Beinahe 50 tote Migranten in einem Lkw in Texas gefunden
Schrecklicher Fund in glühender Hitze: Im Anhänger eines abgestellten Lkw am Rande der texanischen Großstadt San Antonio sind 46 vermutlich illegal in die USA gebrachte Migranten tot aufgefunden worden. Am Dienstag meldete ein örtliches Krankenhaus zwei weitere Tote. US-Medien zufolge handelt es sich um den tödlichsten Fall von Menschenschmuggel in der jüngeren US-Geschichte.
Ein Arbeiter hatte am Montagabend (Ortszeit) einen Hilferuf aus dem Anhänger gehört und schließlich die Leichen entdeckt, sagte der örtliche Polizeichef, William McManus. Die Zahl der unerlaubten Grenzübertritte war in den vergangenen Monaten rekordverdächtig hoch.
Keine Klimaanlage, kein Wasser
Mindestens 16 weitere Menschen, darunter auch Kinder, seien zunächst mit Hitzeerschöpfung und offensichtlicher Dehydrierung in ein Krankenhaus gebracht worden, hieß es weiter. Es habe keine sichtbare funktionierende Klimaanlage in dem Anhänger gegeben, sagte der Feuerwehrchef von San Antonio, Charles Hood. "Sie fühlten sich heiß an, hatten einen Hitzschlag, es gab keine Anzeichen von Wasser im Fahrzeug", sagte er über die Opfer. In San Antonio war es am Montag um die 40 Grad heiß. Drei Menschen seien festgenommen worden. "Wir wissen nicht, ob sie wirklich etwas mit der Sache zu tun haben oder nicht", sagte Polizeichef McManus. Die Ermittlungen seien an die Bundesbehörden gegeben worden.
22 Mexikaner, sieben Guatemalteken und zwei Menschen aus Honduras seien unter den Todesopfern. Die anderen Toten konnten zunächst nicht identifiziert werden. Der Zwischenfall ist einer der tödlichsten an der US-mexikanischen Grenze.
San Antonio ist ungefähr 250 Kilometer von der mexikanischen Grenze entfernt. Die US-Behörden haben allein im Mai gut 239 000 Menschen an der Grenze zu Mexiko aufgegriffen. Die Zahl könnte bis September auf mehr als zwei Millionen steigen - das wäre ein Rekordwert an Festnahmen innerhalb eines Jahres. Die Menschen kommen mehrheitlich aus Südamerika. Zuletzt war aber auch die Zahl der Migranten aus der Türkei, Indien, Russland und der Ukraine angestiegen.
Kriminelle Schleuserorganisationen, die innerhalb der USA tätig sind, transportieren Migranten oft in Lastwagen, nachdem sie die US-Grenze bereits überquert haben. So sollen sie an Straßenkontrollpunkten in der Nähe der Grenze vorbeigeschleust werden. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder tödliche Vorfälle - aber der aktuelle Vorfall gilt als der mit den meisten Todesopfern. Im September hatten sich Tausende Migranten im texanischen Del Rio an der Grenze zu Mexiko unter einer Brücke versammelt. Das aggressive Zurücktreiben der Migranten durch US-Grenzschützer auf Pferden am Grenzfluss Rio Grande sorgte damals international für Empörung.
Vorwürfe
"San Antonio ist ein Tor zu Amerika. Und so kommt es immer wieder zu solchen Vorfällen", sagte der Bürgermeister der Stadt, Ron Nirenberg. Er machte der US-Regierung schwere Vorwürfe. Der Verlust von Menschenleben sei ein "Produkt der jahrzehntelangen Untätigkeit der Regierung". Es gehe dabei nicht um eine bestimmte US-Regierung. "Aber es ist einfach eine traurige Ironie und eine traurige Wahrheit, dass wir Millionen von unbesetzten Arbeitsplätzen haben, Tausende in unseren eigenen Gemeinden, weil es einfach nicht genug Arbeitskräfte gibt", sagte Nirenberg. Gleichzeitig gebe es keinen Weg, Menschen, die arbeiten wollten, in diese Jobs zu bringen.
Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, sprach von einem "absolut schrecklichen und herzzerreißenden" Vorfall. US-Präsident Joe Biden werde regelmäßig darüber auf dem Laufenden gehalten. Auch international sorgte der schreckliche Fund für Entsetzen. Es sei nicht die erste Tragödie dieser Art, erklärte die Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros, Ravina Shamdasani. Sie verdeutliche, dass es sichere Wege für Migranten geben müsse.
Aktuell wird Migranten an der US-Grenze das im internationalen Recht wie auch im US-Gesetz verankerte Recht auf Asyl verwehrt. Die Title 42 genannte Handhabe sieht vor, dass die meisten Migranten ohne Papiere an der Grenze sofort abgewiesen werden, ohne auch nur einen Asylantrag stellen zu können. Begründet wird das mit der Pandemie. US-Präsident Joe Biden wollte die Beschränkung aufheben - ein Richter blockierte dies allerdings.
Der Fall erinnert an die österreichische Flüchtlingstragödie von 2015. Am 27. August 2015 hatte ein Mitarbeiter der Asfinag auf der Ostautobahn (A4) bei Parndorf einen etwa 7,5 Tonnen schweren Kühl-Lkw entdeckt, der in einer Pannenbucht abgestellt war. In dem Lastwagen befanden sich die Leichen von 71 Flüchtlingen. Die drei Haupttäter wurden inzwischen zu lebenslangen Haftstraßen verurteilt.
In dem Anhänger habe sich kein Wasser befunden, sagte Hood weiter. Zwar habe es sich um einen Kühllaster gehandelt; es sei aber keine Kühlanlage am Laufen gewesen.
Die Behörden gaben drei Festnahmen bekannt. Der Lastwagen wurde nahe der Autobahn Interstate 35 gefunden, die zur Grenze zu Mexiko führt. Immer wieder werden von Mexiko aus in Lastwagen versteckte Migranten in die USA geschleust. Von San Antonio zur Grenze zum Nachbarland sind es etwa 250 Kilometer. 2017 waren in der Großstadt ebenfalls in einem Anhänger zehn tote Migranten entdeckt worden, dutzende Menschen mussten ins Krankenhaus.
Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard sprach am Montag mit Blick auf die 46 Toten von einer "Tragödie". Er kündigte an, der mexikanische Konsul werde sich zu dem Unglücksort begeben, auch wenn die Nationalität der Opfer noch nicht bekannt sei.
"Schuld trägt Biden"
Der erzkonservative Gouverneur von Texas, Greg Abbott, machte derweil die Migrationspolitik von Präsident Joe Biden für den Tod der 46 Migranten verantwortlich. "Diese Todesfälle sind Bidens Schuld", erklärte Abbott im Kurzbotschaftendienst Twitter. Sie seien "das Ergebnis seiner tödlichen Politik der offenen Grenzen", erklärte Abbott. Es habe "tödliche Konsequenzen", geltendes Recht nicht durchzusetzen.
Die oppositionellen Republikaner werfen Biden vor, in der Migrationspolitik und bei der Sicherung der Südgrenze einen zu laxen Kurs zu fahren. Sie wollen dieses Thema auch im Wahlkampf für die Kongress-Zwischenwahlen im November für sich nutzen.
Erinnerung an Österreich
Der Fall erinnert an die österreichische Flüchtlingstragödie von 2015. Am 27. August 2015 hatte ein Mitarbeiter der Asfinag auf der Ostautobahn (A4) bei Parndorf einen etwa 7,5 Tonnen schweren Kühl-Lkw entdeckt, der in einer Pannenbucht abgestellt war. In dem Lastwagen befanden sich die Leichen von 71 Flüchtlingen. Die drei Haupttäter wurden inzwischen zu lebenslangen Haftstraßen verurteilt.
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