"Wir haben Glück gehabt"

Nemo" zeigte sich weniger schlimm als erwartet - trotzdem kamen bei dem Schneesturm an der US-Ostküste zehn Menschen ums Leben.
Der Blizzard hatte am Samstag Geschwindigkeiten von 120 Kilometern pro Stunde erreicht, bevor er dann auf den Ozean hinauszog. Für fünf Nordost-Staaten hatten die Behörden den Ausnahmezustand ausgerufen, 5000 Nationalgardisten waren alarmiert, tausende Räumtrupps rückten aus. Dennoch: Die schlimmsten Vorhersagen trafen am Ende nicht ein. Meteorologen hatten im Vorfeld gewarnt, der Sturm könne möglicherweise historische Ausmaße haben, sehr viele Menschenleben kosten und das öffentliche Leben über Tage lahmlegen.
"Nemo" war in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) mit heftigen Schneefällen und starken Windböen über den Nordosten der USA hinweg gerollt. Mehr als 650.000 Haushalte und Betriebe waren zeitweise ohne Strom - und viele Einwohner bei eisigen Temperaturen auch ohne Heizung. Mehr als 5000 Flüge und nahezu alle Zug- und Busverbindungen mussten gestrichen werden. Auf Autobahnen und Straßen ging wegen des wirbelnden Schnees zeitweise nichts mehr.
Stromausfälle

Metropolen wie Boston und New York kamen diesmal glimpflich davon. „Wir haben Glück gehabt“, sagte New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg. Sein Kollege aus Boston, Thomas Menino, sah das ähnlich. „Ich bin froh, berichten zu können, dass die Stadt den Sturm bislang gut überstanden hat.“ Schlimmer traf es jedoch ländliche Regionen besonders in Massachusetts und Connecticut, wo Hunderttausende Menschen zeitweise ohne Strom und Heizung waren. Einige Küstenregionen in Massachusetts mussten wegen Überschwemmungen evakuiert werden.
Todesopfer
Unter den insgesamt zehn Toten sind auch ein elfjähriger Bub und ein 20-jähriger Mann - sie starben in Boston an Kohlenmonoxidvergiftung, weil sie sich in Autos wärmen wollten, deren Auspuffe mit Schnee verstopft waren. Bei Autounfällen auf eisglatten Straßen kamen in New Hampshire, Connecticut und New York drei Menschen ums Leben. In Danbury in Connecticut rutschte ein Mann auf seiner verschneiten Veranda aus und wurde tot gefunden. Im Bundesstaat New York verunglückte ein Mann tödlich bei einem Unfall mit seiner Räummaschine. Zwei weitere Menschen in Connecticut starben ebenfalls beim Schneeräumen und ein Mann wurde tot unter einem Schneehaufen vor seinem Haus gefunden.

Flughäfen nahmen den Betrieb wieder auf, Räumtrupps nahmen Straßen und Autobahnen in Angriff.
Bilder von "Nemo
Der Name Nemo
Der TV-Sender US Weather Channel taufte das Unwetter "Nemo". Der Name gehe nicht auf den gleichnamigen Fisch im Disney-Film, sondern auf Jules Vernes Kapitän Nemo zurück. Trotzdem wirkt der Name Nemo nicht unbedingt angsteinflößend. Deshalb wird er von mehreren Wetterdiensten und Ansagern ausgelassen oder einfach mit einem anderen Namen ersetzt – in Connecticut hat eine lokale Wetterstation den Sturm kurzerhand auf Charlotte umgetauft.
Bei Blizzards gibt es bei der Namensgebung kein einheitliches Prozedere. Alles ist erlaubt, eine Folge nach dem Alphabet nicht notwendig, ein Name ist eigentlich nicht notwendig. Stürme werden nicht einheitlich benannt, weil ihre Auswirkungen für gewöhnlich weniger verheerend sind als z.B. bei Hurrikans – es gibt derzeit sechs von der World Meteorological Organization festgelegte Namenslisten, die im Turnus von sechs Jahren für Hurrikans zum Einsatz kommen.
Der von Twitter kürzlich gelaunchte Kurzvideo-Dienst Vine, eine Art Instagram für Videos, mutierte in der Nacht auf Samstag zum Blizzard-Sender.
Weitere Beispiele finden Sie hier.
Oktober 2011 Ein Schneesturm sorgt im Nordosten der USA für ein Verkehrschaos und massive Stromausfälle. Mindestens drei Menschen sterben. In New York wird laut CBS der stärkste Schneefall im Oktober seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1869 gemessen.
Februar 2006 Massive Schneefälle legen weite Teile des Nordostens der USA lahm. Der New Yorker Kennedy-Airport wird geschlossen. Im der Stadt fallen innerhalb kurzer Zeit 70 Zentimeter Schnee. Bürgermeister Michael Bloomberg rät, Autos stehen zu lassen, um den 2.500 Schneepflügen den Einsatz zu erleichtern.
Februar 2003 Ein schwerer Schneesturm zieht vom Mittleren Westen über den Nordosten der USA. Mindestens 42 Menschen kommen ums Leben, die meisten bei Verkehrsunfällen. Hunderttausende sind ohne Strom. Viele Straßen in den schwer betroffenen Staaten Pennsylvania, Illinois, West Virginia und Missouri sind wegen meterhohen Schnees unpassierbar. Die Flughäfen in New York, Washington und Philadelphia stellen den Betrieb ein. In Washington ruht zwei Tage die Arbeit der Bundesbehörden.
Dezember 2000 Der Mittlere Westen, der Südwesten und die Ostküstenregion der USA werden von heftigen Eis- und Schneestürmen heimgesucht. Mindestens 42 Menschen kommen ums Leben. Mehrere hunderttausend Haushalte sind ohne Strom.
Jänner 1998 Eine Kältewelle mit Stürmen und Schnee richtet im Osten Kanadas und der USA massive Schäden besonders an. Bis zu 46 Menschen sterben. Nach tagelangem Eisregen erklärt der damalige US-Präsident Bill Clinton den Nordosten der USA zum Katastrophengebiet. Fast vier Millionen Menschen sitzen bei Stromausfällen ohne Heizung, Licht und Wasser in ihren Häusern.
Jänner 1997 In den US-Bundesstaaten Nord- und Süddakota sowie Minnesota toben heftige Schneestürme. Die Unwetter und klirrende Kälte bringen 31 Menschen den Tod.
Jänner/Februar 1996 Bei dem in den USA als "Blizzard of '96" bekannten Schneesturm kommen insgesamt 243 Menschen ums Leben. An der Nordostküste des Landes sind Land- und Luftverkehr tagelang lahmgelegt. Die materiellen Schäden liegen bei über vier Milliarden Dollar (heute rund drei Milliarden Euro).
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