Prozess: Tod am Alexanderplatz

Ein Mann versteckt sein Gesicht hinter einer Zeitung mit dem Titel „Frankfurter“.
Prügelattacke. Weil er einen Streit schlichten wollte, musste Jonny K. sterben.

Genau sieben Monate ist es her, dass der 20-Jährige und seine Freunde an einem Sonntagmorgen mitten auf dem Berliner Alexanderplatz beruhigend auf eine Gruppe Jugendlicher einreden wollten. Stattdessen landete eine Faust in seinem Gesicht, Jonny K. ging zu Boden. Dort traten und schlugen die Jugendlichen so heftig auf den Wehrlosen ein, dass ihr Opfer wenige Stunden später an einer Gehirnblutung starb. Einer seiner Freunde wurde bei der Prügelattacke, die ganz Deutschland schockierte, schwer verletzt.

In Berlin begann am Montag der Prozess gegen sechs Verdächtige. Die Jugendlichen im Alter zwischen 19 und 24 Jahren müssen sich wegen Körperverletzung mit Todesfolge oder gefährlicher Körperverletzung verantworten.

Unter den Angeklagten ist auch Onur U., der sich monatelang in der Türkei versteckt hatte. Dieser wies zum Auftakt des Prozesses jegliche Schuld am Tod von Jonny K. zurück. „Ich habe ihn weder geschlagen noch getreten“, hieß es am Montag in der persönlichen Erklärung des 19-Jährigen, die sein Anwalt verlas. Er habe mit dem Tod des 20-Jährigen nichts zu tun, die anderen Angeklagten wollten alles auf ihn schieben, hieß es in der Erklärung weiter.

Treibende Kraft

Die Staatsanwaltschaft sieht dennoch in Onur U. die treibende Kraft der tödlichen Attacke. Monatelang hatte die deutsche Polizei erfolglos nach dem 19-Jährigen gefahndet. Erst das Einschreiten von Kanzlerin Angela Merkel dürfte den Stein ins Rollen gebracht haben. Sie fragte persönlich beim türkischen Premier Erdogan nach – wenige Wochen später stellte sich Onur U. dann doch der deutschen Justiz.

Im Prozess tritt die Schwester des Opfers, Tina K., als Nebenklägerin auf. Vor Gericht sah die 28-Jährige gestern erstmals die Schläger, die ihren Bruder zu Tode geprügelt hatten.

Tina K. wurde nach dem Tod ihres Bruders mit ihrem Einsatz gegen Gewalt und für Zivilcourage bekannt. „Ich will wissen, wer schuld ist“, sagte sie. „Ich hoffe, dass das nie wieder passiert. Die Jungs sollen sagen, was passiert ist, und sich nicht gegenseitig die Schuld geben.“

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