Akademikerball: Rosenkranz wandte sich an Gäste, Kurzer Tumult bei Kundgebung

Akademikerball: Rosenkranz wandte sich an Gäste, Kurzer Tumult bei Kundgebung
Nationalratspräsident Rosenkranz und Wiens Landesparteichef Nepp in der Hofburg beim ehemaligen WKR-Ball.

Der "Akademikerball" in der Wiener Hofburg hat am Freitagabend erneut einige FPÖ-Prominenz angezogen. Neben Nationalratspräsident Walter Rosenkranz kamen u.a. Wiens Landesparteichef Dominik Nepp und Tirols Landesparteiobmann Markus Abwerzger zum Burschenschafterball. Dem Event fern blieb wie üblich FPÖ-Chef Herbert Kickl. Ebenfalls unter den Gästen: der Identitäre Martin Sellner.

Als offizieller Eröffnungsredner bei dem von Kritikern als internationales Vernetzungstreffen Rechtsextremer kritisierten Event trat heuer - anders als in den beiden vorangegangenen Jahren - nicht Rosenkranz selbst auf (im Vorjahr noch in seiner Funktion als Volksanwalt), sondern der Mediziner Jürgen Kammler von der Akademischen Burschenschaft Oberösterreicher Germanen in Wien.

"Vielen Dank an die PR-Abteilung in der vereinigten Antifa"

Rosenkranz selbst richtete allerdings auch einige Worte an die Ballgäste und zeigte sich dabei über den regen Zuspruch erfreut - laut Ballorganisator Udo Guggenbichler war das Tanzevent ausverkauft. Guggenbichler sprach vom "70. WKR-Ball, den wir heuer feiern dürfen". Rosenkranz betonte, er freue sich, dass so viele Paare wie schon lange nicht hier seien und nahm auf die Gegendemonstration Bezug: "Vielen Dank an die PR-Abteilung in der vereinigten Antifa", diese habe zusätzlich motiviert, den Ball zu besuchen.

Unter dem Motto "Feuer und Flamme dem Patriarchat: Kampf dem Sexismus in Hofburg und Staat" haben sich am Freitagnachmittag hunderte Gegnerinnen und Gegner des FPÖ-Akademikerballs bei der Wiener Hauptuni versammelt. Von dort starteten die Demonstrierenden ihren Protestmarsch um kurz über den Ring zum Stephansplatz. Dort fand um kurz nach 19.30 Uhr die Abschlusskundgebung statt. Die Polizei steht die ganze Nacht mit mehreren hundert Kräften im Großeinsatz. Nennenswerte Zwischenfälle blieben laut Polizei aus.

Kurz tumultartige Szenen

Dabei kam es kurz zu tumultartigen Szenen, als eine kleine Gruppe vermummter Demonstrantinnen und Demonstranten während der Abschlusskundgebung versuchte, die Innenstadt ohne Konsequenzen für ihre Vermummung zu verlassen. Es folgte ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Die Beamten kesselten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer letztlich ein, einige von ihnen wurden auf der Flucht niedergerungen. Es kam zu Identitätsfeststellungen aufgrund des Vermummungsverbots. Ein Sprecher der Landespolizeidirektion sprach gegenüber der APA von vier Festnahmen aufgrund des Widerstands gegen die Staatsgewalt. Eine vollständige Bilanz der Polizei war gegen 21.20 Uhr noch ausständig.

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Zuvor war der Demozug von der Hauptuni unter "Nazis raus"- und "Ganz Wien hasst die FPÖ"-Chören vom Schottenring über die Wipplingerstraße, den Hohen Markt und die Rotenturmstraße in die Innenstadt marschiert. Die Ringstraße war währenddessen abschnittsweise gesperrt.

Weniger Teilnehmer als in Vorjahren

Insgesamt dürften sich heuer deutlich weniger Menschen an der Demo beteiligt haben als in den Vorjahren. Die Organisatoren der "Offensive gegen Rechts" sprachen gegenüber der APA nach Demoende gegen 20.00 Uhr von rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Polizei verzichtete auf eine Bekanntgabe entsprechender Zahlen. "Ich gehe davon aus, dass mehr Menschen gekommen wären, wenn Herbert Kickl Kanzler geworden wäre", sagte Mitorganisator Axel Magnus der APA mit Verweis auf die gescheiterten Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ. Dass heuer auch eine zweite Kundgebung am Michaelerplatz stattfinde, sei ebenfalls eine "neue Situation", mutmaßte Magnus über den Grund für den geringen Andrang.

