Chiliöl und Hedonismus: Wiener sind ganz wild auf Betäubendes

Kulinarisch versierte Wienerinnen und Wiener sind gerade ganz wild auf "Mala"-Geschmack. Was zur Hölle…? – Ganz recht, denn mit Hölle hat es tatsächlich entfernt etwas zu tun. "Mala" ist mindestens so heiß und so scharf wie das Fegefeuer.
Konkret geht es aber um die traditionelle Gewürzmischung aus der chinesischen Sichuan-Küche, in Form von flammend-rotem Chiliöl. Hauptakteur: der Sichuan-Pfeffer. Dieser entfaltet sich prickelnd, betäubend und scharf im Mund. Die Zungenregion, die dieses Gewürz erkennt, muss zwar erst noch entdeckt werden, nichtsdestotrotz lässt es wienerische Zungen so richtig erzittern. Das macht wiederum süchtig, fast wie es die Störrigkeit eines guten Parfums tut.
"Mala"-Geschmack passt perfekt zum Leben in der Großstadt, wo die Sinne ob der übermäßigen Reize sowieso schon abgestumpft sind. Würze und Betäubung in Kombination könnten zudem als hedonistisch bezeichnet werden – sind das doch zugegebenermaßen auch Dinge, die Clubgehern und -innen wichtig zu sein scheinen.
Auf zum Naschmarkt
Der nächste logische Schritt heißt: Alle Segel Richtung Naschmarkt setzen, um dort in einem Sichuan-Lokal das angereicherte Öl mit handgezogenen chinesischen Nudeln zu schlürfen. Die Profis lassen den Chiliöl-Pott natürlich direkt am Tisch stehen, um gefährliche Mengen nachzulegen und dabei wissend zu nicken.
Auch im Asia-Markt des Vertrauens bekommt man das heiß nachgefragte Gut. Der berühmteste Ableger heißt "Chili-Crisp". Dieser lässt laut Internet wirklich alles merklich besser schmecken – also Eiscreme und jedes erdenkliche Protein.
Selber machen geht auch: Obacht, denn die Dosis macht das Chiliöl. Verschätzt man sich, so wie die Autorin, bei den karamellisierten Zwiebeln im Vergleich zum Rest (Sichuan-Pfeffer, Chiliflocken, Anis, Zimt, Kardamom, Lorbeerblatt, Ingwer, Nelken, Knoblauch, Pflanzenöl), kommt eher betäubende Chili-Marmelade à la mode heraus. Auch okay. Aber eines gäbe es dann schon noch zu sagen: Glutamat bitte nicht vergessen! Für den erwähnten Hedonismus wär’s.
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