Ein neuer Buchverlag in Wien

Sie blickt auf 15 Jahre Erfahrung im Buch- und Verlagswesen zurück. Das und die Liebe zu Büchern geben Stefanie Jaksch Zuversicht in herausfordernden Zeiten. Der KURIER hat die Verlegerin zum Interview getroffen.
KURIER: Wann haben Sie zum ersten Mal erkannt, dass Sie mit Büchern arbeiten möchten?
Stefanie Jaksch: Ich lese seit ich denken kann. Bücher sind Nahrungsmittel für meinen Geist. Es war also schon früh klar, dass ich mit Büchern arbeiten werde. Erkannt habe ich das aber erst so richtig in meinen Dreißigern. Eine sehr wichtige Station war der Job im Buchkontor bei Ulla Harms. Fünf Jahre lang habe ich dort gearbeitet und konnte viel ausprobieren. Ich habe von der Pike auf alles gelernt, was es über das Verlags- und Buchwesen zu wissen gibt.
2016 sind Sie dann zum Wiener Verlag Kremayr & Scheriau gewechselt. Wie ging es dann beruflich weiter?
Zuerst war ich dort in der PR, dann bin ich schnell ins Lektorat gewechselt. 2018 habe ich die Programmleitung für Sachbücher und Essays übernommen. Da hatte ich schon etwas Angst, ob ich das schaffe – eine klassische weibliche Unsicherheit vielleicht. Aber es hat immer gut funktioniert. 2020 kam dann die Essay-Reihe „übermorgen“, die für mich besonders wichtig war, weil sie das erste Projekt war, das wirklich meins war. Ich hatte das Gefühl, da geht es hin, das interessiert mich wirklich. Gleichzeitig habe ich die Verlagsleitung bei Kremayr & Scheriau übernommen und das bis 2023 gemacht.
Und schließlich folgte die Selbstständigkeit.
Ja, 2024 habe ich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und mit „In Worten“ ein Büro für Literatur und Kulturarbeit gegründet. Das war eine spannende Entwicklung. Und jetzt habe ich meinen eigenen Verlag gegründet, Wasser Publishing.
Wie kam es dazu?
Ich habe gemerkt, dass ich eine ganz eigene Vision von Verlagsarbeit im Kopf hatte und ich wollte sie unbedingt umsetzen. So entstand die Idee von Wasser Publishing.
Eine österreichische Boulevardzeitung veröffentlichte einen Artikel über Sie mit dem Titel „Schlau oder irre?“ - in Bezug auf Ihre Verlagsgründung in Zeiten wie diesen. Was denken Sie, wenn Sie so etwas lesen?
Ich fand es ehrlich gesagt super. Es hat mich amüsiert, aber auch irgendwie gefreut. Wenn man es in die Boulevardmedien geschafft hat, dann hat es vielleicht auch eine Chance, erfolgreich zu sein.
Und wie sehen Sie den Schritt der Verlagsgründung selbst – schlau oder irre?
Ich denke, der Schritt ist beides. Natürlich sind die Zeiten gerade nicht einfach. Bücher verkaufen sich rückläufig, viele kleine Verlage kämpfen ums Überleben. Aber ich kann nicht anders. Ich möchte es unbedingt versuchen.
Wie positionieren Sie Wasser Publishing am österreichischen Buchmarkt?
Mein Verlag ist sehr klar auf Essayistik ausgerichtet. Momentan veröffentlichen wir ausschließlich Essays, aber ich kann mir auch vorstellen, in Zukunft literarische Titel hinzuzufügen, wahrscheinlich in kürzeren Formen als Romane. Es geht mir darum, neue Wege zu gehen und das Verlagsprogramm auch von außen mit Ideen zu bereichern.
Sie beschreiben Wasser Publishing mit einer offenen und kollaborativen Komponente.
Ja, das stimmt. Es gibt die Idee einer lebendigen Plattform, auf der auch die Lesenden und Interessierten einbezogen werden. Es wird Online-Formate wie Podcasts geben, aber auch analoge Treffen. Ich möchte die Hemmschwelle zwischen Verlegerin und Leserschaft verringern und so mehr in direkten Austausch kommen. Es geht auch nicht darum, genau festzulegen, wer die Zielgruppe ist, sondern um die Menschen, die ein Interesse an wichtigen Themen haben – sei es über alltägliche, kleine Sorgen oder große gesellschaftliche Fragen. Wasser Publishing soll ein Ort für Menschen sein, die sich für tiefere Gespräche und das Leben interessieren.
Wie beurteilen Sie das Risiko Ihrer Unternehmung?
Es ist schon ein riskantes Unterfangen, aber auch ein Privileg, dass ich es überhaupt tun kann. Ich habe viel Erfahrung aus den letzten 15 Jahren und zum Glück die nötigen Ersparnisse, um diesen Schritt zu wagen. Natürlich gibt es viele Unsicherheiten, aber das ist Teil des Verlagsgeschäfts.
Sie sind momentan zu zweit im Team.
Genau, im Moment sind Ursula Rinderer und ich ein Team. Sie ist das Rückgrat des Verlags, kümmert sich um die organisatorischen Aufgaben, während ich die Verlegerin bin und lektoriere. Wir haben keine Hierarchie und arbeiten sehr gut zusammen, weil wir uns gegenseitig ergänzen.
Gab es einen besonderen Moment, in dem die Idee für Wasser Publishing geboren wurde?
Ja, im März 2023 saß ich mit meinem Partner in Venedig am Kanal und aus einem Impuls heraus sagte ich: „Ich werde irgendwann einen Verlag haben, und der wird Wasser heißen.“ Am selben Abend habe ich mir noch die Domains gesichert.
Wo sehen Sie den Verlag in fünf Jahren im Idealfall?
Ideal wäre, wenn er sich zu einem großen Teil selbst tragen würde. Wenn wir gemeinsam eine Struktur schaffen, die es ermöglicht, sechs Titel im Jahr zu machen. Dass man nicht mehr jeden zweiten Tag aufwacht und sich denkt, hoffentlich klappt das finanziell alles. Dass vieles sich organisch so entwickelt, dass ich nicht alles selbst anstoßen muss. Ich möchte, dass jeder in der Wasser-Community versteht, dass er oder sie eine Stimme hat und dass es keine Gefahr bedeutet, sie zu benutzen. Wohlwollender Austausch in einem sicheren Raum.
Und welches Buch hat kürzlich besonders Eindruck auf Sie gemacht?
Ein ganz besonderes Buch für mich ist „Die Wand“ von Marlen Haushofer. Es stand lange in meinem Regal, ohne dass ich es gelesen habe. Als ich es dann endlich las, konnte ich nicht mehr aufhören. Es ist ein Meisterwerk, hochaktuell und bewegt mich immer noch.
Stefanie Jaksch wurde 1979 in Erlangen in Deutschland geboren. Sie studierte Theater- und Medienwissenschaft und amerikanische Literaturwissenschaft. Erst war sie als PR-Beraterin im Theaterbereich tätig. Seit 2011 lebt sie in Wien und ist seither hier im Buchhandel und Verlagswesen tätig. Im Jänner 2024 gründete sie ihr eigenes Unternehmen "In Worten, Büro für Literatur- und Kulturarbeit". Im Jahr 2024 erschien ihr Buch "Über das Helle".
Wasser Publishing wurde im Jahr 2025 gegründet. Das Team besteht aus Stefanie Jaksch und Ursula Rinderer.
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