Hochwasser 2024: Als Wien an der Katastrophe vorbeischrammte

Tosender Wienfluss, Frau mit Regenschirm blickt auf die Wassermassen.
Der Wiener Hochwasserschutz hielt nur haarscharf den Wassermassen stand – dennoch gab es enorme Schäden. Wie man sich künftig dagegen wappnen will.

In den späten Vormittagsstunden des 15. September 2024 spitzte sich auch in der Bundeshauptstadt die Lage dramatisch zu. Über Nacht hatte es „draußen“ im Wienerwald durchgeregnet, und da das Wasser der dortigen Bächlein den Wienfluss speist, schwoll dieser binnen kurzer Zeit zu einem tosenden Gewässer an. „Der Wienfluss fließt jetzt unentschärft in die Innenstadt“, vermeldete dann um die Mittagszeit die für das Hochwasser zuständige MA45.

Eine Schocknachricht, denn wenn der schon in der Kaiserzeit entstandene Hochwasserschutz den Wassermassen nicht standhält, kommt es entlang der Wien im innerstädtischen Bereich zur Katastrophe: mit überfluteten Straßen, Kellern, der U-Bahn – womöglich auch mit Toten.

Am Ende sollte es haarscharf und mit viel Glück reichen: Hätte der Regen noch 20 Minuten länger angedauert, hätte der Wienfluss womöglich das U-Bahn-Netz geflutet und „für Wochen oder Monate lahmgelegt“, schilderte MA45-Leiter Gerald Loew vor Kurzem. Da das Rückhaltebecken in Auhof, das Wassermassen aus dem Wienerwald sammelt, schon voll war, hätte Wien auch gar nicht mehr reagieren können. Und die Schutzmauern entlang der Wienzeile waren allerorten am Anschlag respektive manchmal auch drüber, weshalb auch Teilstrecken von U2, U3, U4 und U6 einige Tage gesperrt waren. Evakuiert werden mussten letztlich nur „eine Handvoll Häuser“ in Penzing – verletzt wurde dabei niemand. Auch andernorts in Wien (an der Donau und am Donaukanal) kam Wien beim 1000-jährlichen Ereignis mit einem blauen Auge davon: Die gezählten sechs Verletzten wurden Opfer des Sturms.

Desaster bei U2-Baustelle

„Wien kann Hochwasser“, jubilierte daher auch SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig schon tags darauf.

Doch ganz so problemlos war die Sache nicht: Denn bei der U2-Baustelle Pilgramgasse unter dem Wienfluss kam es sehrwohl zu einem veritablen Desaster: 19.000 Kubikmeter Wasser – das entspricht acht Mal dem großen Becken im Stadthallenbad – schwappten über die Schutzmauer und zerstörten dort teures Baugerät, das nicht rechtzeitig abtransportiert worden war. Der Schaden belief sich auf 6 Millionen Euro; hinzu kam eine massive Bauverzögerung für die neue U2, da dort auch die Sohle des Wienflusses massiv beschädigt wurde und daher unterirdisch nicht weitergebaut werden konnte.

Aufräumarbeiten U2-Pilgramgasse.

Aufräumarbeiten U2-Pilgramgasse.

Die näheren Umstände dazu wurden nie aufgearbeitet, auch die Schadenshöhe am Wienfluss bleibt ein Mysterium. Fix ist, dass Wien die Wehrmauern in Auhof um einen Meter erhöhen will, um vor einem 5000-jährlichen Hochwasser geschützt zu sein.

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