Hurrikan "Matthew": Über 100 Tote auf Haiti
Auf der Karibikinsel Haiti sind durch den Hurrikan "Matthew" nach Regierungsangaben über hundert Menschen ums Leben gekommen. Es habe mindestens 108 Tote gegeben, sagte Innenminister Francois Anick Joseph am Donnerstag. Kurz zuvor hatte ein Abgeordneter gesagt, allein in der Gemeinde Roche-a-Bateau im Süden Haitis habe es mindestens 50 Tote infolge des Wirbelsturms gegeben.
Eingestürzte Häuser, umgeknickte Bäume, überflutete Straßen - der Hurrikan "Matthew" hat eine Schneise der Zerstörung durch den Westen von Haiti gezogen. "Der Sturm hat Dächer abgedeckt, Strommasten umgerissen, viele Leute haben in Kirchen und Schulen Schutz gesucht", sagte Augenzeugin Doris Wasmeier aus der Hauptstadt Port-au-Prince. "Jetzt beginnen die Aufräumarbeiten."
Am härtesten traf der Wirbelsturm der Kategorie 4 die Departments Sud und Grand'Anse im Südwesten des Karibikstaats. "Wir wissen noch nicht wie die Lage in der Region ist. Die Kommunikation ist zusammengebrochen und die wichtigste Verbindungsbrücke eingestürzt. Das Gebiet ist völlig abgeschnitten", erzählte die aus Heidelberg stammende Wasmeier, die nach dem schweren Erdbeben 2010 für die Caritas in Haiti arbeitete und derzeit privat im Land ist. An einer Furt überquerten Menschen zu Fuß den reißenden Fluss, wie auf einem Video der UN-Blauhelmmission Minustah zu sehen war.
Fotos des Zivilschutzes zeigten, dass sich Wege in schlammige Bäche verwandelt hatten. Rettungskräfte brachten Menschen teilweise huckepack in Sicherheit. Nicht alle Bewohner der Region hatten dem Evakuierungsbefehl der Regierung Folge geleistet, viele wohl aus Angst vor Plünderungen.
Die Nachwirkungen des Erdbebens
Trotz Aufbauhilfe in Milliardenhöhe nach dem schweren Erdbeben vor über sechs Jahren hat sich der völlig verarmte Karibikstaat noch längst nicht erholt. Noch immer leben Menschen in Zelten oder einfachen Hütten, die Versorgungslage ist schlecht, und abgelegene Ortschaften sind nur schwer zu erreichen.
Die wirtschaftlichen Schäden im Armenhaus Amerikas dürften enorm sein. "Vor allem die Landwirtschaft bereitet uns Sorgen. Dort verdienen die meisten Leute ihren Lebensunterhalt, und es ist noch immer Anbau-Saison", sagte der Regionalchef der Hilfsorganisation World Vision, John Hasse. "Wir haben von mehreren Dörfern gehört, die ihre ganze Bananen-Ernte verloren haben - und das noch nicht einmal in der am stärksten betroffenen Region."
Einsatzkräfte lokaler und internationaler Hilfsorganisationen versuchen nun, sich in das Katastrophengebiet durchzuschlagen. "Es soll versucht werden, neben der eingestürzten Brücke in den Süden eine Ersatzbrücke zu errichten", berichtete Wasmeier. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass mindestens 350.000 Menschen Unterstützung benötigen.
Warnung vor indirekten Folgen des Sturms
"Wir gehen davon aus, dass die südliche Halbinsel am schwersten getroffen ist, hier ist der Wirbelsturm direkt durchgezogen", sagte die stellvertretende Care-Länderdirektorin Laura Sewell, die in Funkkontakt mit einheimischen Teams steht. "Die Menschen leben dort in kleinen Häusern mit Dächern aus Bananenblättern oder Wellblech." Solche Unterkünfte könnten starken Regenfällen und Wind kaum standhalten.
Nachdem "Matthew" weiter nach Norden gezogen ist, warnen die Rettungskräfte vor allem vor den indirekten Folgen des Sturms. Es gehe jetzt vor allem darum, die Menschen mit sauberem Trinkwasser, notdürftigen Unterkünften und Hygieneartikeln zu versorgen, um eine Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden, hieß es. Nach dem schweren Erdbeben 2010 war in Haiti die Cholera ausgebrochen - Tausende Menschen starben.
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