Die filmreife Flucht des ehemaligen Autobosses in den Libanon

Carlos Ghosn und seine Frau Carole
Carlos Ghosn wurde im Instrumentenkasten eines Kontrabass aus seinem Hausarrest in Tokio geschmuggelt und kam im Privatjet nach Beirut.

Die Flucht des ehemaligen Automanagers Carlos Ghosn aus Japan hat Ermittlungen auch in der Türkei ausgelöst. Ghosn war in einem Privatjet von Japan über Istanbul in den Libanon geflogen; der türkische Nachrichtensender NTV berichtete am Donnerstag, das Innenministerium habe Ermittlungen dazu angeordnet, wie Ghosn die Türkei als Durchreiseland habe nutzen können.
Laut der türkischen Nachrichtenagentur DHA wurden sieben Menschen, darunter vier Piloten, in Istanbul zur Befragung festgenommen.

Der Ex-Topmanager Ghosn besitzt die französische, die brasilianische und die libanesische Staatsangehörigkeit. Er benutzte bei seiner Flucht nach AFP-Informationen einen von zwei französischen Pässen.

Wie Reuters von zwei mit der Sache vertrauten Personen erfuhr, wurde Ghosn von einer privaten Sicherheitsfirma aus Tokio geschmuggelt. An dem Plan wurde drei Monate gearbeitet. Ghosns zweite Frau Carole hatte dafür offenbar viel Geld bezahlt.

Ghosn, der in Japan seit April unter strengem Hausarrest stand, bekam zu den Weihnachtsfeiertagen Besuch. Eine als Musiker getarnte paramilitärische Gruppe war in sein Haus gekommen, um ihm ein Ständchen zu spielen, berichtete das libanesische Portal MTV. Die filmreife Flucht gelang dann im Instrumentenkasten eines Kontrabass, in den sich ein erwachsener Mann hineinkauern kann. In Beirut wohnt Ghosn jetzt in einer Luxusvilla, die von den libanesischen Behören bewacht wird. Der ehemalige Renault-Manager hat in seiner Heimat nichts zu befürchten.

Die filmreife Flucht des ehemaligen Autobosses in den Libanon

Das Ghosn-Anwesen in Beirut

Ghosn zur Rückkehr zu zwingen wird schwierig, da Japan lediglich mit den USA und Südkorea Auslieferungsabkommen hat. Im Libanon genießt er Unterstützung aus höchsten Kreisen. Auf den Straßen hängen sogar Plakate, die Ghosn als einen der Ihren bezeichnen.

Die filmreife Flucht des ehemaligen Autobosses in den Libanon

Plakataufschrift: "Wir sind alle Ghosn"


Frankreichs Regierung erklärte am Donnerstag, sie würde Ghosn nicht ausliefern, sollte er dorthin einreisen.

„Wenn Monsieur Ghosn in Frankreich ankommt, werden wir ihn nicht ausliefern, weil Frankreich niemals seine Staatsbürger ausliefert“, sagte Wirtschafts-Staatssekretärin Agnes Pannier-Runacher im Sender BFM.
Ghosn war im November 2018 in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, Firmenkapital zweckentfremdet und private Verluste auf Nissan übertragen zu haben.

Er saß rund vier Monate in Haft, war aber im Frühjahr unter strikten Auflagen aus der Haft entlassen worden. Für das kommende Frühjahr war der Beginn seines Prozesses in Japan angesetzt. Doch der frühere Spitzenmanager setzte sich trotz eines Ausreiseverbots in den Libanon ab - offenbar mit einem Ersatzpass.

Die japanischen Behörden haben sich bisher noch nicht offiziell zu Ghosns Flucht geäußert. Bei Ghosns Anwälten war zunächst keine Stellungnahme erhältlich, ebenso nicht bei der französischen Botschaft in Tokio sowie bei der Staatsanwaltschaft in Tokio. Im Libanon soll Ghosn sich Insidern zufolge bereits mit Präsident Michael Aoun getroffen und sich für dessen Unterstützung bedankt haben.
Ghosns Verteidiger hatten mehrfach versucht, ihren Mandanten gegen Zahlung einer Kaution frei zu bekommen. Sie scheiterten zunächst damit, weil die Staatsanwaltschaft Fluchtgefahr sah. Ghosn hatte eine Fluchtabsicht bestritten und erklärt, er wolle sich vor Gericht verantworten, um seine Unschuld zu beweisen. Seine Anwälte argumentierten zudem, er sei viel zu bekannt, um unerkannt das Land verlassen zu können.

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