Wieder einmal herrscht Unruhe in den von Personalnot geplagten Wiener Gemeindespitälern. In sozialen Medien kursiert ein Info-Schreiben der Wiener Ärztekammer, welches nahelegt, dass nun in den Spitälern des Gesundheitsverbundes (Wigev) versucht wird, mit einer Arbeitszeitverlängerung den Engpässen Herr zu werden.
Konkret geht es um eine Betriebsvereinbarung zwischen Personalvertretung und Wigev-Generaldirektion, wonach die durchschnittliche Wochenarbeitszeit für Fachärzte für Anästhesiologie und Intensivmedizin auf freiwilliger Basis von 48 auf 55 Stunden angehoben werden kann. In diesem Fach herrschen derzeit besondere Engpässe, allen voran in der Klinik Favoriten. Dort müssen Kollegen aus anderen Häusern aushelfen, weiters versucht man freiberufliche Fachärzte gegen ein Stundenhonorar über 250 Euro zum Einspringen zu gewinnen.
In der Kammer macht man sich anscheinend Sorgen, dass die Ausweitung der Arbeitszeit nicht immer ganz freiwillig erfolgen könnte: „Wir möchten explizit darauf hinweisen, dass jeglicher Druck, eine entsprechende Einzelvereinbarung zu unterschreiben, gesetzlich strengstens verboten ist“, heißt es in dem Schreiben.
Schlecht verhandelt?
Nach KURIER-Informationen gibt es mit Ausnahme der Abgeltung der anfallenden Überstunden für die Ärzte, die zustimmen, keine weiteren finanziellen Benefits. Das sorgt ebenfalls für Irritationen: „Es ist verwunderlich und untypisch, dass Personalvertretung und Gewerkschaft einer Verschlechterung zustimmen, ohne dass es im Gegenzug eine finanzielle Verbesserung oder dergleichen gibt“, sagt Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident der Wiener Ärztekammer zum KURIER.
„Beispielsweise bekommen die Kollegen in der MedUni Wien (AKH) für eine ähnliche Betriebsvereinbarung rund 30 Prozent mehr Gehalt. Ich frage mich, wen Personalvertretung und Gewerkschaft hier vertreten: die Kollegen oder den Arbeitgeber?“
Beim Wigev betont man, dass man die Möglichkeit länger zu arbeiten während der Pandemie ausgeweitet habe. Nun erfolge wieder eine Einengung, beschränkt auf einzelne Fächer. Die Zustimmung der Ärzte erfolge aber ausschließlich auf freiwilliger Basis.
Etwas konkreter wird Edgar Martin, Vorsitzender der für die Gemeindespitäler zuständigen Hauptgruppe II der Gewerkschaft younion: "Es handelt sich bei der vorliegenden Vereinbarung um ein Opt-Out, welches aufgrund der prekären Situation im Bereich der Anästhesie geschlossen wurde. Es ist freiwillig und stellt kein Muss für die Betroffenen dar."
Der Betriebsvereinbarung seien Abstimmungsgespräche und Analyse vorausgegangen. Wie auch der Versuch, externe Fachärzte auf Honorarbasis zu gewinnen, könne es sich aber um keine Dauerlösung handeln.
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