Wenn Hähne kämpfen müssen
Gespenstisch
Ein Basketballplatz auf der Insel Bastimentos im Nordwesten Panamas, zwei Stunden nach Einbruch der Dunkelheit: In dieser gespenstischen Szenerie wird zwar nicht, wie man auf den ersten Blick meinen könnte, ein Mensch aufgeknüpft; aber es geht im Urlauber- und Surferparadies Bocas del Toro an diesem Abend trotzdem um Leben und Tod.
Volksfest
Im Rahmen eines sonst friedlich-fröhlichen Volksfestes sind auch Hahnenkämpfe angesetzt. Während dreihundert Meter weiter Einheimische und Touristen tanzen und lachen,...
Abwaage
...wummert hier Techno-Sound aus übersteuerten Boxen. Aus dem ganzen Land sind Züchter gekommen und bringen ihre Gockel zur Abwaage. Danach werden ungefähr gleich schwere Tiere für die zehn Auseinandersetzungen gepaart.
Vorfreude bei den Vorbereitungen
In Panama wird der Hahnenkampf in seiner brutalsten Ausformung praktiziert: Mit einem Messer wird den Tieren der Sporn, mit dem sie normalerweise ihre Rangordnungskämpfe austragen, entfernt. An seine Stelle werden mit Hilfe von Wachs und Verbandszeug rasiermesserscharfe Klingen aus Metall oder Schildpatt aufgesetzt.
Gemetzel
Mit diesen hacken die Hähne einander regelrecht in Stücke.
Aufgeputscht
Durch Anschreien, Schläge und Aufputschmittel wird das nun bewaffnete Federvieh aufgeganselt. Ein satter Spritzer Zitronensaft auf den verletzten Sporn steigert die Wut der Tiere zusätzlich.
Es geht ums Geld
Währenddessen sammelt der Kampfrichter den Treibstoff ein, der den Motor dieser Tierquälerei so richtig in Schwung bringt: Neben dem Prestige ist das nämlich vor allem Geld. Die Prämie für einen siegreichen Hahn ist mit 200 US-Dollar gar nicht so hoch, aber die Wetten rundherum sind ein gutes Geschäft.
Stromausfall
Zwei Dollar Eintritt hat jeder der gut hundert Zuschauer bezahlt, um dem Spektakel beizuwohnen zu können. Um einen Volkssport handelt es sich nicht – zumindest an diesem Ort sind hauptsächlich Halbstarke anzutreffen. Der Alkohol fließt reichlich, die Atmosphäre ist aufgeschaukelt. Als plötzlich der Strom ausfällt und alles dunkel wird, sind die Nerven zum Zerreißen angespannt.
Ballyhoo
Dann geht es los. Ein kurzes Vorgeplänkel,...
Der Instinkt: Es kann nur einen geben
...und schon stehen die Hähne einander im Ring gegenüber. Dieser ist so klein, dass die Tiere aufgrund ihres natürlichen Revierverhaltens instinktiv aufeinander losgehen. Die Züchter und das Publikum feuern sie fanatisch an.
Der Kampf
Mit den klingenbewehrten Spornen und den Schnäbeln gehen die Rivalen aufeinander los. Das geht rasend schnell, sodass die Tiere kaum noch voneinander zu unterscheiden sind.
Jedes Tier ist anders
Es gibt angriffslustige, muskulöse Hähne, und solche, die eher defensiv und dafür ausdauernd sind – was bei den bis zu zehn Minuten dauernden Duellen letztlich den Ausschlag geben kann. Manche kämpfen lieber in der Luft, andere suchen den Infight am Boden. Die Züchter richten ihr Trainingsprogramm entsprechend aus.
Kein Mitleid
Das Gemetzel geht so lange, bis ein Tier tot ist oder die Gegenwehr einstellt und reglos liegen bleibt. Der Sieger wird nach Möglichkeit wieder aufgepäppelt, der Verlierer einfach weggeworfen. Vollgepumpt mit Steroiden und Medikamenten, eignet er sich nicht einmal mehr für den Suppentopf, erklärt man uns.
Mitten im Naturparadies
Die beeindruckende Vielfalt von Panamas Flora und Fauna zieht viele Touristen an. Die Panameños sind darauf zu Recht stolz und haben ein Drittel ihres Landes in Nationalparks umgewandelt. Umso erstaunlicher ist es, dass eine Tierquälerei wie diese einfach hingenommen wird.
"Brauchtum"
Auf KURIER-Anfrage erklärt die in Wien ansässige Botschaft des mittelamerikanischen Staates, Hahnenkämpfe seien ein legaler Sport in Panama. Es gebe auch keinerlei Initiativen gegen die tief in der Kultur des Landes verwurzelte Tradition.
Es müsste nicht so sein
Richtig ist, dass Hahnenkämpfe seit rund 2.500 Jahren historisch belegt und vielerorts (v. a. in Südostasien, Mittel- und Südamerika) noch immer sehr populär sind. Bezüglich der "tiefen Verwurzelung" sei auf das Nachbarland Costa Rica verwiesen, das solche Veranstaltungen bereits vor fast 100 Jahren verboten hat. – Den Züchter im Bild wird das freilich nicht weiter jucken, hat er doch gerade ein gutes Geschäft gemacht.
Der "Gewinner"
Noch dazu ist sein Champion dem ersten Augenschein nach glimpflich davongekommen.
Neun weitere Duelle
Das Publikum ist mit dem Auftakt zufrieden und bewertet die erste Auseinandersetzung wohlwollend als leidenschaftlich. Die Spuren sind unübersehbar: Bereits nach diesem einen Kampf ist die Arena blutbefleckt, und es werden noch weitere Duelle folgen. Ohne uns.
Im Vorhof des Todes
Hinter den Zuschauerrängen sind die weiteren Hähne geparkt – in minimalem Abstand, damit sich schon im Vorfeld Aggressionen unter den Artgenossen aufbauen. Mindestens neun von ihnen werden an diesem Abend noch weggeworfen werden.
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