450 Quadratmeter ist das neue Geschäft groß. So einen großen Vintage-Laden gab es in Wien bisher nicht. Schon gar nicht auf der Mariahilfer Straße. Dass sich die Betreiber damit ausgerechnet auf Wiens Haupteinkaufsstraße niedergelassen haben, ist völlig beabsichtigt: „Wir hätten nie woanders eröffnet“, sagt Geschäftsführer Sarp Akyaman (27). Wer Secondhandmode populär machen will, dürfe sich nicht in kleinen Gässchen verstecken.
„Unser Hauptziel ist, Vintage- und Secondhandteile zugänglich zu machen“, sagt Akyaman. Und das geht nur, wenn man dort aufsperrt, wo die Massen zum Shoppen hinströmen: auf die Mariahilfer Straße.
Gegengewicht
Dass sich der 27-jährige Akyaman und seine zwei Kollegen ausgerechnet dort breit machen, darf auch als Kampfansage an die sogenannte Fast Fashion gesehen werden. Fast Fashion, das ist die sonst auf der Wiens größter Einkaufsstraße allgegenwärtige Billig-Mode.
Die ist nicht nur für die Konsumenten billig einzukaufen, sondern wurde auch billig – und meist unter unfairen Bedingungen – produziert. Und sie ist auch dafür gemacht, sie bald wieder wegzuwerfen.
Unter anderem deshalb hat Nunu Kaller, Konsumentensprecherin bei Greenpeace Österreich (ihr Buch mit dem Titel „Ich kauf nix“ erschien 2013 im Kiwi-Verlag, Anm.) in einem Interview schon dazu aufgerufen, „die Mahü“ zu meiden.
Dass jetzt dort ein Vintage- und Secondhandgeschäft eröffnet hat, hält sie für „grandios. Die sind genau dort, wo sie hinmüssen“. Es brauche dieses „Gegengewicht“, sagt Kalla.
Junge Kundschaft
Bis jetzt scheint das Konzept der Vintage Fabrik aufzugehen. Die Kundschaft ist da – und sie ist jung. Zwischen 16 und 30 Jahre, schätzt der Chef. Kaller wundert das nicht. Durch die Klimabewegung Fridays for Future seien viele Jugendliche alarmiert worden.
Sie würden ihren Lebensstil nach und nach anpassen, auch bei der Mode umdenken. Viele wollen keine billig produzierten Polyester-Blusen mehr kaufen, sondern lieber die original Vintage Levi's im Secondhandshop. „Die Jungen denken anders“, sagt auch Sarp Akyaman.
Dass Umwelt und Nachhaltigkeit den jungen Leuten ein Anliegen ist, hat auch Daniela Verdel in ihrem Geschäft bemerkt. Vor ziemlich genau einem Jahr, Ende Juli 2018, eröffnete sie gemeinsam mit Vanessa Vehovec an der Ecke Stumpergasse / Liniengasse im 6. Bezirk ihr Vintage-Möbelgeschäft „Die Wohnung Wien“. Verkauft werden ausgewählte Vintage-Möbel und nachhaltig produzierte Wohnaccessoires. Die Chefinnen wollten mit ihrem Geschäft ein Gegenpol zur Wegwerfgesellschaft schaffen.
Eines, in dem nicht alles neu gekauft und vielleicht irgendwann wieder weggeschmissen wird, sondern wo die Dinge Bestand haben – und Qualität. Vielen Kunden und Kundinnen ginge es nicht (mehr) nur um die Ästhetik alter Gegenstände. Daniela Verdel ist erst unlängst eine junge Kundin in Erinnerung geblieben. „Sie war ungefähr 20 Jahre alt und hat zu uns gesagt, dass sie einfach keine Lust mehr auf das billig produzierte Zeug hat.“
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