Man habe dennoch ein Zeichen gegen den Ball am Vortag des Internationalen Frauentags am 8. März setzen wollen, auch um auf "das rückständige Frauen- und Geschlechterbild der völkischen Burschenschaften hinzuweisen", so Magnus. Darüber hinaus solle - wie jedes Jahr auf die von Kritikern als Vernetzungstreffen Rechtsextremer bezeichnete Veranstaltung aufmerksam gemacht werden. "Einen solchen Ball wollen wir in den Prunkräumen der Hofburg nicht haben", sagte Magnus.

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Friedliche zweite Kundgebung

Der zweite Protest neben der etablierten Demo durch die Innenstadt fand schließlich um 19.00 Uhr am Michaelerplatz statt. Dort versuchten lediglich einige in Faschingskostümen verkleidete Ball-Gegnerinnen Gäste des Balles abzupassen und mit Gästen in Gespräche zum "Kakademikerball", wie eine verkleidete Demonstrantin nannte, zu kommen. Ansonsten verlief die Kundgebung am Michaelerplatz friedlich.

Die Polizei stand den ganzen Freitag sowie in der Nacht auf Samstag mit mehreren hunderten Beamtinnen und Beamten - auch von Einsatzeinheiten aus Niederösterreich und Oberösterreich im Einsatz. Weiters vor Ort waren zivile und uniformierte Kräfte, Bedienstete des Wiener Landesamts Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE), der Polizeidiensthundeeinheit sowie der Bereitschaftseinheit.

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Kritik von Grünen und weiteren Organisationen

  • Niki Kunrath, Menschenrechtssprecher der Wiener Grünen, sprach am Freitag in Bezug auf den Veranstaltungsort in der Hofburg von einem "fatalen Zeichen", das hier ausgesendet werde. "Für die Menschenrechtsstadt Wien ist es beschämend, dass der sogenannte 'Akademikerball' der Wiener FPÖ nach wie vor im Herzen Wiens stattfindet", sagte Kunrath in einer Aussendung.
  • Auch die JöH forderte am Freitag erneut die Absage des Balls seitens der Hofburg-Betreiber. Es sei "schockierend, dass deutschnationale Burschenschaften in den prestigeträchtigsten Räumen der Republik tanzen", sagte JöH-Präsident Alon Ishay.

Die JöH hatte im Vorfeld mit einem videoprojizierten "Countdown bis zum Nazi-Ball" auf das äußere Burgtor für Aufsehen gesorgt. Wie die Jüdische Hochschülerschaft am Freitag in einer Aussendung bekanntgab, sei die Projektion am Vorabend des Balls nach Aufforderung durch die Polizei entfernt worden. Die Polizei bestätigte der APA, dass eine Anzeige wegen Verhetzungsverdacht erstattet worden sei. Laut JöH soll Ballorganisator Udo Guggenbichler (FPÖ) die Projektion im Rahmen einer Kundgebung zuvor beobachtet haben.

Heftige Proteste 2014

Der Ball wurde in der Vergangenheit immer wieder von zum Teil heftigen Protesten begleitet. Insbesondere im Jahr 2014 kam es zu zahlreichen Sachbeschädigungen und auch zu einer erheblichen Anzahl an verletzten Demonstranten und Polizisten. In den Jahren danach beruhigte sich die Situation aber deutlich.

Der Unmut der Demonstranten richtete sich stets vorwiegend gegen deutsch-nationale Burschenschafter, die bereits seit 1952 die Veranstaltung ausrichteten und prägten. Bis 2012 wurde die Veranstaltung vom Wiener Korporationsring (WKR) organisiert. Nach Differenzen mit der Wiener Hofburg übernahm die FPÖ Wien die Organisation, die ihn dann in "Akademikerball" umtaufte.

FP-Gästeliste

Beim Eintreffen gesichtet wurden u.a. FPÖ-Volksanwältin Elisabeth Schwetz und FPÖ-"Urgestein" Andreas Mölzer sowie die Ex-ÖVP-Politikerin Ursula Stenzel, die 2015 auf einem FPÖ-Listenplatz bei der Wien-Wahl kandidierte und dann in den Wiener Landtag einzog.

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