Vorarlberger "Wirtschaftsbundaffäre": Teilbedingte Geldstrafen verhängt

Karlheinz Rüdisser vor Gericht
Zusammenfassung
- Karlheinz Rüdisser und drei andere sind in der Wirtschaftsbundaffäre wegen Untreue angeklagt, bestreiten aber die Vorwürfe.
- Weihnachtsessen wurden vom Wirtschaftsbund bezahlt, was laut Staatsanwaltschaft Rüdisser ungebührliche Vorteile verschafft haben soll.
- Rüdisser und seine Anwälte argumentieren, dass die Zahlungen rechtmäßig und als Dankeschön für Mitarbeiter gedacht waren.
Der ehemalige Vorarlberger Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (ÖVP) sowie drei weitere ehemalige Führungskräfte des Wirtschaftsbunds Vorarlberg haben sich am Dienstag am Landesgericht Feldkirch in der sogenannten "Wirtschaftsbundaffäre" als "nicht schuldig" bekannt.
Die Anwälte der Angeklagten wiesen insbesondere auf die Doppelfunktion von Rüdisser als Stellvertretender Wirtschaftsbund-Obmann und Landesrat hin.
Eine "Beeinflussung" habe es nicht gegeben, betonte Rüdisser.
Bezahlung von Weihnachtsessen hinterfragt
Der von der Staatsanwaltschaft vorgebrachte Sachverhalt wurde von niemandem bestritten: Hinterfragt wurde die Bezahlung von Weihnachtsessen mit jeweils 30 bis 35 Teilnehmern in den Jahren 2013, 2015, 2016, 2017 und 2018 sowie ein Essen anlässlich Rüdissers Ausscheiden aus der Politik im Jahr 2019 im Gesamtwert von 12.980 Euro.
Veranstaltet wurden die Weihnachtsessen von Rüdisser, beglichen wurden die Rechnungen jeweils vom Wirtschaftsbund. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Rüdisser dadurch einen ungebührlichen Vorteil erhalten. Die Staatsanwaltschaft geht weiter davon aus, Rüdisser habe "sich dadurch in seiner Tätigkeit als Amtsträger beeinflussen" lassen. Zu Beginn der Verhandlung am Dienstag war von "Anfütterung die Rede".
Rüdisser schilderte, dass die Weihnachtsessen für die Mitarbeiter im Amt der Vorarlberger Landesregierung von seinem Vorgänger Manfred Rein 1994 eingeführt worden seien.
Von allem Anfang an wurden die Weihnachtsfeiern vom Wirtschaftsbund bezahlt, Rein habe die Fortführung der Tradition der Weihnachtsessen ausdrücklich empfohlen, so Rüdisser. "Wenn mir der Wirtschaftsbund-Obmann die Finanzierung zusichert, muss ich davon ausgehen, dass das rechtmäßig ist", sagte Rüdisser.
Dank an Mitarbeiter
Keiner der Mitangeklagten habe jemals eine Entscheidung von ihm verlangt oder ihn dazu genötigt. "Ich habe niemals in ein Vergabeverfahren eingegriffen", unterstrich der ehemalige Wirtschaftslandesrat. Die Weihnachtsfeiern seien ein Dankeschön an die Mitarbeitenden gewesen. Diese hätten über das Jahr hinweg geholfen, Probleme von Unternehmen zu lösen, die Bezahlung sei durch die Statuten des Wirtschaftsbunds gedeckt, die unter anderem die Kontaktpflege vorsehen.
Die Anwälte der Angeklagten wiesen darauf hin, dass der stellvertretende Wirtschaftsbund-Obmann Rüdisser natürlich die Interessen des Wirtschaftsbunds vertreten habe, alles andere wäre "lebensfremd" gewesen.
Amtsträger "per se von Partei abhängig"
Ein Amtsträger sei per se von seiner Partei abhängig, "da braucht es keine Bezahlung". Der Straftatbestand der Untreue könne deshalb nicht gegeben sein, weil dafür jemand wissentlich seine Befugnis übertreten müsse - das sei in keiner Weise geschehen.
Die Staatsanwaltschaft sah das anders. Die Bezahlung durch den Wirtschaftsbund sei "geheim" erfolgt, ein Sponsoring ohne Gegenleistung sei ein Paradebeispiel für "Anfütterung".
Rüdisser sagte dazu, dass er die Weihnachtsfeiern nicht habe "politisch instrumentalisieren" wollen, deshalb habe man nicht auf die Bezahlung durch den Wirtschaftsbund hingewiesen. Die Staatsanwaltschaft wies außerdem darauf hin, dass solche Feiern nur für Rüdisser, aber nicht andere Funktionäre des Wirtschaftsbunds bezahlt worden seien.
Das begründete Rüdisser mit seiner spezifischen Tätigkeit und den vielfältigen Abklärungen seiner Mitarbeitenden auf Ebene der Landesverwaltung. "Ein anderer Funktionär hatte diese Aufgabe nicht", so der ehemalige Landesstatthalter.
Das Urteil fiel früher als erwartet
Der Prozess war bis 18 Uhr anberaumt, doch bereits Dienstagmittag fiel das nicht rechtskräftige Urteil: Rüdisser wurde zu 27.500 Euro Geldstrafe verurteilt, die Hälfte davon wurde bedingt nachgesehen. Die übrigen drei Angeklagten erhielten Geldstrafen von 10.000, 13.500 sowie 15.000 Euro, die ebenfalls alle zur Hälfte bedingt ausgesprochen wurden.
Anschließend erhielt der Wirtschaftsbund eine bedingte Verbandsgeldbuße von 4.500 Euro.
Alle Angeklagten sowie der Wirtschaftsbund meldeten Berufung an.
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