Aus der obsessiven Liebe Sörings zu Haysom war bald Hass geworden, wie die Journalistin Karin Steinberger in ihrem Dokumentarfilm „Das Versprechen“ nachzeichnete. Stets sagte Söring, der ab 1990 in einem Gefängnis in Virginia saß, er sei es nicht gewesen. Aber in seiner Verliebtheit habe er Haysom noch in der Mordnacht versprochen, den Doppelmord auf sich zu nehmen, weil er seine Geliebte vor dem elektrischen Stuhl retten wollte.
Nach Monaten auf der Flucht werden Söring und Haysom 1986 in London verhaftet. Doch Haysom hält sich nicht an ihre Abmachung: Die junge Frau gesteht zuerst, dann widerruft sie. Auch Jens Söring gesteht – wie versprochen. Dann wird er aber zu seiner Verblüffung von seiner Ex-Freundin Haysom als alleiniger Täter beschuldigt. Der Deutsche widerruft sein Geständnis, trotzdem wird er 1990 in Virginia wegen Doppelmordes zu zweimal lebenslänglich verurteilt. Elizabeth Haysom bekommt wegen Anstiftung zweimal 45 Jahre.
Schwierige Freiheit
Nach 33 Jahren und 30 Wochen wird Söring in diesen Tagen freikommen. Was macht das mit einem?
„Es gibt psychologische Studien, dass sich die Persönlichkeit spätestens nach 15 Jahren Haft total verändert. Menschen, die nicht verzweifeln wollen oder sich sogar umbringen, müssen sich aufs Haftleben einstellen“, sagt der Psychologe und Jurist Thomas Galli, der in Deutschland zwei Haftanstalten leitete, zum KURIER. Nachsatz: „Die Haftbedingungen sind in den USA deutlich repressiver und unmenschlicher als hier.“
Zu seinen Plänen für die Freiheit ist bekannt, dass Söring als Autor arbeiten will. „Das wird ein ganz schwieriger Übergang für ihn“, sagt Galli. „Aber sein Kampf hat ihm wohl ein Stück weit Sinn gegeben.“ Anders als bei anderen Entlassenen hält Galli für möglich, dass Söring seinen Lebensunterhalt selbst verdienen kann, etwa durch Bücher und Vorträge.
Söring erlebte in seiner Zelle auch Wut, Selbsthass und Hoffnungslosigkeit, in den vergangenen Jahren gab er sich aber kämpferisch. Im Gefängnis hat er sechs Bücher geschrieben, auch über den US-Strafvollzug.
Keine Begnadigung
Der Gouverneur von Virginia hat Söring nicht begnadigt. Seine nahende Freiheit verdankt er nur dem Bewährungsausschuss: Er sei ein vorbildlicher Gefangener gewesen und eine Entlassung würde den Steuerzahlern viel Geld sparen, hieß es in der Entscheidung. Söring wird nach Deutschland abgeschoben – in diesem Fall eine gute Nachricht.
Widersprüche
Auch Elizabeth Haysom kommt dieser Tage frei. Im Gerichtsprozess 1990 gab es viele Widersprüche und Ungereimtheiten, wie man heute weiß. Haysoms Rolle als mögliche Anstifterin ist bis heute unklar. Viel spricht für Sörings Unschuld. Gerichtsmediziner stellten 2016 fest, dass Blut von zwei bis heute unbekannten Männern am Tatort floss.
Da Söring und Haysom nun beide bald frei sein werden, könnten sie theoretisch Kontakt aufnehmen. „Selbst wenn die Frau für Söring nicht erreichbar ist, wäre es wichtig für seine Gesundung, dass er loslässt und nicht in Hass mit ihr verbunden bleibt“, sagt Galli.
Filmtipp: „Das Versprechen“ (2016) in voller Länge auf Youtube
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