ROM

Papst Franziskus sprach Mutter Teresa heilig

Heute findet eines der größten Ereignisse in der bisherigen Amtszeit von Papst Franziskus statt. Mehr als hunderttausend Pilger am Petersplatz

Papst Franziskus hat die in Skopje geborene Nonne und Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa am Sonntag heiliggesprochen. Dem Ereignis bei strahlendem Sommerwetter wohnten circa hunderttausend Pilger auf dem Petersplatz in Rom bei. 13 Staats- und Regierungschefs beteiligten sich an der Zeremonie, die als Höhepunkt des vom Papst ausgerufenen "Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit" gilt.

Der Papst verlas vor der großen Menschenmenge feierlich die Formel, mit der Mutter Teresa in das Verzeichnis der Heiligen der katholischen Kirche aufgenommen wurde. Mutter Teresa war bereits 2003 in einem Schnellverfahren seliggesprochen worden, nachdem ihr der Vatikan eine erste Wunderheilung zugeschrieben hatte.

Der Papst hob in seiner Predigt Mutter Teresas "Berufung zur Barmherzigkeit" hervor. "Mit dieser Berufung stellt jeder Jüngling Jesu sein Leben zur Verfügung, um täglich in der Liebe zu wachsen", sagte Franziskus. Er unterstrich die wertvolle Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfer mit ihrer demütigen und bedingungslosen Arbeit für die Nächsten, die sich mit ihrem Handeln durch Mutter Teresa inspirieren ließen. "Wo eine Hand um Hilfe bittet, dort muss die Kirche sein, die unterstützt und Hoffnung verleiht", meinte der Papst.

In all ihrem Leben sei Mutter Teresa "freigiebige Spenderin der göttlichen Barmherzigkeit" gewesen. Sie habe das Menschenleben vom Anfang bis zum Ende verteidigt. "Sie hat sich um Kinder, sowie um Menschen gekümmert, die auf der Straße im Sterben lagen", so der Papst. Die Nonne habe die Mächtigen der Welt mit ihrer Verantwortungen gegenüber der Armut konfrontiert. "Barmherzigkeit war das Salz jeglicher Geste Mutter Teresas", betonte der Pontifex.

"Bedingungslose Liebe"

Die Mission der Nonne in den Stadtrandvierteln bleibe heute noch ein Zeugnis der Nähe Gottes zu den Armen. Mutter Teresa sei ein Beispiel von Heiligkeit für alle Gläubigen. "Ihre Heiligkeit ist uns so nahe, dass wir sie weiterhin Mutter Teresa nennen werden, auch wenn sie jetzt eine Heilige ist. Dank dieser unermüdlichen Dienerin der Barmherzigkeit begreifen wir, dass bedingungslose Liebe das Wesentliche ist", so Franziskus.

Papst Franziskus hatte im vergangenen Dezember eine medizinisch unerklärliche Heilung als Wunder anerkannt, das auf Fürsprache von Mutter Teresa geschehen sein soll. Angehörige eines Brasilianers, der an einem Hirntumor litt, hätten demnach im Jahr 2008 im Gebet Mutter Teresa angerufen; daraufhin sei der 35-Jährige auf wissenschaftlich nicht erklärbare Weise von seinem Tumor geheilt worden.

Nicht unumstritten

Die Ordensfrau war aber nicht unumstritten. Ihr wurde etwa vorgeworfen, versucht zu haben, verletzlichen Menschen den Katholizismus aufzuzwingen und mit ihrer strikten Ablehnung von Empfängnisverhütung und Abtreibung zum Elend der Armen beigetragen zu haben. Zahlreiche Beobachter bemängelten außerdem, ihr Orden helfe nicht dabei, die Ursachen der Armut zu beseitigen. Dies kehrte Mutter Teresa in die Aufforderung um, ihre Kritiker sollten Entwicklungsprojekte starten. "Ich leiste meinen kleinen Beitrag. Jeder soll das tun, was in seinen Kräften steht", sagte sie.

Selige und Heilige werden in der katholischen Kirche als Vorbilder christlichen Lebens verehrt. Im Dezember hatte Papst Franziskus einer Empfehlung der zuständigen Kongregation im Vatikan zur Heiligsprechung zugestimmt. Damit schrieb er ihr das dafür nötige zweite Wunder zu. Es soll sich dabei um die unerklärliche Heilung eines schwer kranken Mannes gehandelt haben.

