Allein unter Männern: Zwei Frauen bauen den ersten innerstädtischen Ikea Österreichs

Zwei Frauen in Sicherheitswesten und Helmen stehen vor einer Baustelle.
Im Spätsommer 2021 eröffnet Ikea am Westbahnhof. Verantwortlich dafür sind Adela Beganovich und Sandra Sindler-Larsson.

Es staubt.

Es surrt.

Es riecht nach zerbröselten Ziegelsteinen.

Und es tropft Wasser über das Gerüst  auf den Gehsteig.  

Das Wasser kommt vom Schlauch, mit dem die Wand des sogenannten „Blauen Hauses“ am Westbahnhof besprüht wird. 

Zwei Bagger reißen ein Gebäude ab, während ein dritter Bagger Staub mit Wasser besprüht.

Bekannt ist den Wienerinnen und Wienern dessen Fassade spätestens seit der Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Als im und hinter dem Blauen Haus das Spendenlager für durchreisende und ankommende Flüchtlinge eingerichtet war.

Nun muss das Haus weichen. An seine Stelle tritt Wiens erster innerstädtischer Ikea. Sieben Stockwerke hoch mit Dachterrasse und Rooftop-Café.

Ein modernes IKEA-Gebäude mit viel Grün in einer städtischen Umgebung.

Die 3000 Quadratmeter große Baustelle zwischen Europaplatz, Äußerer Mariahilfer-, Gerstner- und Felberstraße ist  die aktuell  größte im dicht bebauten Gebiet des 15. Bezirks. Verantwortlich für die Baustelle sind zwei Frauen: Adela Beganovich und Sandra Sindler-Larsson.

Beganovich ist 31 Jahre alt, Construction Project Managerin – also Hochbauingenieurin – und als Projektmanagerin für den Abbruch des bestehenden Hauses verantwortlich.

Sindler-Larsson ist 48, Architektin, und koordiniert  als Projektmanagerin  das Gesamtprojekt. Sie stimmt die Planung mit den Schweden und dem Architektur-Büro, das den Zuschlag für die den City-Ikea bekommen hat, ab.

Zwei Frauen in Sicherheitswesten stehen vor einem Bagger und den Überresten eines abgerissenen Gebäudes.

Damit hat in den beiden wichtigsten  Bereichen des Großprojekts – der Planung und dem Bau –  jeweils eine Frau das Sagen. Und obwohl das in Österreich noch längst nicht Usus ist, ist es für die beiden Frauen nichts Besonderes.

Sindler-Larsson  hat 15 Jahre lang in Schweden gelebt. „Da sind Frauen in Führungspositionen völlig normal. Genauso, dass sie nach der Geburt  ihrer Kinder wieder arbeiten gehen und dafür nicht verurteilt werden“, sagt sie. Beim schwedischen Möbelhaus seien Frauen in Spitzenpositionen  völlig normal. 

Eine Frau in Sicherheitsweste hält einen Bauplan vor einem abrissreifen Gebäude.

Architektin Sandra Sindler-Larsson

„Das Frau-Sein fällt nicht auf“, sagt Baustellen-Managerin Beganovich. Zumindest nicht mehr.  In der  HTL war Beganovich eine von nur drei Frauen  in ihrer Klasse – mit 27 Männern.  Danach hat sie Jus studiert, aber ihr Studium hingeschmissen – sie wollte  doch auf die Baustelle. 

Am Westbahnhof arbeitet sie nun ausschließlich mit Männern. Und ist noch dazu deren Chefin.  Beganovich  fährt mit schwerem Gerät und muss Entscheidungen treffen. Zum Beispiel, dass  die beiden obersten Stockwerke in Kleinstarbeit abgetragen werden. Weil die Bausubstanz des „Blauen Hauses“ so bröselig ist, kann es nicht „einfach so“ abgerissen werden. Jedes Kabel, fast jeder Ziegel, jeder Holzbalken muss vorsichtig herausgezogen werden. Alles andere wäre  zu gefährlich.  

Als höchste Frau am Bau habe Beganovich jedenfalls  keine Probleme. Weder mit Mitarbeitern, noch mit externen Baufirmen. „Es geht um die fachliche Kompetenz“, sagt sie.  Sobald ihr Gegenüber merkt, dass sie sich auskennt, bei dem, was sie tut, ist  ihr Geschlecht kein Thema mehr.

 

Eine Frau mit Schutzhelm und Warnweste steht vor einer Baustelle mit einem Bagger im Hintergrund.

Hochbauingenieurin Adela Beganovich

Übrigens: Die Baustelle des Krankenhaus Nord war nicht die einzige, für die ein Energetiker seine Dienste angeboten hat. Zwar wurde Architektin Sandra Sindler-Larsson kein „Schutzring“ für den Ikea nahegelegt. Allerdings sei die Umgebung „voll schlechter Strahlung“, wie ihr ein Energetiker sagte.

Um die schlechte Strahlung aufzuhalten, schlug er Sindler-Larsson vor, mehrere Tage (und Nächte) dort seine Runden zu drehen.

Die Architektin lehnte ab. „Was sonst“, sagt sie.   

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