Der Bezirksvorsteher des 22. Bezirks, Ernst Nevrivy (SPÖ), sorgt gerne für Schlagzeilen. Die nicht enden wollenden Berichte über den Kauf eines Kleingartens in Breitenlee freuen ihn wohl weniger.
Am Sonntag wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft weiterhin gegen ihn und eine weitere Person ermittelt. Es geht in dieser Causa um Amtsmissbrauch.
Rückendeckung erfährt der Politiker nun von einem Donaustädter, der sich in der Rechtsmaterie gut auskennt: Fritz Hauk wohnt seit 1980 in der Kleingartenanlage „Im Gestockert“, war 30 Jahre lang dessen Obmann und ist auch nicht erst seit gestern Vizepräsident des Zentralverbands der Kleingärtner und Siedler Österreichs.
Ein Insider erinnert sich
Hauk erzählt zuerst, dass er als Bub im Schotterreich in Breitenlee wild baden war. „In den 1970er-Jahren haben die Eigentümer, drei Bauern, begonnen, ihre Grundstücke auf 30 Jahre zu verpachten.“
Ein Siedlerverein entstand, es wurde gebaut, gewohnt, weiter gebadet, und die 30 Jahre zogen ins Land. Danach hat der Zentralverband die 130 Parzellen von den Bauern gekauft und praktisch zum selben Preis an die Kleingärtner weiterverkauft.
Die heute heftig geführte Debatte um die Umwidmung der Anlage in eine Gartensiedlung sieht Hauk anders als Nevrivys Kritiker: „Die Umwidmung wird schon seit 2012 angestrebt, scheiterte aber zunächst am Veto der damaligen grünen Planungsstadträtin und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.“
Der Kleingarten-Vize hat die weitere Entwicklung in Breitenlee aus nächster Nähe beobachtet. Dass der Kauf des SPÖ-Politikers direkt mit der Umwidmung zu tun hat, schließt Fritz Hauk aus.
Anders als zuletzt berichtet, geht es in Breitenlee auch nicht um eine Umwidmung in Bauland, sondern in eine Gartensiedlung, betont der Insider. Auch sie wertet die Grundstücke auf.
Grundsätzlich gelten für die rund 27.000 Parzellen auf dem Wiener Stadtgebiet eine Vielzahl von rechtlichen Rahmenbedingungen, so der lang gediente Funktionär des Zentralverbands. Hier daher die wichtigsten Eckpfeiler:
Gartensiedlung: Sie erlaubt den Bewohnern den größten rechtlichen Freiraum: „Eine Gartensiedlung gilt bereits als reines Wohngebiet. Hier darf grundsätzlich größer und höher gebaut werden, auch das Parken des Autos ist in der Siedlung erlaubt.“
Kleingarten: Der Klassiker in Wien. „Eine Parzelle kann je nach Widmung gepachtet, gemietet oder auch gekauft werden“, erklärt Fritz Hauk. Aus gutem Grund fügt er hinzu: „Gemietet darf nur von einem Eigentümer werden.“ Immer wieder gäbe es auch illegale Vermietungen, was im Übrigen mit dem Verlust des Pachtrechts geahndet werden kann. Seit dem Jahr 1995 dürfen Kleingärtner ihren Hauptwohnsitz auch in ihren Garten verlegen.
Winterfeste Häuser sind in den Anlagen auch erlaubt, jedoch gelten – abhängig von der jeweiligen Widmung – bauliche Limits: Ein Kleingartenhaus darf in der Regel nicht höher als 5,50 Meter gebaut werden, der Keller darf maximal 83 m2 groß sein, das Erdgeschoß und ein erster Stock maximal 50 m2.
Kleingärten in Wien sind nicht erst seit der Pandemie begehrt. Der Bürgermeister wohnt in einem, mehr als 80.000 Menschen ebenso. „Das ist ein relativ leistbarer Luxus“, weiß Siedler Fritz Hauk aus eigener Erfahrung.
EBH: Hinter diesem Kürzel verbirgt sich das Wortungetüm „Erholungsgebiet Badehütten“. Ein EBH war zum Beispiel die schöne Anlage in Breitenlee, als der Bezirkschef der Donaustadt sein Anwesen erworben hat. Auch an der Alten Donau stehen zahlreiche Badehütten. Viele Widmungen sehen vor, dass nur rund 30 m2 oberirdisch verbaut werden dürfen.
Prekarium: Hat heute schon Seltenheitswert in Wien. Es besteht meist aus einer Mini-Holzhütte (kleiner als 20 m2) auf einem Mini-Grundstück ohne eigenen Wasser- und Stromanschluss.
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