Neue Spur bei Vierfachmord in Annecy
Wie der britische Guardian berichtet, hatte französische Ermittler herausgefunden, dass die Frau des Irakers Saad al-Hilli, der vor gut eineinhalb Jahren mit seiner Familie in den französischen Alpen ermordert wurde, einen "heimlichen" Ex-Ehemann aus den USA hatte. Dieser starb zufälligerweise an dem Tag, an dem die Al-Hillis - das irakischstämmige Ehepaar und die Mutter der Ehefrau - und ein Radfahrer in Annecy durch Kopfschüsse getötet wurden.
Interessante Verknüpfung
Laut dem leitenden Ermittler Benoit Vinnemann gebe es nun einige interessante Verknüpfungen zur Ehefrau Iqbal al-Hilli, "aber einige der Fragen sind bislang noch ohne Antworten".
Iqbal al-Hilli und der Amerikaner James T. heirateten und führten zwischen 1999 und 2000 eine Beziehung. Die Scheidung erfolgte kurz darauf. Die Familie der Ermordeten soll davon nie etwas mitbekommen haben.
Auf mysteriöse Weise starb der Amerikaner am 5. September 2012 in der Kleinstadt Natchez im US-Bundesstaat Mississippi. Offizielle Todesursache: Herzversagen. Just am selben Tag wurde auch die irakischstämmige Familie in den französischen Alpen getötet.
Neue Spur
„Gibt es ein Familiengeheimnis, das wir bisher nicht gefunden haben? Betrifft es Saad oder doch seine Frau Iqbal?“, fragt sich nun Vinnemann. Der Chefermittler geht der neuen Spur nach, kann sich derzeit aber keinen Grund vorstellen, das Massaker in den Alpen mit dem natürlichen Tod von James T. in Verbindung zu bringen, berichtet der Independent am Mittwoch.
Ermittlungen verlaufen im Sand
Unterdessen haben französische Ermittler bekanntgegeben, dass sie im Juni einen 35-jährigen Iraker in Nordfrankreich festgenommen haben. Als er schließlich bewiesen hatte, dass er zum Tatzeitpunkt nicht in Frankreich gewesen ist, wurde der Iraker wieder freigelassen. Er war bereits die dritte Person, die seit dem Mord an der Familie verhaftet wurde.
Auch Saad al-Hillis Bruder Zaid al-Hilli wurde wegen Streitigkeiten mit dem Ermordeten von britischen Ermittlern verdächtig. Die Briten konnten auch diesmal den Mordverdacht nicht mit Beweisen unterlegen und Zaid al-Hilli wurde wieder freigelassen.
Im letzten Februar dann hatten französischen Polizisten einen Durchbruch bei den Ermittlungen - zu voreilig - verkündet. Sie verhafteten einen 48-jährigen Franzosen, der auf seinem Motorrad nahe dem Tatort gesehen wurde. Aber auch bei diesem Verdächtigen verliefen die Ermittlungen im Sand.
Profi am Werk
Von Beginn der Ermittlungen an, sind sich die Behörden einigermaßen sicher, dass ein Profi am Werk war. Vor allem in französischen Medien wurde immer wieder von einem engagierten Berufskiller gesprochen. Dafür spricht, dass drei der Opfer mit jeweils zwei Kopfschüssen getötet wurden.
Doch wurde die Tat mit einer sehr alten Waffe verübt, einer Lugar P06, wie sie die Schweizer Armee und Polizei in den 1920er und 1930er Jahren verwendete. Für einen Profikiller sei das nicht unbedingt eine gängige Waffe, gaben Experten stets zu bedenken.
Ermittlungen zu den Morden nahe dem französischen Urlaubsort Annecy haben offenbar völlig neue Erkenntnisse und eine Wende gebracht. Das berichtete der ORF unter Berufung auf internationale Medien am Sonntagabend in der Zeit im Bild und auf seiner Homepage.
Nachdem lange die britische Familie als Ziel vermutet wurde, zeigte sich nun nach Analyse aller Spuren, dass der Mörder eigentlich hinter dem französischen Radfahrer her war, der lange als unbeteiligter Zeuge gegolten hatte, so der ORF.
Die erste Kugel traf laut dem Polizeibericht, der in der französischen Zeitung Le Parisien und dem britischen Blatt Daily Mail veröffentlicht wurde, den Radfahrer Sylvain Mollier. Offenbar wurde der Mörder von Saad al-Hilli, einem britisch-irakischen Familienvater der mit seiner Familie in den französischen Alpen auf Campingurlaub war, beobachtet.
Räder drehten durch
Als dieser mit seiner Frau Iqbal, der Schwiegermutter Suhaila al-Allef und den beiden Töchtern fliehen wollte, wurden auch sie vom Mörder getötet.
Den Spuren am Tatort nach dürfte der Täter zunächst Mollier, einem 45-jährigen Nuklearforscher, aufgelauert haben, der aus einer Ortschaft in der Nähe stammt und eine Radtour unternommen hatte, wie BBC-Reporter Christian Fraser aus Frankreich berichtete.
Offenbar wurden Hilli und seine siebenjährige Tochter Zeugen der Bluttat. In Panik rannten die beiden zum Auto zurück, doch als der Vater Vollgas geben wollte, geriet er mit der Hinterachse in ein Schlammloch, und die durchdrehenden Räder vereitelten die Flucht.
Mit einer automatischen Waffe tötete der Unbekannte die drei erwachsenen Insassen, traf die Siebenjährige an der Schulter und schlug sie mit der Waffe zusätzlich nieder. Doch sie überlebte wie auch ihre vierjährige Schwester, die sich im Fußraum des Autos hinter den Beinen ihrer Mutter verstecken konnte.
Hinrichtung
Dann wendete sich der Mörder wieder Mollier zu, der zu diesem Zeitpunkt noch gelebt haben dürfte. Er richtete den dreifachen Familienvater mit fünf Kopfschüssen regelrecht hin. Die Polizei beschreibt den Mörder in dem Bericht als skrupellos, aber zugleich als unorganisiert. Das lässt den Schluss zu, dass es sich nicht um einen Profikiller gehandelt haben dürfte.
Dieser Tathergang legt nahe, dass die Morde nicht wie anfänglich angenommen gegen die Familie gerichtet waren, sondern das Hauptziel Mollier war, der lange als unbeteiligter Zeuge gegolten hatte, der einfach "zur falschen Zeit am falschen Ort" war, wie es der französische Ermittlungschef Eric Maillaud einmal ausdrückte.
Für Nuklearfirma tätig
Mollier arbeitete für die Nuklearfirma Cezus, eine Tochterfirma der international tätigen Areva-Gruppe, die Hüllen für atomare Brennstäbe herstellt. Mollier könnte ein Doppelleben geführt haben. Deshalb wurde der 45-Jährige auch nicht wie von seiner Familie gewünscht verbrannt, sondern vorerst normal bestattet. So haben die Forensiker später noch die Möglichkeit, weitere Theorien am Leichnam zu überprüfen.
Doch zunächst konzentrierten sich die Ermittlungen hauptsächlich auf die Familie. Denn Hilli arbeitete für einen Rüstungskonzern, der Satelliten entwickelte, die zu Spionagezwecken eingesetzt werden. Doch sowohl Hausdurchsuchungen als auch Verhöre innerhalb der Verwandtschaft brachten keine Ergebnisse.
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Hintergrund
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