gehen." Obwohl einige Transparente politische Botschaften beinhalteten, verwehrte sich Lehman gegen politische Vereinnahmung. So habe ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer ebenso am Marsch teilgenommen, wie die Grüne Wissenschaftssprecherin Sigi Maurer. Auch Christoph Badelt, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, demonstrierte.
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