Krankenhaus Nord: Enorm hohe Zahl an unnötigen Zusatzleistungen
Dass Baufirmen ihren Kunden gerne zusätzliche Leistungen verkaufen, die vielleicht gar nicht notwendig sind, weiß jeder Häuslbauer. Auf der Baustelle Krankenhaus Nord nimmt dieses Spiel aber geradezu astronomische Ausmaße an. Das zeigen nun Dokumente des Forderungsmanagements des Krankenanstaltenverbunds ( KAV). Diese Stelle ist für die Feststellung von Schadenshöhen und zur Klärung der Einbringbarkeit von Forderungen gegenüber den Auftragnehmern zuständig.
Wie aus dem Bericht für das vierte Quartal 2017 hervorgeht, hat das Forderungsmanagement alleine beim Gewerk Rohbau rund 500 Regieleistungen inhaltlich geprüft. Regieleistungen sind zusätzliche unvorhergesehene Leistungen, die nicht in der ursprünglichen Ausschreibung enthalten waren.
Laut Quartalsbericht waren lediglich 1,7 Prozent dieser Leistungen gerechtfertigt. Demgegenüber stehen rund 83 Prozent, die aus der Sicht des Forderungsmanagements nicht gerechtfertigt sind. Bei rund 15 Prozent bedarf es demnach einer näheren Klärung.
Der der U-Kommission, die gerade den Bauskandal aufarbeitet, zugestellte Bericht enthält jedoch zahlreiche Schwärzungen, sodass sich die Höhe des möglichen finanziellen Schadens durch diese ungerechtfertigten Leistungen nur schwer eruieren lässt.
80,9 Millionen Euro
Insgesamt hat der Auftragnehmer laut dem Dokument jedenfalls bauwirtschaftliche Mehrkosten in der Höhe von knapp 80,9 Millionen Euro eingereicht. Zum Vergleich: Laut Bericht des Rechnungshofs lag die ursprüngliche Angebotssumme des Auftragnehmers beim Rohbau bei 98,4 Millionen Euro.
Wie viel von den 80,9 Millionen Euro Mehrkosten letztlich der KAV tatsächlich bezahlen muss, ist derzeit noch völlig offen. „Die nicht genehmigten Regien bzw. Mehrkostenforderungen werden der betroffenen Firma nicht abgegolten“, betont eine Sprecherin des KAV.
Welche genaue Summe auf die nicht genehmigten Leistungen entfällt und worum es sich dabei konkret handelt, kann sie nicht beantworten und verweist auf laufende Verhandlungen mit dem Auftragnehmer: „Wir können weder Schlichtungs- noch allfälligen Gerichtsverfahren vorgreifen“, sagt die Sprecherin. Wann alle diese Verfahren abgeschlossen sind, lasse sich derzeit schwer vorhersehen.
Für ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec ist unabhängig davon bereits jetzt klar: „Es handelt sich um ungerechtfertigte Leistungen in Millionenhöhe. Viele Beweisunterlagen kommen aber erst und werden dann wohl das gesamte Chaos bei diesem SPÖ-Skandal offenbaren.“ Die vorliegenden Daten würden zeigen, dass ein Verhandeln auf Augenhöhe zwischen den beteiligten Firmen und dem KAV offensichtlich nicht stattgefunden habe. „Dies wiederum zeigt das schwache Management und das Organisationsversagen des KAV.“
Formale Fehler
Bereits aus dem vierten Quartalsbericht 2016 geht hervor, dass bei nicht weniger als 90 Prozent der Regieleistungen formale Fehler aufgetreten sind. Gemeint ist damit zum Beispiel die Missachtung vorgegebener Fristen und Richtlinien. Korosec dazu: „Es zeigt sich, dass der KAV das gesamte Bauprojekt nicht im Griff hatte.“
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