Seit dem vergangenen Wochenende leuchtet übrigens wieder die ganze Leiter. Bei einem starkem Gewitter Anfang August war eine Leuchtstoffröhre kaputt gegangen. Jetzt ist alles gut. Die Himmelsleiter soll zumindest bis Ende September die Blicke auf sich ziehen. Vielleicht sogar länger.
Billi Thanner zeigt gerne, was sie schafft – und die Menschen, die sie unterstützen. „Das ist Philip“, sagt sie und tritt einen Schritt zurück. Philip Knoll solle auch einmal im Vordergrund stehen. Denn er vermietet nicht nur die Werkstatträume an sie, er fertigte als Lichtspezialist mit ihr die Himmelsleiter an (siehe Zusatzbericht unten).
Es könnte sein, dass die Installation für den Stephansdom nicht das letzte Lichtprojekt von Billi Thanner ist. Ideen für ein neues hat sie bereits, wie für vieles andere. Die Eingebungen kommen ihr meistens in der Früh. Da können ungewöhnliche Dinge dabei sein.
Sie kreierte Viren. Und das lange vor Corona. Es sind Kunstviren – mit Luxusstoffen überzogenen Koffer mit Kopf. Sie sollen gegen Pseudokunst antreten und eine sinnvolle Auseinandersetzung mit Kunst ermöglichen. Sie haben Namen wie Madame Gabrielle, Amore oder Elvis. Die Figuren wirken durchaus sympathisch. Von diesen Viren lässt man sich gerne befallen.
„Kunst braucht Betrachter“, sagt Thanner, „Kunst muss gesehen werden.“ Ihre war nicht nur in Österreich anzuschauen. Das Projekt „No Air-No Art“ wurde in Peking, im MoCA (Museum of Contemporary Art) gezeigt und in Schanghai. Es macht auf das Smog-Problem aufmerksam. Keine Luft – keine Kunst. „Was hast du mit dem Smog in China zu tun?“, wurde sie nicht nur einmal gefragt. „Ich mache das aus Überzeugung“, erklärt sie. Billi Thanner packte ihr Sachen und zog nach China.
Doch egal, wo sie schon war – und es waren viele Orte für viele Ausstellungen – eines fällt ihr immer wieder auf: „Nichts ist so schön wie Wien.“ Im fünften Bezirk ist sie daheim, hier arbeitet sie, hier hat sie ihre Ideen, hier sitzt sie in einem Gasthaus, um mit dem Künstler Daniel Spoerri zu essen.
Jedenfalls ist Billi Thanner eine gute Netzwerkerin. Viele Künstlerinnen und Künstler sind an ihren Performances beteiligt. Die Aktionen sind ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. So transportiert sie ihre Anliegen, wie Gleichberechtigung. So bringt sie ihre Themen wie Weiblichkeit und Frauenbilder ein.
„Kreative Köpfe finden zusammen. Sänger, Schauspieler, Tänzer“, erklärt Thanner. Schauspieler Peter Lohmeyer etwa badete für Billie Thanner in der Öffentlichkeit. Ihre Aktionsplattform nennt sie „Billi Thanner’s Art Army“. Die Art Army ist dort wo Billi Thanner ist. Sie regt zum Nachdenken an.
Thanner nimmt eine weitere Gehirnzelle, weiß und gepolstert. „Unverbraucht“, sagt sie. Da ist noch viel Platz für Neues.
Die Neon-Röhren leuchten, die Trafos brummen, der Dielenboden knarrt. Philip Knoll führt durch seine Lichtwerkstatt. Hier, im fünften Bezirk in Wien, entstehen beleuchtete Figuren, Buchstaben, Schilder. Schablonen liegen auf der Werkbank. Ein Glasbläser sorgt für die richtigen Biegungen, genau nach Vorgabe.
Nur noch wenige Menschen in Österreich erzeugen Neon-Schriften. Knoll hat einen der letzten Betriebe. der das macht. In Wien sind viele Schriftzüge – nicht nur in Neon – zu sehen, die er gebaut oder restauriert hat. Neon wird für Spezialprojekte wieder in – denn es leuchtet anders als LED. Das wissen auch Künstler und Künstlerinnen. Billi Thanner sitzt somit an der Quelle, sie hat sich bei Knoll eingemietet.
Sein Haus, von außen unscheinbar, wirkt anziehend – nicht nur auf Menschen mit Lichthunger. Immer wieder werden Immobilienmakler vorstellig, die das Gebäude kaufen wollen. Keine Chance.
Knoll bleibt hier.
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