Eine der schnellsten Heiligsprechungen

Die ersten Pilger sicherten sich bereits am frühen Morgen ihre Plätze. Delegationen aus mehreren Weltteilen beteiligten sich an der Heiligsprechung. Äußerst starke Sicherheitsvorkehrungen wurden ergriffen. Die Heiligsprechung ist eine der schnellsten in der jüngeren Kirchengeschichte. Ende 1998 setzte Papst Johannes Paul II. für Mutter Teresa das Kirchenrecht außer Kraft, wonach der Prozess zur Seligsprechung erst fünf Jahre nach dem Tod beginnen kann. Offiziell startete der Prozess im Juli 1999, im August 2001 wurde die erste Phase abgeschlossen. Die Seligsprechung im Oktober 2003 galt als Krönung der Feiern zum 25. Amtsjubiläum des Papstes, der Mutter Teresa außerordentlich schätzte.

Porträt von Mutter Teresa mit ihrem charakteristischen blauen und weißen Habit.
Die Dreharbeiten sollen Ende des Jahres in Indien beginnen. Regisseur und Hauptdarstellerin werden noch gesucht. Krantz sagte dem Blatt, dass er eng mit dem Mother Teresa Center zusammenarbeite.
Mutter Teresa wurde 1910 in einer albanischen Familie als Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje, im heutigen Mazedonien, geboren. 1929 kam sie nach Kalkutta. Dort gründete die Nonne, die ihr Leben dem Dienst an den Ärmsten der Armen verschrieben hatte, 1950 den Orden der "Missionarinnen der Nächstenliebe". Ihr unermüdlicher Einsatz in den Slums der indischen Millionenstadt Kalkutta für Arme, Kranke und Heimatlose machte sie weltweit bekannt. 1971 bekam sie von Papst Johannes XXIII den Friedenspreis des Vatikan. 1979 wurde sie mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
  • 1910: Geboren am 26. August unter dem Namen Agnes Gonxha Bojaxhiu in Skopje (heutiges Mazedonien)
  • 1928: Eintritt als 18-Jährige in den jesuitennahen Orden der Loreto-Schwestern, Ausbildung als Missionarin
  • 1929: Beginn als Novizin im indischen Darjeeling als Schwester Teresa (zur Erinnerung an die Heilige Therese von Lisieux)
  • 1937: Legt das letzte Ordensgelübde ab; nennt sich fortan Mutter Teresa
  • 1946: "Göttliche Eingebung" während der Zugfahrt von Kolkata nach Darjeeling und Entschluss, einen Missionsorden zu gründen
  • bis 1948: Lehrerin an Schule ihres Ordens in Kolkata
  • 1950: Gründung des Frauenordens der "Missionarinnen der Nächstenliebe"
  • ab 1952: Eröffnung von Kinderhäusern und Hospizen
  • 1979: Verleihung des Friedensnobelpreises
  • 1997: Mutter Teresa gibt die Ordensleitung ab
  • 5. September 1997: Mutter Teresa stirbt
  • 2003: Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II.

Seit vielen Jahren streiten sich drei Balkanstaaten - Albanien, Mazedonien und Kosovo - um den Titel "Heimat von Mutter Teresa". Albanien hatte sogar jahrelang vergeblich mit Indien verhandelt, um die Gebeine der neuen Heiligen zu ihrem 100. Geburtstag (2010) von Kolkata nach Tirana umbetten zu lassen.

Mazedonien begründet seine "Ansprüche" damit, dass die Nonne 1910 in Skopje geboren wurde. Damals hieß die Stadt allerdings noch Üsküp und war ein multikultureller Ort im Osmanischen Reich. Kosovo argumentiert, Teresas Mutter stamme von dort und sei dann ins heute benachbarte Albanien ausgewandert.

Die Mutter und die ältere Schwester der Nobelpreisträgerin (1979) sind auf dem Friedhof der albanischen Hauptstadt Tirana bestattet. Allerdings konnte sie die letzte Ruhestätte ihrer engsten Verwandten erst 1989 nach dem Sturz des fundamentalistisch-kommunistischen Systems besuchen.

