Ruinerwold: Sektenvater soll Österreicher gefoltert haben

Ruinerwold: Sektenvater soll Österreicher gefoltert haben
Der Sektenvater van D. missbrauchte laut Ermittlungsakten seine Kinder. Zudem taucht neben Josef B. ein weiterer Österreicher in dem Fall auf, der offenbar gefoltert wurde.

Über neun Jahre hat dieses Martyrium gedauert: Sektenvater Gerrit Jan van D. (67) hielt sechs seiner neun Kinder gegen deren Willen auf einem Bauernhof im niederländischen Ruinerwold gefangen. Die Geschichte nimmt nun wieder Fahrt auf - und bekommt einen weiteren Österreich-Bezug: In den Ermittlungsakten, aus denen niederländische Medien zitieren, scheint nun auch ein zweiter Österreicher mit Vornamen Herrmann auf.

Der Mann war demnach ein Hilfsarbeiter von Josef B., also jenem Österreicher, der den Hof täglich besuchte und die Familie offenbar mit Essen und Gebrauchsgegenständen versorgte. Aus den Akten geht hervor, dass der zweite Österreicher, Hermann, monatelang auf dem Hof eingesperrt worden sei.

Strafe für Hermann

Die Bild-Zeitung zitiert aus den Akten einen Zeugen: "Hermann hing an einem Seil, aber das war nicht am Hals befestigt. Ich wagte kaum, hinzuschauen. Ich denke, er hing da länger als einen Tag." Hermann hatte sich offenbar versündigt, sollte bestraft werden, um "böse Geister" zu vertreiben. Hermann soll durch die Tortur verkrüppelt worden sein.

Hermann dürfte in den 80er-Jahren der Sekte von van D. beigetreten sein. Wie verquer das Weltbild des Gurus von Josef und Hermann tatsächlich war, geht nach und nach aus den Ermittlungsakten hervor. Van D. behauptete demnach, mit Geistern sprechen und Geister von einen Körper in einen anderen transferieren zu können. Laut Ermittlern hatte er für diesen Vorgang ein "Ritualschwert".

Das Terrorregime des "Urvaters"

Er hielt sich außerdem für einen "Urvater" - wohl vergleichbar mit der biblischen Rolle des Adam - und seine Ehefrau für eine "Urmutter". In dieser erhabenen Rolle verstand sich van D. als Medium mit übersinnlichen Fähigkeiten. Als die "Urmutter" 2004 starb, soll sich van D. auf die Suche nach einer neuen Eva gemacht haben. Die fand er in einem seiner Kinder, in dessen Körper er den Geist seiner Frau steckte. Das Kind musste ab diesem Moment bei ihm schlafen.

Unklar ist noch, was van D. schlussendlich dazu bewog, sein eigenes Paradies auf dem Hof in Ruinerwold zu errichten, das größtenteils der Österreicher Josef B. gezimmert haben dürfte. Fest dürfte stehen: Schon bevor van D. auf den Hof zog, dürfte er seine Kinder geschlagen und bestraft haben.

Wenig verwunderlich in dieser Geschichte ist somit folgendes Detail: Der Staatsanwalt wirft van D. vor, dass er zwei seiner drei älteren Kinder sexuell missbraucht habe - und zwar nach dem Krebstod seiner Frau. Die drei älteren Kinder flüchteten schließlich vor dem "Urvater" und retteten sich zu Verwandten.

Dokumentarfilm geplant

Die sechs jüngeren Kinder und Josef B. mussten van D. auf dem Bauernhof dienen und gehorchen. Obwohl Josef, der Österreicher nicht auf dem Bauernhof übernachtete, war er seinem Guru hörig. 

Die jüngeren Geschwister stehen offenbar noch immer unter dem Einfluss ihres Vaters und wollen nicht, dass er angeklagt wird. "Wir haben eine andere Erfahrung als unsere drei ältesten Brüder und Schwestern", sollen sie gemeint haben. 

Erst nach dem Herzinfarkt von van D. wagte es der 25-jährige Jan am 14. Oktober in einem Gasthaus des Ortes um Hilfe zu bitten. Inzwischen haben die vier ältesten Kinder, dazu gehört auch Jan, verkündet, dass sie mit einer niederländischen Dokumentarfilmerin zusammenarbeiten wollen, um ihre Erlebnisse zu verarbeiten.

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