Auktionsrekord erwartet: Fabergé-Winterei wird in London versteigert
Das Auktionshaus Christie’s versteigert nächsten Monat in London das 1913 gefertigte Winterei des Hauses Fabergé. Das Winterei kommt mit einem Schätzwert von „über“ 20 Millionen Pfund (26 Millionen Dollar oder rund 23 Millionen Euro) unter den Hammer.
Es könnte den bisherigen Auktionsrekord - und seinen eigenen aus dem Jahr 2002 - übertreffen. Dass das Objekt unter den Hammer kommt, gilt als enorm seltenes Ereignis. Immerhin sind nur drei der 50 Eier in " wirklich privater Hand" und können so realistisch überhaupt je erworben werden. Das Winterei ist eines davon.
Von den insgesamt 50 zwischen 1885 und 1916 für die Zaren Alexander III. und Nikolaus II. gefertigten kaiserlichen Eiern gelten sieben als verschollen. Die meisten übrigen befinden sich in Institutionen und Museen.
Fabergé: Seltenes Ei, seltener Verkauf, feinste Gestaltung
Christie’s begründet die Schätzung neben der Seltenheit auch mit der Gestaltung des Objekts. Das Winterei besteht aus klarem Quarz und wirkt, als sei es aus Eis geschnitzt und mit Reif überzogen; gravierte Schneeflocken sind mit Rosenschliff-Diamanten besetzt, Platin läuft am Sockel herab. „Es ist, als hielte man einen Eisbrocken in der Hand“, sagte Fabergé-Experte Kieran McCarthy gegenüber CNN. „Es ist wie Alchemie rückwärts – kostbare Materialien werden in einen Moment der Natur verwandelt.“ Im Inneren befindet sich als „Überraschung“ ein hängender Korb mit Buschwindröschen: Blüten aus weißem Quarz, Stiele aus Nephrit, in den Staubgefäßen grüne Granate.
Zar Nikolaus II. ließ das Winterei als Geschenk für seine Mutter, die Kaiserwitwe Maria Feodorovna, fertigen. Die Entwürfe der kaiserlichen Eier stammten nicht vom Zaren; sie wurden jährlich neu beauftragt. Die Entwurfsarbeit für das Winterei geht auf Alma Pihl zurück, eine der wenigen weiblichen „Workmasters“ im Hause Fabergé, die seit 1908 im Atelier ihres Onkels, des Chefjuweliers Albert Holmström, tätig war. Der oft erzählte Ursprung der Idee – Eiskristalle am Werkstattfenster hätten Pihl zu der Gestaltung inspiriert – sei „möglich“, so Christie’s; McCarthy sagte, es gebe „keinen wirklichen Grund, daran zu zweifeln“. Holmström setzte den Entwurf mit einem Team von Juwelieren um.
Nach Angaben von Christie’s spiegelt die Schätzung auch die historische Bewertung wider. Nikolaus II. bezahlte 24.600 Rubel – den dritthöchsten Betrag, den Fabergé je für ein Werk berechnete; die beiden teureren Eier befinden sich in Museen, sagte Margo Oganesian, Leiterin der Abteilung Fabergé und russische Kunstwerke bei Christie’s.
Sie bezeichnete das Winterei als „das spektakulärste, künstlerisch einfallsreichste und ungewöhnlichste“ der 50 kaiserlichen Eier und erklärte, „das Design ist zeitlos – es ist so modern“. McCarthy verwies auch auf die handwerklichen Herausforderungen: Klarer Quarz sei spröde und schwer zu bearbeiten; die rund 4.500 Diamanten seien so klein, dass sie „keinen intrinsischen Wert“ hätten. „Der Wert entsteht rein aus dem künstlerischen Ausdruck und der Verwendung, um die Idee von Reif zum Funkeln zu bringen“, erklärte er.
Veräußert nach Russischer Revolution
Nach der Oktoberrevolution veräußerte der sowjetische Staat zahlreiche Kunstschätze. Das Winterei gelangte in den späten 1920er- oder 1930er-Jahren für 450 Pfund an Wartski (britischer Antiquitätenhändler mit Fokus auf die Arbeiten Peter Carl Fabergés), wechselte danach mehrfach zwischen britischen Privatsammlungen und galt ab 1975 fast zwei Jahrzehnte als verschollen.
1994 tauchte es wieder auf und erzielte bei Christie’s in Genf über 7,2 Millionen Schweizer Franken (damals 5,6 Millionen Dollar) – ein Auktionsrekord für ein Fabergé-Ei. 2002 brach es den eigenen Rekord bei Christie’s in New York mit 9,6 Millionen Dollar. Der Käufer von 2002 wurde von Christie’s als „Adliger“ bezeichnet; nach Angaben des Auktionshauses ist er der Einlieferer der aktuellen Versteigerung.
US-Zölle und Russland-Sanktionen beeinflussen Markt
Zur Marktaufnahme sagte McCarthy, die beiden großen Fabergé-Märkte der vergangenen Jahrzehnte – die USA und Russland – seien derzeit „stark beeinträchtigt“. Ein Import in die USA würde einen Zoll von 35 Prozent auslösen. Russland unterliegt strengen Sanktionen; bereits ein „vernünftiger Verdacht“, dass Vermögenswerte dort landen könnten, stelle einen Verstoß dar. „Es hätte potenziell keinen schlechteren Zeitpunkt geben können, um dieses Ei zu verkaufen“, sagte er. In der jüngeren Vergangenheit seien Museen im Nahen Osten ein naheliegendes Ziel gewesen, ob es dafür aktuell eine Nachfrage gebe, wisse er nicht. Die „natürliche Destination“ wäre unter anderen Umständen Russland, „Institutionen in Russland, da bin ich sicher, würden es mögen. Aber natürlich sollten sie es nicht kaufen, technisch gesehen.“
Christie’s erklärte gegenüber CNN, das Auktionshaus betreibe ein „globales Programm zur Bekämpfung von Geldwäsche und zur Einhaltung von Sanktionsvorschriften“ mit Kundenprüfung und Screening. Ob zusätzliche Maßnahmen greifen, um einen Erwerb über russische Mittelsmänner auszuschließen, bestätigte das Unternehmen nicht. „Wir halten uns weiterhin an alle einschlägigen AML- und Sanktionsgesetze, einschließlich etwaiger Verbote für Luxusgüter“, hieß es in der Mitteilung des Auktionshauses.
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