18 Monate Haft für Coulson in Abhörskandal

Das bereits eingestellte Boulevardblatt "News of the World" hatte 600 Mobiltelefone abgehört.

Im Prozess um die Abhörpraktiken des eingestellten britischen Boulevardblatts News of the World ist der frühere Chefredakteur Andy Coulson zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Dies verkündete das zuständige Gericht am Freitag in London. Coulson war ein enger Vertrauter und Pressesprecher von Regierungschef David Cameron.

Der Abhörskandal hatte hohe Wellen geschlagen, im Juli 2011 zur Schließung des Boulevardblattes geführt und Coulson zum Rücktritt von seinem späteren Posten als Pressesprecher von Cameron gezwungen. Letzteres gab der Affäre um das Abhören von mehr als 600 Mobiltelefonen besondere Brisanz.

Im Skandal um illegale Abhörpraktiken bei britischen Zeitungen aus dem Imperium von Rupert Murdoch beginnt am Montag der Prozess beim höchsten Strafgericht Old Bailey in London. Angeklagt sind der frühere Regierungssprecher von Premierminister David Cameron, Andy Coulson, sowie Camerons einstige Vertraute und Chefin der Verlagsgesellschaft News International Rebekah Brooks mit sechs weiteren Ex-Journalisten und Mitarbeitern aus ihrem Umfeld.

Das vor zwei Jahren eingestellte Boulevardblatt News of the World hat die Handy-Mailboxen von Prominenten und Ex-Verbrechensopfern abhören lassen, sowie Polizisten bestochen, um schneller an Informationen zu gelangen. Coulson und Brooks, die beide auch Chefredakteure des Blattes waren, bestreiten jede Schuld. Dabei wird ihnen vorgeworfen, dass sie nicht nur das Geld dafür lockergemacht hätten, sondern später auch versucht hätten, Beweise zu vernichten.

Der Skandal kam 2011 richtig ins Rollen, als der Fall von Millie Dowler bekannt wurde. Die Reporter hatten die Mailbox des ermordeten Kindes angezapft und durch das Löschen von Nachrichten dessen Eltern den Eindruck vermittelt, die Vermisste könnte noch leben.

"David Cameron hat seine Beziehung zu Rupert Murdoch über das gestellt, was richtig ist", tobt Oppositionschef Ed Miliband. Der Regierungschef schulde dem Land eine Erklärung.

Rebekah Brooks, 46, die frühere Chefredakteurin der inzwischen eingestellten britischen Skandalzeitung News of The World und spätere Verlegerin und enge Vertraute von Rupert Murdoch, wurde am Dienstag in elf Anklagepunkten freigesprochen. Sie hätte es sich wieder einmal richten können, behaupten viele Zeitungsleute. Ihre Kontaktpflege mit den Mächtigsten gehöre zu ihrem "Geschäftsmodell". Dafür muss David Camerons früherer Pressesprecher Andy Coulson vermutlich ins Gefängnis. Er war Brooks’ Nachfolger als Chefredakteur News Of The World, die zu Rupert Murdochs Medienreich gehörte.

Um an exklusive Geschichten zu kommen, wurden Handy-Mailboxen von Promis und Verbrechensopfern illegal abgehört, Polizisten bestochen und die Eltern eines ermordeten Kindes absichtlich in der Hoffnung gewogen, dass ihre kleine Tochter vielleicht noch leben könnte. Prinz William, Kate und Harry, Hugh Grant und Sienna Miller wurden abgehört. Während Coulson wegen Meineids noch vor Gericht muss, bekam Rebekah Brooks angeblich eine Abfertigung von umgerechnet 8,7 Millionen € plus ein Auto mit Chauffeur, als sie 2011 als Geschäftsführerin von Murdochs News International wegen des Skandals zurücktreten musste.

Englische Zeitungen berichten genüsslich, wie die hervorragende Reiterin David Cameron zur "schnellen, unberechenbaren Fahrt" gratulierte und dass der Premierminister ihr SMS-Nachrichten mit dem Gruß-Kürzel "lol" geschickt hat – weil er gedacht habe, dies bedeute "Lots of Love". Später zerrte die Staatsanwaltschaft einen von Brooks verfassten Liebesbrief ans Licht, der zeigt, dass sie eine Affäre mit Cousons Stellvertreter hatte. Ihr Ehemann Charlie, Trainer von Rennpferden und ebenfalls ein enger Freund des Premiers aus der Internatszeit in Eton, hatte in einer Tiefgarage versucht, einen Laptop verschwinden zu lassen. Die Anklage vermutete, auf der Festplatte hätten sie Beweise für Brooks Fehlverhalten finden können. Der Gatte wurde freigesprochen, weil er erklärte, er habe nur ein paar Porno-Bilder verschwinden lassen wollen.

David Camerons Freunde konnten ihren Kopf aus der Schlinge ziehen. Cameron entschuldigte sich für Coulson. Ihn einzustellen, war "eine schlechte Entscheidung".

Kommentare