Die Nöte einer blinden Mutter

Die Nöte einer blinden Mutter
Wien: Angeblich zu hohe Sozialleistungen bezogen. Sozialamt will im dritten Anlauf 4615 Euro.

Desirée Pfeifer hat es nicht leicht. Die 26-jährige Mutter einer dreijährigen Tochter ist faktisch blind, hat vor einiger Zeit ihren Vater verloren und kann es sich nicht mehr leisten, in Wien zu wohnen. Die junge Frau ist deshalb nach Leonding, OÖ, gezogen.

Doch Wien holt sie regelmäßig ein – spätestens dann, wenn sie wieder einmal zu einem Gerichtstermin anreisen muss. Die Stadt Wien, konkret das Sozialamt, fordert nämlich 4615,85 Euro von ihr. So ganz klar ist das allerdings nicht. Im selben Schreiben belaufen sich die Forderungen dann „nur“ noch auf 3120,85 Euro. Angeblich hat Pfeifer zu hohe Sozialleistungen bezogen – die soll sie zurückzahlen.

Dritter Gang vor Richter

Zwei Mal hob das Landesverwaltungsgericht den Bescheid des Magistrats bereits auf. Jetzt gibt es den dritten.

Wie sich die Beträge zusammensetzen, das ist noch immer unklar. Und das wurde auch auf mehrere Nachfragen nicht restlos aufgeklärt. Selbst als die Richterin bei der jüngsten Verhandlung telefonisch Auskunft erbat, konnte man ihr keine Antwort geben. Pfeifer selbst hat nachgerechnet – und sie kommt auf völlig andere Beträge. Demnach sollte sie sogar Geld bekommen. Auch, weil ihr Leistungen gestrichen wurden.

Grund für das Schlamassel sind auch die zahlreichen Schicksalsschläge. Pfeifer ist seit Geburt an sehbehindert. Über Vermittlung des AMS begann sie eine Ausbildung als IT-Technikerin – die Sehkraft wurde dadurch noch schlechter. Ihr wurde mittlerweile eine 100-prozentige Behinderung attestiert.

Im Jahr 2016 wurde die kleine Victoria geboren, wenig später starb Pfeifers Vater. Und plötzlich wurden der Frau mehrere Leistungen ausgezahlt: Mindestsicherung, Karenzgeld, Waisenpension und Pflegegeld. Ein Teil vom Magistrat, ein Teil von der Pensionsversicherungsanstalt. Die beiden Stellen dürften sich nicht abgesprochen haben, wer welche Zahlung leistet, vermutet der Rechtsanwalt Gerold Beneder.

Zwei Mal hätte der Fall schon vor dem Verwaltungsgericht in Wien geklärt werden sollen. Zwei Mal erschien kein Vertreter des Sozialamtes. Die Bescheide wurden aufgehoben. „Vielleicht kann man der Frau einen dritten Durchgang vor Gericht ersparen“, hofft Beneder. „Dass man es einer jungen, schwer sehbehinderten Mutter so schwierig macht, ist nicht nachvollziehbar.“ Auch deshalb, weil Pfeifer durch die jahrelangen Verwaltungsverfahren entsprechende Kosten erwachsen sind. Das Geld ist ohnehin knapp.

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