Flughafen nach Mutter Teresa benannt

Und das sollte helfen, die "Ansprüche" durchzusetzen: Der Flughafen Tirana trägt den Namen der Nonne: "Nënë Tereza". Davor steht sie aus Bronze. In Skopje wurde ein "Erinnerungshaus" mit Dokumenten und Bildern eröffnet, weil ihr Geburtshaus nicht mehr steht. Die Flaniermeile in der Kosovo-Hauptstadt Pristina wurde nach ihr benannt mit Bronzestatue inklusive. Zu ihrem 100. Geburtstag wurde in der muslimisch geprägten Stadt die Mutter-Teresa-Kirche eingeweiht - ein für Kosovo-Verhältnisse überdimensioniertes katholisches Gotteshaus.

Heute bestreitet das slawisch dominierte Mazedonien, Teresas Vater sei wirklich Albaner gewesen. Er habe dem kleinen romanischen Volk der Zinzaren angehört, das aus seiner südostalbanischen Hochburg Moskopolje ("unser Jerusalem") im 18. und 19. Jahrhundert vertrieben wurde. Die Wohltäterin wurde noch zu Lebzeiten so zitiert: "Vom Blut her bin ich Albanerin, von der Staatsangehörigkeit her Inderin, nach dem Glauben Katholikin, und ich gehöre der ganzen Welt."

Selige werden in der Regel nur in regionalen Gemeinschaften oder Diözesen verehrt, Heilige haben hingegen eine Bedeutung für die katholische Kirche weltweit. In der Regel wird die Seligsprechung erst fünf Jahre nach dem Tod in die Wege geleitet. Mutter Teresa war eine Ausnahme, ihr Verfahren wurde bereits zwei Jahre nach ihrem Tod im Jahr 1997 angestoßen. Johannes Paul II. sprach sie am 19. Oktober 2003 selig, schneller als sonst üblich. Manche Heiligsprechungen dauerten mehrere Jahrhunderte, da das kirchliche Verfahren zur Anerkennung über viele Instanzen geht.

Zu den aussichtsreichen Kandidaten zählt, wer vom Volk verehrt wird. Um den offiziellen Weg zur Seligsprechung einzuläuten, muss der zuständige Bischof erst einen Antrag stellen. Dann beginnt das aufwendige Verfahren: Familienangehörige, Freunde und Zeitzeugen werden befragt, Schriftstücke ausgewertet. Außerdem wird überprüft, ob das Leben im "Rufe der Heiligkeit" und der Tugendhaftigkeit gestanden hat. Handelt es sich nicht um einen "Märtyrer" - also jemanden, der für seinen Glauben gestorben ist -, muss außerdem ein Wunder nachgewiesen werden. Als Beleg wird oft ein medizinischer Fall herangezogen, dessen Heilung auf den Kandidaten zurückgeführt wird. Der Betroffene muss nachgewiesen unheilbar krank gewesen, die Heilung medizinisch nicht erklärbar sein. Für die Heiligsprechung ist ein weiteres Wunder nötig.

Für die Selig- und Heiligsprechung gibt es im Vatikan eine eigene Kongregation, die auf Grundlage aller Informationen eine Empfehlung an den Papst ausspricht. Am Schluss entscheidet er, ob jemand den Status erhält. Papst Johannes Paul II. sprach in seiner Amtszeit 482 Menschen heilig, so viele waren in den 500 Jahren zuvor zusammen heiliggesprochen worden. Benedikt XVI. kam auf 45. Bei Franziskus sind es inzwischen auch mehrere Hundert, darunter allerdings alle 813 Einwohner des süditalienischen Otranto, die nach einem Osmanenangriff im Jahr 1480 hingerichtet worden waren.

Eine Heiligsprechung ist auch mit immensen Kosten verbunden. Inoffizielle Schätzungen gehen von mehreren zehntausend bis mehreren hunderttausend Euro aus. Die Kosten sind abhängig vom Umfang der Untersuchungen, der Anzahl der Gutachter, Historiker und Theologen sowie der Zeremonie. Eine Heiligsprechung mit einer Feierlichkeit auf dem Petersplatz soll laut Medienberichten unter Berufung auf US-amerikanische Geistliche rund 250.000 Dollar (224.000 Euro) kosten.

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